Seit dem Wintersemester 2024/25 leitet er den Lehrstuhl für Diplomatie I an der Andrássy Universität Budapest (AUB) und bringt seine langjährige Erfahrung in die Ausbildung der nächsten Generation von Diplomaten ein. Im folgenden Interview spricht Dr. Zimmermann über seine Motivation, die Besonderheiten der Andrássy Universität Budapest sowie die Herausforderungen und Chancen der internationalen Diplomatie im 21. Jahrhundert.
Herr Dr. Zimmermann, nach einer langen diplomatischen Karriere sind Sie nun an die AUB zurückgekehrt. Was hat Sie zu diesem Schritt motiviert?
Ich kenne die AUB bereits seit meiner Zeit als österreichischer Botschafter in Budapest von 2009 bis 2014 sehr gut, und freue mich, jetzt gemeinsam mit erfahrenen Kolleginnen und Kollegen die Studierenden bestmöglich zu unterstützen.
Was macht die AUB aus Ihrer Sicht so einzigartig?
Mit der Einführung des neuen Bachelor-Studiengangs wird es ab dem nächsten Wintersemester in Budapest möglich sein, eine durchgehende Ausbildung vom Kindergarten bis zum Doktorat in deutscher Sprache zu absolvieren. Besonders bemerkenswert ist, dass diese Ausbildungsstätten nahtlos in die ungarische Bildungslandschaft integriert sind und wertvolle ungarische Abschlüsse bieten. Dies ist das Ergebnis einer engen Zusammenarbeit zwischen Ungarn, Deutschland und Österreich, die eine praxisnahe, europäische Ausbildung mit einem hervorragenden Betreuungsverhältnis ermöglicht.
Inwiefern erfüllt die Andrássy Uni einen europäischen Auftrag?
Die Europäische Union ist einzigartig in ihrer kulturellen Vielfalt und ihrem hochentwickelten demokratischen Entscheidungsprozess. Bildungseinrichtungen wie die Andrássy Universität spielen eine entscheidende Rolle bei der Ausbildung künftiger europäischer Entscheidungsträger, die in der Lage sein müssen, diesen Standard in einer sich schnell verändernden Welt zu sichern.
Was können Sie als erfahrener Diplomat in die Lehre an der AUB einbringen?
“Mein Ziel ist es, den Studierenden nicht nur theoretisches Wissen, sondern auch praxisnahe Einblicke in diplomatische Prozesse zu vermitteln, in die damit verbundenen Emotionen, persönlichen Erfolge, aber auch gelegentlichen Frustrationen. Die "Soft Power"-Komponente, die in der österreichischen Außenpolitik eine bedeutende Rolle spielt, sowie die Kulturpolitik sind dabei ebenso zentrale Themen wie konkrete Krisensituationen.”
Fragen des Managements, der Ausbildung und der interkulturellen Praxis haben in meinen beruflichen Funktionen immer wieder eine große Rolle gespielt. In den Lehrveranstaltungen sehen wir uns an, wie man mit diesen Tools in der Diplomatie erfolgreich arbeiten kann.
Wie spiegelt sich das in Ihrem Unterricht wider?
Ich lege großen Wert darauf, einen Reality Check zu bieten und Brücken zwischen Theorie und Praxis zu schlagen. Es ist mir wichtig, die Verbindung zwischen Geschichte und Gegenwart sowie zwischen Prinzipien und technischen Details herzustellen. Ein Beispiel dafür ist das Gebiet der Public Diplomacy, bei dem in der akademischen Literatur Praktiker oft unterrepräsentiert sind. Hier möchte ich den Studierenden ein realistisches Bild vermitteln. Interkulturelle Kompetenz ist ebenfalls ein Schlüsselbegriff, der sich durch persönliche Erfahrungen und Erlebnisse oft besser vermitteln lässt als durch abstrakte Theorien.
Kann die akademische Lehre mit der rasanten technologischen Entwicklung Schritt halten?
Die technologische Entwicklung, insbesondere in Bereichen wie Künstliche Intelligenz, Virtual Reality und Social Media, stellt zweifellos eine Herausforderung dar. Mein Ansatz ist es, gemeinsam mit den Studierenden herauszuarbeiten, wo der Hype endet und in welchen Bereichen tatsächliche praxisrelevante Veränderungen stattfinden. Gleichzeitig bleibt die Kombination aus sozialer Kompetenz, Teamfähigkeit und Verantwortungsbewusstsein ein unverzichtbarer Bestandteil der Diplomatie.
Welche Erwartungen haben Sie an die Studierenden des neuen Bachelor-Programms "Internationale Beziehungen"?
Die AUB ist keine Massenuniversität. Der persönliche Kontakt zu den Lehrkräften sowie die zahlreichen akademischen und gesellschaftlichen Veranstaltungen bieten eine hervorragende Plattform für eine umfassende Ausbildung. Ich wünsche mir, dass unsere Studierenden Neugierde, Interesse am Weltgeschehen und Freude an der Diskussion mitbringen, Eigenschaften, die wir als Universität aktiv fördern möchten.
Botschafter i.R. Dr. Michael ZIMMERMANN
Beruflicher Werdegang: Dr. Michael Zimmermann ist ein erfahrener Diplomat und war an Botschaften in Afrika, dem Fernen und dem Mittleren Osten und in Europa tätig, sowie im Außenministerium in Wien. Er war österreichischer Botschafter in Budapest und, während des Brexit, in London.
Akademische Qualifikationen: Doktorat der Rechtswissenschaften der Universität Wien, Diplomatische Akademie Wien.
Expertise: Dr. Zimmermann war in Japan, dem Iran und Großbritannien in der Kulturdiplomatie tätig, in Stabsstellen im Außenministerium und hat sich auf Management- und Ausbildungsfragen im diplomatischen Dienst spezialisiert.
Engagement: Aufsichtsratsfunktionen in den Bereichen Bildung, Gesundheit und Entwicklungszusammenarbeit