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Andrew S. Cohen zu Besuch an der AUB

Denkfabriken in der praktischen politischen Arbeit: Der Abend des 19. Februar stand im Zeichen der transatlantischen Beziehungen: Zu Gast an der AUB war Andrew S. Cohen aus Washington, D. C., um über die Arbeit von Think Tanks, insbesondere in Washington, zu referieren.

Cohen selbst ist für die dort ansässige Bertelsmann Foundation tätig, einen „Ableger“ der deutschen Bertelsmann Stiftung. Der Vortrag war gerade auch für amerikanische Studierende unterschiedlicher Budapester Universitäten von großem Interesse. Cohen war lange als Journalist tätig – u.a. für die Deutsche Welle. Er ist nun Leiter der Kommunikationsabteilung in einem Think Tank und arbeitet an der Schnittstelle zwischen Politik und Wissenschaft. Dies sind Plattformen für die Entstehung von Ideen und verbinden Wissenschaftskompetenz mit politischer Gestaltung und Führung.

In seinem Vortrag erläuterte Cohen, dass es den Think Tanks in Washington vor allem darum gehe, die politische Agenda-Setzung anzuregen und Themen dank Input durch Expertenwissen einen Rahmen zu geben. Doch wie kann der politische Prozess beeinflusst werden? Die Hauptarbeit der „Denkfabriken“ liege vor allem in der Erstellung von Berichten oder Prognosen, die neue Deutungsrichtungen geben oder von Politikern als Beratungshilfe herangezogen werden können. Momentan liege ein wichtiger Fokus auf Analysen, die Russland betreffen; ferner stelle das transatlantische Freiheitsabkommen ein interessantes Thema für die euro-atlantische Gemeinschaft dar: „Most people in America do not even have a clue what TTIP is“, so Cohen. Daher habe es die Bertelsmann Foundation sich zur Aufgabe gemacht, mit Hilfe einer „TTIP-Roadshow“ amerikanische Unternehmen über das geplante Abkommen zu unterrichten.

Hier betonte Cohen, dass Think Tanks keine Lobbys im herkömmlichen Sinne, sondern gemeinnützige Einrichtungen seien. Werden derartige Einrichtungen in den USA als solche registriert, müssen sie sich rechtlich als unabhängig ausweisen. Natürlich sei die Finanzierung solcher Körperschaften trotzdem problematisch, da sie an private Unterstützung gebunden sei. Was geschieht aber, wenn beispielsweise der Regierung durch einen Bericht schwerwiegende Kritik widerfährt? So etwas belaste die Beziehung zwischen Think Tanks und Politik durchaus, zerstöre sie sogar, wie Cohen zu bedenken gab. Vor Veröffentlichung einer Studie bemühe man sich daher i. d. R. um Kontaktaufnahme.

Trotz Kritik bleibe die Regierung vom Input der Think Tanks abhängig, da Politiker, sobald sie an der Macht sind, zum Wissenserwerb meist keine Zeit mehr hätten und die Denkfabriken als Quelle heranziehen müssten – „Zeit zum Forschen ist ein Privileg“, so Cohen. Think Tanks stellen des Weiteren Kommunikationsplattformen für politische Akteure dar, die ansonsten keinen Zugang zur Regierung bekämen; Kuba etwa nutzte diesen Kanal jahrzehntelang über Veranstaltungen in New York am Rande der UNO-Generalversammlung.

Ungeachtet der Bedeutung ihrer Aufgaben seien Think Tanks täglich existentiellen Herausforderungen ausgesetzt. Es sei schwierig, einerseits mit dem Informationsüberfluss zurechtzukommen und andererseits kreativ genug zu sein, sich von den etwa anderen 400 Think Tanks in Washington, D.C. abzuheben. Trotz aller Schwierigkeiten seien Denkfabriken weiterhin ein wichtiger Bestandteil des politischen Entscheidungsfindungsprozesses und „Übersetzer“ zwischen Regierung, Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft.

Text: Flóra Borek / Ágnes Wörster

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