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Zivilgesellschaft in Ungarn
Lehrstuhl für internationale und europäische Politik, Verwaltungswissenschaft
Vier Nichtregierungsorganisationen stellten sich zum Schwerpunktthema der Entwicklung der ungarischen Zivilgesellschaft vor.

Die Veranstaltung am 14. Oktober 2016 bildete einen Teil der „Donauakademie“ der Studienstiftung des deutschen Volkes. 100 Stipendiaten (Master- und Promotionsstudierende unterschiedlicher Fachrichtungen) und 10 ProfessorInnen fuhren mit dem Schiff von Passau bis nach Belgrad und zurück und machten dabei Station in Bratislava, Wien, Budapest und Belgrad. In Arbeitsgruppen wurden Themen wie Transformation, EU-Integration, Migration, Städtebau und Ökologie behandelt.

In Budapest war das Schwerpunktthema die Entwicklung der ungarischen Zivilgesellschaft. An der Andrássy Universität Budapest wurden den Stipendiatinnen und Stipendiaten vier ungarische Nichtregierungsorganisationen von je einem Vertreter bekanntgemacht: Die Hungarian Civil Liberties Union engagiert sich für Bürgerrechte in Ungarn, Transparency International setzt sich kritisch mit der Entwicklung der Korruption auseinander, die Artemisszió-Stiftung unterstützt Flüchtlinge in Ungarn und die Menhely-Stiftung engagiert sich für Obdachlose in Budapest.

Die Hungarian Civil Liberties Union wurde von Dalma Dojcsák vorgestellt, einer Juristin, die hier für den Bereich der Rede- und Pressefreiheit in der Organisation verantwortlich ist. Die Watchdog-NGO sei 1994 in der Zeit der politischen Transformation gegründet worden. Ihre Einsatzgebiete hätten sich seit damals stetig von Behindertenrechten über gesellschaftliche Diskrimination jeglicher Art bis hin zum Schutz der politischen Grundfreiheiten und Rechte erweitert. Heute befasse sich die Organisation schwerpunktmäßig mit dem Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten, inklusive dem Schutz von Flüchtlingen. Strategisch passiere dies durch die sogenannte „advocacy”, das heißt Stellungnahmen zu Gesetzesentwürfen verbunden mit öffentlicher Kommunikation, vor allem wenn es um Bürgerrechte geht, und durch die „strategic litigation”, welche PR-Arbeit über aktuelle Gerichtsprozesse und der Organisation von Sammelklagen vor ungarischen Gerichten, aber auch dem EGMR, umfasse. Auf reges Interesse hin gab Dojcsák auch einen Einblick in hochaktuelle Themen der Protestkultur in Ungarn.

Transparency International Hungary wurde von Miklós Ligeti vertreten. Deren Hauptziele seien es, Korruption aufzudecken und dazu beizutragen, diese zu reduzieren, Transparenz und Zurechenbarkeit in Entscheidungsprozessen der öffentlichen Sphäre und in der Distribution öffentlicher Gelder zu fördern, sowie die Zugänglichkeit zu Informationen zu verbessern, welche für die Öffentlichkeit von Relevanz seien. Ligeti gab einen Überblick über die Problematiken der Gesetzgebung und der Kontrollmöglichkeiten durch den Verfassungsgerichtshof. In der Diskussionsrunde kam die Frage nach den Möglichkeiten und Methoden der Bekämpfung systemischer Korruption auf. Neben der korrekten Umsetzung von internationalen Verträgen wurde auch die Wichtigkeit der Schaffung von öffentlichem Bewusstsein über vorhandene Korruption betont. Hierzu gebe die Organisation in ihrem „Education Program“ Vorträge an Universitäten und Schule zum Thema.

Teréz Pataki stellte die Artemisszió-Stiftung vor. 1998 von jungen Anthropologen gegründet, fokussiere sich diese auf Interkulturalität, den Dialog und habe sich dem Kampf gegen Ungerechtigkeit und Diskriminierung in der ungarischen Gesellschaft verschrieben. Konkret bedeute das zum Beispiel die Organisation von Austausch und Praktika, aber auch soziale Integration von Minderheiten, sozial Benachteiligten und Migranten. Gerade in heutiger Zeit sei diese Integration in zwei Richtungen – für Flüchtlinge und Migranten in die Gesellschaft sowie das Vertrautmachen der lokalen Bevölkerung mit den neuen Nachbarn – besonders wichtig.

Elisabeth Katalin Grabow engagiert sich unter anderem in der Menhely-Stiftung. Diese widme sich seit 1989 den Obdachlosen in Ungarn, etwa indem sie Unterkünfte bereitstelle. Die Studierenden der AUB, wie auch die StipendiatInnen der Studienstiftung des Deutschen Volkes nutzten hier die Gelegenheit, der Vortragenden zahlreiche Fragen zu diesem höchstaktuellen Thema zu stellen, welche mit Rückbezug auf die Praxis und gleichzeitig wissenschaftlich kompetent beantwortet wurden. Das Interesse der Gruppe drehte sich vor allem um die Lebenssituation der Betroffenen, den Umgang durch den ungarischen Staat, die Hilfsprogramme und das Bild der ungarischen Gesamtbevölkerung.

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