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Auftakt der Ringvorlesungsreihe “Kunst der Diplomatie” mit dem Schweizer Diplomaten und Botschafter Jean-François Paroz
Der Balanceakt zwischen Diplomatie und Humanität: Carl Lutz und andere wagten ihn und retteten so mehreren Tausenden Juden das Leben. Basierend auf dieser Geschichte sprach S. E. Paroz über die Bedeutung von Diplomatie und Humanität in der heutigen Zeit.

Am 06.04.2022 begrüßte der Rektor der Andrássy Universität, Professor Zoltán Tibor Pállinger, den Schweizer Botschafter Jean-François Paroz im Andrássy-Saal in Budapest. Paroz erläuterte zunächst sein Interesse an der neuen Veranstaltungsreihe an der AUB: Die Verknüpfung von Geschichte, Diplomatie und Gegenwart. Als Botschafter verfüge er über ein weitreichendes Wissen im Bereich der Diplomatie, als Historiker habe er ein großes Interesse an der Vergangenheit und auch die aktuelle Situation in der Ukraine beschäftige ihn sehr. Ihm werde immer deutlicher bewusst, dass die Diplomatie in Europa eine wichtige Rolle spiele.

Paroz betonte, Carl Lutz sei eine Schlüsselfigur der europäischen Diplomatie gewesen. Dessen diplomatische Laufbahn begann, als er 1942 von Maximilian Jaeger zum Schweizer Botschafter in Budapest ernannt wurde. Lutz habe dort die Angelegenheiten für Fremdes geleitet und unter diesem dehnbaren Begriff die "Schutzmachtabteilung" gebildet. Um die jüdische Bevölkerung vor der Deportation und dem Holocaust in Budapest zu bewahren, habe Carl Lutz beschlossen, die diplomatischen Grenzen zu überschreiten, um humanitäre Hilfe zu leisten.  Denn seine Ansicht sei gewesen, wenn man ein Menschenleben rettet, kann man die ganze Welt retten, so Paroz. In enger Zusammenarbeit mit anderen BefürworterInnen und DiplomatInnen sowie dem Roten Kreuz habe Lutz folglich Schutzdokumente angefertigt und verteil; nicht nur an einzelne Personen, sondern an ganze Familien.

Das sei möglich gewesen, da neutrale Länder wie die Schweiz und Schweden von Ungarn und dem dritten Reich respektiert wurden und es zudem nicht eingelöste Versprechungen seitens Ungarn gab, was die Verhandlungsposition von Lutz und seinen Verbündeten stärkte. So habe Ungarn schließlich angesichts des internationalen Drucks der Auswanderung mehrerer Tausend Juden und Jüdinnen zugestimmt. Um diesen Menschen vor ihrer Ausreise eine sichere Unterkunft bieten zu können, habe Lutz außerdem mehrere Gebäude unter seinen Schutz gestellt.

Paroz untermauerte seine Ausführungen mit historischen Belegen wie Mitteilungsberichten von Carl Lutz an Maximilian Jaeger. Diese belegten auch, dass der Schweizer Botschafter mehr Anerkennung für sein Engagement gefordert hatte. Diese Anerkennung sei ihm zu Lebzeiten jedoch verwehrt geblieben. In der Schweiz habe er stattdessen als unzuverlässiger Beamter und untreuer Diplomat gegolten, der die Regeln und Vorgaben seines eigenen Landes missachtete. Auch im Privaten habe Carl Lutz keine Anerkennung für seine Taten erhalten. Nach seiner Scheidung sei er vereinsamt und verarmt verstorben. Erst nach seinem Tod habe man die Ausmaße seiner Taten erkannt und gewürdigt. Seitdem wurde er dreimal für den Friedensnobelpreis nominiert und erhielt mehrere Auszeichnungen und Gedenkstätten. Unter anderem wurde ihm der Titel "Gerechter unter den Völkern" verliehen.

Abschließend merkte Paroz an, dass Lutz kein alleiniger Superheld gewesen sei. Vielmehr habe er eng mit anderen zusammen gearbeitet. Durch dieses Netzwerk und durch die Abwägung zwischen Diplomatie und Humanität sei es ihm letztlich gelungen, eine Vielzahl an Menschenleben zu retten. Auch in der heutigen Zeit werde diese Abwägung von DiplomatInnen gefordert. Eine schnelle Auffassungsgabe und die schnelle Anpassung an Situationen seien zwar wichtig, nichtsdestotrotz solle bei jeder Entscheidung die Humanität im Vordergrund stehen, so der Schweizer Botschafter Paroz.

Dilan DEMIR-PINKE

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