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Bilaterale Beziehungen und Europa im Fokus: Die deutsche Botschafterin in Ungarn zu Besuch an der AUB
Lehrstuhl für Diplomatie II
Ringvorlesung DiplomatInnen im Gespräch – I. E. Botschafterin Julia Gross

Neue Ringvorlesung der Zentren für Demokratieforschung und Diplomatie zu großen und kleinen Herausforderungen für DiplomatInnen in Budapest – Ein Gespräch über deutsch-ungarische Beziehungen, Karrieren im Auswärtigen Amt und darüber, was Katzen uns lehren können.

 Das Jahr 1989 war für die europäische- und besonders für die deutsche und ungarische Geschichte ein Meilenstein: Wenige Monate vor dem Fall der Berliner Mauer öffnete Ungarn den Eisernen Vorhang und ermöglichte vielen DDR-BürgerInnen die Flucht in den Westen. Heute sind Deutschland und Ungarn in der EU und der NATO miteinander verbunden. Deutschland ist Ungarns wichtigster Handelspartner. Und beide Länder sind Gründungspartner der Andrássy Universität Budapest.

Das Interesse war dementsprechend groß, als am Abend des 19. Februar 2025 I.E. die deutsche Botschafterin in Ungarn, Frau Julia Gross, die AUB besuchte. Das Gespräch mit Botschafter Dr. Robert Klinke, der als Inhaber des Lehrstuhls Diplomatie II durch den Abend führte, ermöglichte einen vertieften Austausch über zentrale außen- und sicherheitspolitische Fragestellungen, kombiniert mit spannenden Einblicken in die Laufbahn und Tätigkeit der Diplomatin.

Gross, die sich 1993 für die höhere Laufbahn im Auswärtigen Amt entschied, weist eine herausragende Karriere im Dienst der Bundesrepublik Deutschland auf. Geprägt haben sie u.a. ihre Erfahrungen in verantwortlicher Position an der Ständigen Vertretung Deutschlands bei den Vereinten Nationen in New York, als Gesandtin der Deutschen Botschaft in London während des Brexits und der Coronapandemie sowie als Leiterin des Personalreferats in der Zentrale des Auswärtigen Amts. Besonders bewegt hat sie auch das Verbundenheitsgefühl und der Enthusiasmus bei den Feierlichkeiten auf dem Berliner Gendarmenmarkt anlässlich des EU-Beitritts Ungarns und neun weiterer Staaten im Jahr 2004.

21 Jahre später blickt sie nicht ohne Sorge auf den Kontinent: Geopolitisch sieht sich die EU mit neuen Realitäten konfrontiert, zugleich ist sie im Inneren uneins. Dabei könnte die aktuelle Weltlage ein Weckruf sein, wie er die Union schon so oft zusammengeführt hat. Eine besondere Rolle spielt hierbei die Positionierung Ungarns: Die Bevölkerung nimmt durchaus vielfältige und kritische Perspektiven ein, etwa gegenüber Russland. Zudem haben die ungarische und deutsche Wirtschaft aufgrund ihrer starken Vernetzung ähnliche Interessen, die es angesichts eines in der Zukunft nicht auszuschließenden Handelskonflikts zwischen der EU und den USA unter Donald Trump gemeinsam zu vertreten gilt.
Deutlich wurde in dem Gespräch auch, dass sich Gross im Einklang mit deutscher Außen- und Europapolitik bei ihrer Arbeit nicht nur von Interessen, sondern maßgeblich auch von Werten wie Demokratie und Rechtsstaatlichkeit leiten lässt, erkennbar etwa an ihrer vielbeachteten Rede zum Tag der Deutschen Einheit 2024.

Dem Einwand, die deutsche Außenpolitik sei „naiv“, entgegnete sie entschieden, dass Werte und Interessen nicht voneinander zu trennen seien: Die Förderung der Demokratie in den europäischen Staaten etwa sei Voraussetzung für einen funktionierenden Binnenmarkt und damit zentral auch für wirtschaftliche Interessen der EU und Deutschlands. Feministische Außenpolitik erlange ihren Mehrwert aus ihrer gesamtheitlichen Betrachtung. Vielmehr sei es sinnvoll, zentrale Funktionen in Politik und Wirtschaft auch mit Frauen und VertreterInnen marginalisierter Gruppen zu besetzen: Entscheidungen in vielfältig besetzten Gremien repräsentierten eine demokratische Gesellschaft besser und seien damit als Grundlage politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Handels belastbarer. Dies bedeute keinesfalls, dass Frauen etwa die besseren DiplomatInnen seien. Erfolgreiche BewerberInnen im Auswärtigen Amt zeichneten sich vielmehr dadurch aus, dass sie die Fähigkeit des Zuhörens besäßen, flexibel seien und Spaß daran hätten, mit Unerwartetem umzugehen.

Persönlich, so die dreifache Katzenbesitzerin mit einem Augenzwickern, könne man dabei noch manches von den Samtpfoten lernen: nämlich mehr Eigenständigkeit wagen, weniger auf die Meinung anderer achten und erkennen, dass auch Auszeiten zum Alltag gehören.
Bei einem Glas Wein und weiteren persönlichen Gesprächen der Diplomatin im Kreise zahlreicher StudentInnen der AUB endete der Abend, nicht aber das Format der neuen Ringvorlesung. Eine Fortsetzung ist schon in wenigen Wochen geplant.

 Joel KELLER

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