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Politischer Diskurs über die Migrantenkrise in den Staaten der EU und dem Westbalkan
Interuniversitäres Netzwerk Politische Kommunikation (netPOL)
Im Rahmen der Konferenz „Political Discourse on the Migrant Crisis in the EU and Western Balkan States“ am 7. September 2016 wurden die Auswirkungen der „Flüchtlingskrise“ auf den politischen Diskurs in der EU und den Ländern der Balkanroute analysiert.

Darüber hinaus berichteten NGOs aus den Westbalkanländern und Ungarn über ihre Erfahrungen mit der steigenden Zahl von Flüchtlingen und Asylwerbern und die damit verbundenen Herausforderungen. Unterstützt wurde die Konferenz von der ERSTE Foundation und dem Österreichischen Kulturforum Budapest.

Das erste Konferenzpanel konzentrierte sich auf die Perspektive der Länder, die auf der Migrationsroute liegen, u. a. mit Fallstudien zu Montenegro, Mazedonien, Kroatien und Ungarn. Nenad Koprivica (CEDEM-Centre for Democracy and Human Rights) erläuterte, dass Montenegro noch nicht direkt von der „Migrantenkrise“ betroffen sei. Um die Herausforderungen bewältigen zu können, sei jedoch ein regionaler Ansatz erforderlich, da die aktuelle Flüchtlingsfrage Auswirkungen auf die gesamte Westbalkanregion und somit auf den EU-Erweiterungsprozess hätten. Lura Pollozhani (Universität Graz) stellte daneben die wichtigsten Ergebnisse ihrer Studie zum Flüchtlingsdiskurs in Mazedonien vor und kam dabei zu dem Schluss, dass die mazedonischen Medien polarisiert seien und es keine reflektierten Berichte über die Flüchtlingskrise gebe. Drago Župarić-Iljić (Institute for Migration and Ethnic Studies, Zagreb) stellte die Veränderungen des politischen Diskurses in Bezug auf die Migrantensituation in Kroatien dar. Auf der Grundlage seiner Forschungsergebnisse, die den humanitären Diskurs in Kroatien im Sommer 2015 analysierten, präsentierte er ein komplexes Bild des Staates als Akteur in der Migrationskrise. Enre Sík (ELTE Universität / Tárki / Ungarische Akademie der Wissenschaften) analysierte die Auswirkungen des staatlich dominierten Diskurses über das Flüchtlingsproblem in Ungarn und verglich das Niveau von Fremdenfeindlichkeit und Fremdenfreundlichkeit vor und während der Anti-Einwanderungskampagne der Regierung. Dabei stellte er fest, dass das Niveau von Xenophobie im April 2015 stark anstiegen sei, zwischen Juli und Oktober dagegen wieder gesunken sei, jedoch im Januar 2016 auf ein Höchstniveau anstiegen sei.

Das zweite Panel konzentrierte sich auf den politischen Diskurs und die Entwicklungen in den Zielländern der Flüchtlinge, insb. in Österreich, Schweden, Deutschland und Großbritannien. Laut Oliver Gruber (Universität Wien) sei die Flüchtlingskrise eine Krise der Politik und diese sei z. B. in Österreich durch den politischen Stillstand der Koalitionsregierung, dem Kompetenzstreit zwischen Staat und Bundesländern sowie einer Krise der zwischenmenschlichen Solidarität verstärkt worden. Er folgerte, dass es sich auch im österreichischen Fall um keine Flüchtlingskrise handele, sondern um eine Krise der Flüchtlingspolitik, des Föderalismus und der Solidarität. Gregg Bucken-Knapp (Universität Göteborg, Schweden) präsentierte in seinem Vortrag die Dynamik der schwedischen Reaktionen auf die Migrationskrise und die Änderungen in der schwedischen Migrationspolitik von 2014 bis 2016. Der Diskurs in Schweden sei geprägt durch Fragen der Solidarität und der begrenzten Ressourcen, so Bucken-Knapp. Das deutsche Fallbeispiel wurde von Birte Fähnrich (Zeppelin Universität) präsentiert. Der Vortrag begann mit einem historischen Überblick über die Einwanderungswellen, den Hintergrund der derzeitigen Migrationskrise in Deutschland und die rechtlichen Rahmenbedingungen. Fähnrich stellte ebenfalls eine Studie über den Flüchtlingsdiskurs in deutschen Talkshows vor. Umut Korkut (Glasgow Caledonian University) setzt die Frage der Flüchtlingskrise in Großbritannien in den Kontext des Brexit-Referendums: Hier sei erkennbar, dass Nicht-Experten den Diskurs angeführt hätten und die Regierung nicht in der Lage gewesen sei, die Deutungshoheit zu gewinnen.

Die Vortragenden des dritten Konferenzpanels kamen von zivilgesellschaftlichen Organisationen, die mit und für Flüchtlinge in Ungarn, Serbien und Mazedonien arbeiten. Migszol (Migrant Solidarity Group of Hungary) wurde von zwei Mitgliedern vorgestellt, die hervorhoben, dass Migszol keine offizielle NGO sei, sondern eine Solidaritätsgruppe. Migszol erhalte somit keine finanzielle Unterstützung von Regierungen oder anderen Organisationen. Migration Aid, vorgestellt von Rozi Gombas, sei eine der ersten Organisation gewesen, die sich im Sommer 2015 für Flüchtlinge in Ungarn engagiert hätten. Die Organisation wurde im September 2015 gegründet, als die Lage am Keleti-Bahnhof sich zugespitzt hätte. Migration Aid hätte damals quasi die Aufgaben des ungarischen Staats übernommen, da die Regierung aufgrund ihrer Anti-Flüchtlingspolitik untätig geblieben sei und hätte so Tausenden von Flüchtlingen geholfen. Aleksandra Davidovska (NGO Legis, Mazedonien) präsentierte die 2009 gegründete mazedonische NGO Legis, die seit Zunahme von Flüchtlingen in Mazedonien vor allem in der Versorgung der Flüchtlinge, der Rechtsberatung und der inoffiziellen Verwaltung der Flüchtlingslager sowie bei der grenzüberschreitenden Koordination von Hilfeleistungen unterstützt. Ivan Lalic, Leiter der serbischen NGO Refugee Aid Miksaliste mit Sitz in Belgrad, stellte die Arbeit seiner NGO vor und wies auf die Untätigkeit des serbischen Staates bei der Versorgung der Flüchtlinge hin.

Das letzte Panel erörterte Kooperationsmöglichkeiten zwischen akademische Institutionen und zivilgesellschaftlichen Organisationen. Insbesondere die Aus- und Weiterbildung von Flüchtlingsberater und freiwilligen Helfern sowie von Personen, die im öffentlichen Dienst tätig seien, sei ein Anliegen, auf das Bildungsinstitutionen neuen Ausbildungsangebote reagiert hätten. Vorgestellt wurden u. a. das Department für Migration und Globalisierung an der Donau-Universität Krems (Österreich) von Anna Faustmann, welches einen Kurs für Migration und Integration Management anbiete, sowie das Projekt CEU helps (Central European University), welches von der CEU-Studentin Constanze Jeitler als Reaktion auf die Flüchtlingskrise im Sommer 2015 in Budapest gegründet worden sei. Melani Barlai (NetPOL / Andrássy Universität Budapest) stellte die neue Version des Vokskabin-Projekts vor, eine Online-Wahlhilfe, die subjektive Positionen mit denen ungarischer Parteien vergleicht. Der Online-Fragebogen wurde von einer Gruppe von Studierenden im Rahmen der diesjährigen Sommerschulen an der Andrássy Universität Budapest ausgearbeitet. Diana Szántó von der Artemisszió-Stiftung gab abschließend einen Überblick über die Entstehung ihrer Organisation, die in den 1990er Jahren gegründet wurde und in Ungarn Projekte zu interkulturellen Fragen durchführe, wobei sie ein Bewusstsein für verschiedene Kulturen in Ungarn schaffen und ein positives Bild anderer Kulturen vermitteln wollen.

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