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Digital Divide in the Danube Region
Konferenz "Central and Eastern European eDemocracy and eGovernment Days 2017"

Hört man den Begriff „Digital Divide“, denkt man zumeist an einen „Divide“ zwischen „Alt“ und „Jung“, zwischen „Arm“ und „Reich“, zwischen Menschen mit niedrigeren und Menschen mit höheren Bildungsabschlüssen und, in geografischer Hinsicht, zwischen Ost- bzw. Südeuropa und Westeuropa. Oft wird davon ausgegangen, dass die im jeweiligen Gegensatzpaar erstgenannte Gruppe das Internet und digitale Dienste weniger nutze, während die Letztgenannten als regelmäßige und aktive Nutzer gelten. Werden jedoch konkrete Praxisbeispiele wie die Verwendung elektronischer Bezahlwege zur Abrechnung von Verwaltungsdienstleistungen betrachtet, kommen für den Donauraum Zweifel hinsichtlich der genannten „Divides“ auf: Deutsche Behörden akzeptieren keine „e-Invoices“, in Österreich sind diese dahingegen verpflichtend und in Moldawien werden sie akzeptiert. Kostenloses W-Lan ist in Zügen der ungarischen und mazedonischen Bahn seit längerem verfügbar – in Deutschland wurde es erst kürzlich eingeführt. Vor diesem Hintergrund befasste sich die diesjährige Ausgabe der „Central and Eastern European eGovernment and eDemocracy Days“ mit der Leitfrage, inwiefern das Konzept des „Digital Divide“ (noch) fruchtbar ist, um die Unterschiede in der Verfügbarkeit und Nutzung von „e“-Services im Donauraum zu erklären.

Ein weiterer Schwerpunkte der Tagung lag auf dem aktuellen Phänomen der „Hate Speech“ im Internet und auf Strategien zu dessen Bewältigung. Über die beiden Leitthemen hinausgehend bot die Tagung eine allgemeine Plattform, auf der sich Vertreter aus der Wissenschaft und aus der politisch-administrativen Praxis allgemein zu Themen des eGovernment und der eDemocracy austauschen konnten. Über 130 Teilnehmerinnen und Teilnehmer nahmen diese Möglichkeit wahr und fanden am 04. und 05. Mai den Weg an die beiden Tagungsorte Andrássy Universität Budapest (AUB) und Nationale Universität für den Öffentlichen Dienst (NKE), um in insgesamt 21 Sektionen und Workshops und einer abendlichen Podiumsdiskussion in den Austausch zu treten.

Eröffnet wurde die Tagung durch Keynote-Reden von Wolfgang Gerstl, Abgeordneter zum Nationalrat Österreichs, und Dušan Stojanović, Direktor für eGovernment im Ministerium für Öffentliche Verwaltung und lokales Self-Government der Republik Serbien, die in ihren Vorträgen die Situation und Relevanz des Digital Divide in ihren jeweiligen Herkunftsländern beleuchteten. Im Anschluss daran fanden Sektionen zu „eGovernment and Society“, „Digital Divide“, „eDemocracy“, „Privacy and Data Protection“, „Transparency“ und „Open Data“ statt. Nachmittags wurden zwei Workshop-Sitzungen zum Thema „Hate Speech“ abgehalten. Seinen Abschluss fand der erste Tagungstag in einer Podiumsdiskussion unter dem Titel „The New Digital Divide: Is Digital Divide About Technology or Civic Skills?“, die an der AUB unter der Moderation von Jani Makraduli (ehem. Parlamentspräsident der Republik Mazedonien) abgehalten wurde.

In der Diskussion behandelten vier Experten aus Wissenschaft und Praxis die im Titel der Veranstaltung aufgeworfene Frage, ob das Konzept des „Digital Divide“ eine primär technisch-infrastrukturelle Angelegenheit oder eher eine Angelegenheit bürgerlich-demokratischer Bildung ist. Dr. Ronald Bieber, ‎Generalsekretär der Österreichischen Computer Gesellschaft, betonte in seinem Eröffnungsstatement die Wichtigkeit digitaler „skills“ und führte aus, dass diese aus den drei Komponenten „computational thinking, media competence and digital literacy“ bestünden. Auch wenn die Meinung verbreitet sei, „digital natives“ würden diese Fertigkeiten mit der „Muttermilch“ aufsaugen, zeigten wissenschaftliche Studien, so Bieber, dass diese Wahrnehmung falsch sei. Spezielle Schulungen und (Fort-)Bildung sei auch bei der jüngeren Generation erforderlich, um ein Digital Divide zu vermeiden. Dona Scola (Mitglied des United Nations Committee of Experts on Public Administration) stimmte dieser Einschätzung grundsätzlich zu und hinterfragte zugleich die Natur dieses Divide. Ihrer Ansicht nach liegt das aktuell relevanteste Divide nicht im Bereich des Digitalen, sondern ganz allgemein in der politischen Polarisierung der Gesellschaft, deren Symptome sich in der digitalen Sphäre in Phänomenen wie „Hate Speech“ zeigten. Auch bei Fragen des Digital Divide gehe es aktuell, so Scola, weniger um die Beziehung „Mensch – Technik“, als um die Beziehung „Mensch – Mensch“. Martin Übelhör (Europäische Kommission, ehemaliges Mitglied des Kabinetts des EU Kommissars für Digitale Wirtschaft und Gesellschaft) nannte „Vertrauen“ und „Werte“ als in diesem Zusammenhang besonders relevant. Einerseits müssten vorhandene demokratische Werte und Gesetze auf die neue Technologie angewendet werden, andererseits fordere die neue Technologie bestehende Werte und Gesetze zur Veränderung heraus. Wir befinden uns in einer „sehr interessanten Zeit“, so Übelhör. Dušan Stojanović pflichtete Scola bei und betonte, dass zur Bewältigung des Digital Divide weniger technische Lösungen oder eine technische Ausbildung erforderlich seien, als vielmehr eine allgemeine „digital literacy“ und Medienkompetenz, die dazu befähigten, „fake news“ von seriösen Quellen zu unterscheiden und einen angemessenen demokratischen Diskurs im Internet zu führen. Auf dem Podium herrschte somit große Einigkeit darüber, dass für die Bewältigung des aktuellen Digital Divide weniger technisch-infrastrukturelle Maßnahmen erforderlich seien, sondern die Bildung der Bürgerinnen und Bürger und die Vermittlung von  demokratischen Werten.

Am zweiten Tagungstag wurden die Diskussion und der Austausch u.a. in Panels zu „Information Security“, „Identity Management“ und in einem Workshop zu „Mobile Government“ fortgesetzt. Weiterhin fanden gemeinsame „Student Workshops“ der AUB, der NKE und der Hochschule für Öffentliche Verwaltung und Finanzen Ludwigsburg statt, in denen Studierende dieser Hochschulen Ergebnisse eigener Forschungsprojekte vorstellen und erstmals internationale Tagungsluft „schnuppern“ konnten. In der die Tagung abschließenden Sektion wurden drei Best Paper Awards vergeben. Helin A. Gessler gewann für ihren Beitrag „Securitizing the Internet: The Case of Turkey“ den Preis für das beste theoretische Paper, Nicolae Urs für „E-government Services in Romanian Cities: A Look from the Inside“ den Preis für das beste empirische Paper und Paiman Ahmad für „Corruption in the Extractive Industry Sector - Reinventing Trusted Governance ‚Iraqi Case‘” den Publikumspreis.

Organisiert wurden die Central and Eastern European eDemocracy and eGovernment Days von der Hochschule für Öffentliche Verwaltung und Finanzen Ludwigsburg, dem Information Society Development Institute Chisinau, der Nationalen Universität für den Öffentlichen Dienst Budapest, der Österreichischen Computergesellschaft, dem Österreichischen Institut für Europäische Rechtspolitik sowie der Andrássy Universität Budapest. Kooperationspartnern der Konferenz waren die Baden-Württemberg Stiftung, die Konrad-Adenauer-Stiftung (Büro Budapest) sowie das Österreichische Kulturforum Budapest. Die Kooperation soll auch 2018 fortgesetzt werden – für den 03. und 04. Mai 2018 sind die nächsten CEE eGov & eDem Days angesetzt, die „Smart Cities“ zum Thema haben werden.

Text: Tim Kraski

Fotos: Dénes Szilágyi/NKE

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