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Interdisziplinäres Doktorandenkolloquium „im Ausnahmezustand” - eine virtuelle Reise
Doktorschule

Auch wenn alle viel lieber nach Bozen gereist wären, war das infolge der Corona-Pandemie online durchgeführte Interdisziplinäre Doktorandenkolloquium (IDK) im Ausnahmezustand dennoch ein Ausflug in geistig anregende Gefilde. Das 9. im Rahmen der Kooperation der AUB mit der Autonomie Trentino-Südtirol durchgeführte  IDK unterteilte sich in vier Halbtages-Blöcke, die allesamt sehr gut vorbereitet und organisiert waren. 

Wir begannen mit der Vorstellung von neun Promotionsprojekten, wobei sich die regelmäßige Zusammenkunft der Kolleginnen und Kollegen zur Präsentation des jeweiligen Forschungsfortschrittes auch dieses Mal als gut investierte Zeit erwies. Es spornt die Doktorandinnen und Doktoranden an, die Forschung immer wieder erneut zur Diskussion zu stellen und dabei darauf zu achten, die durchwegs wohlgemeinten kritischen Bemerkungen aufzunehmen. Wenn die Themenvielfalt auch mitunter eine Überforderung für konstruktive Kritik von allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern sein kann, so bietet sich doch die Möglichkeit, spannende Einblicke in fremde Themenbereiche zu gewinnen. In kleineren Gruppen gelingt ein fachlich fokussierter Austausch sicherlich am besten. Dennoch empfanden die Doktorandinnen und Doktoranden diesen Teil des Kolloquiums als fruchtbar, insbesondere da die Leitung durch Prof. Dr. Ellen Bos (AUB), Prof. Dr. Paul Videsott (Freie Universität Bozen), Dr. Gerhard Parschalk (Freie Universität Bozen) und Dr. Georg Grote (EURAC Bozen) mit gezielten Fragen zur Weiterarbeit an den Projekten motivierte. 

Nach Abschluss des ersten Teils des Tages, der Einführung und der Vorstellung der Dissertationsprojekte, tauschten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer ihre Erfahrungen mit Forschung und Lehre während der Corona-Krise aus. Das Ziel war es, möglichst Best-Practices herauszuarbeiten.

Die Erfahrungen waren recht unterschiedlich, zum Teil wurde einiges Positives z.B. über den Umstieg der AUB ins Online-Studium beschrieben, welcher relativ reibungslos ablief. Man konnte effizient von zuhause aus arbeiten, was besonders für Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus dem Ausland vorteilhaft war. Hingegen waren Historikerinnen und Historiker mitunter negativ betroffen, weil diese viel Präsenzzeit in der Bibliothek sowie im Archiv benötigten. Zum Teil sind Forschungen zum Stillstand gekommen, Ähnliches berichteten Vollzeitarbeitende, die während der Corona-Krise große Belastungen zu tragen hatten. Ein Punkt, der besonders zur Sprache kam, war das Fehlen sozialer Kontakte für den formellen, aber ebenso wichtigem spontanen informellen Austausch. Mögliche Best-Practice ist der Wille zur Kreativität und die Bereitschaft, aus bekannten Komfortzonen herherauszutreten, denn das sind Elemente, die Online-Workshops, Seminare, Vorlesungen, Publikationen und vieles mehr ermöglichen. Alle haben das gleiche Ziel: Wissenschaft darf nicht zum Stillstand kommen.

Besonders positiv ist den Dissertantinnen und Dissertanten der Soft-Skill Workshop unter der Leitung von Dr. Georg Grote aufgefallen, bei dem es um das Verfassen von Essays und schriftlichen Arbeiten ging. In der Vormittagseinheit sollten Essays zu den Dissertationsprojekten formuliert werden, die auf drei verschiedene Bereiche, für die sich die Doktorandinnen und Doktoranden nach Abschluss der Dissertation potenziell bewerben können, zugeschnitten werden sollten. Das erforderte Kreativität und strukturiertes Denken – eine Kombination von Fähigkeiten, die für jede Wissenschaftlerin und jeden Wissenschaftler essentiell ist. Teilnehmerinnen und Teilnehmer erstellten einen Entwurf für einen Forschungsförderantrag, schrieben eine kurze Bewerbung für eine wissenschaftliche bzw. populärwissenschaftliche Publikation und skizzierten einen Antrag für ein öffentlichkeitswirksames Projekt, wie eine Ausstellung oder alternativ auch andere Kunstformen. Der Blick auf das eigene Forschungsprojekt aus anderen Disziplinen als der eigenen und die Vermarktung der individuellen Expertise für ein jeweils sehr unterschiedlich geartetes Zielpublikum war eine intellektuell stimulierende und vor allem brauchbare Übung für die Planungs- und Schreibphase, vor allem aber für die Zeit nach Abschluss der Dissertation. Leider waren die 2,5 Stunden fast ein wenig zu kurz, um die Vorhaben ausführlicher diskutieren zu können. Es wäre sicherlich ein Gewinn, eine Veranstaltung dieses Formats mit einem größeren zeitlichen Spielraum anzubieten. 

Das anschließende, zweite Soft-Skill Seminar mit Autor Martin Angler, der sich mit dem Gebiet "Science Journalism" beschäftigt, brachte Studierende schnell aus ihren Komfortzonen des Tages. Erste Aufgabe war es, die eigene wissenschaftliche Karriere in Form einer spannenden Geschichte zu erzählen, ähnlich wie in einem Hollywoodfilm, in welchem man auf Motivationen und Hindernisse zu sprechen kommen sollte. Die Aufgabe galt als Einleitung, um sein Konzept vorzustellen, welches darauf beruht, dass Menschen sich generell eher von Emotionen leiten lassen, statt von trockenen Fakten. Das Konzept dahinter beruht auf einer kritischen Konfrontation mit Wissenschaft, frei nach dem Motto – was bringe das am besten geschriebene Buch, wenn es denn niemand lese. Martin Angler begründete dies mit aktuellen Beispielen aus der Medien- und Poltikwelt. Es folgten Übungen dazu, wie man Texte spannender, mit weniger Fachbegriffen und leichter verständlich schreiben kann. 

Ein persönliches Aufeinandertreffen – das Zwischenmenschliche – lässt sich virtuell natürlich nicht ersetzen. Dennoch waren die zwei Tage des IDK-Kolloquiums im Videokonferenzformat ein gelungenes Experiment alternativer Formen des fachlichen Austausches und der kollegialen Zusammenarbeit.

 

Anneliese Rieger, Rafal Fabianowicz

 

 

 

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