Partizipation – Lernen – Nachhaltigkeit
Nach dem „Anschluss“ Österreichs wurde 1938/39 in Oberschützen (Burgenland, Österreich) unter Mithilfe der Bevölkerung, u.a. der Schüler*innen der lokalen Schulanstalten, ein „großes Anschlussdenkmal“ erbaut. Dieses sollte das „kleine Anschlussdenkmal“ („Deutsch Allezeit“) aus dem Jahr 1931 „ablösen“, das anlässlich der zehnjährigen Zugehörigkeit des ehemals ungarischen Gebietes zu Österreich errichtet worden war. Der 1939 eingeweihte, auf einer Anhöhe stehende, gut sichtbare viereckige, weiträumige Säulenhof gilt als einzigartig und als größtes nationalsozialistisches Denkmal in Österreich. Nach dem Zusammenbruch der NS-Herrschaft wurden Teile des Denkmals (Inschrift, Feuerschalen, vergoldeter Adler) entfernt bzw. zerstört.
Geschichte nach 1945
Nach 1945 verfiel der Bau zunehmend. Der Umgang mit dem „Anschlussdenkmal“ blieb umstritten; es wurde in Folge unterschiedlich genützt (Sonnwendfeuer, Fotoshootings etc.), blieb jedoch lange in Bezug auf seine Entstehungsgeschichte tabuisiert. 1997 beschloss der örtliche Gemeinderat nach langem Ringen eine Umdeutung in ein Mahnmal gegen Gewalt und Rassismus. Schließlich gelang es der Gemeinde 2016, dank der Vermittlung einiger engagierter Bürger, das Denkmal zu pachten, es wurde unter Denkmalschutz gestellt und 2018/19 saniert. 2018 wurde von Bürgermeister Hans Unger ferner eine „Arbeitsgruppe Denkmäler“ eingerichtet und Ursula K. Mindler-Steiner wurde damit beauftragt, ein Konzept zur Erschließung des „Anschlussdenkmals“ auszuarbeiten.
Denk-, Informations-, Lernort
In den nächsten Jahren soll nun ein umfassendes Projekt umgesetzt werden, mit dem Ziel, das Denkmal als „Denk-, Erinnerungs- und Informationsort“ auf verschiedenen Ebenen zu etablieren. Das „Anschlussdenkmal“ ist – ob man will oder nicht – Teil des kulturellen Erbes der Region, das den Ort wie auch die Bevölkerung prägt und geprägt hat. Gesellschaft und Politik sind gleichermaßen aufgefordert, für einen verantwortungsvollen, zeitgemäßen Umgang mit dem Denkmal Sorge zu tragen: Erinnerung – Verantwortung – Zukunft.
„Meilensteine“ des Projektes
Das Projekt definiert auf drei Zeit-Ebenen („kurzfristig“, „mittelfristig“, „langfristig“) verschiedene „Meilensteine“, die es in unterschiedlichen Zeiträumen umzusetzen gilt. Im Zuge des gesamten Projektes werden wissenschaftlich gesicherte Informationen zum „Anschlussdenkmal“ in verständlicher Weise und in mehreren Sprachen auf verschiedenen Ebenen öffentlich zugänglich gemacht. Auf die kurz- und mittelfristige Planung sei im Folgenden kurz eingegangen.
Von der Denkmalsanierung bis zur Erstellung von Unterrichtsmaterialien
Die kurzfristige Planung sah die Sanierung des Denkmals vor, welche 2020 abgeschlossen wurde. Mittelfristig (Zeitrahmen: in etwa bis Ende 2021) sollen die Meilensteine (M) 2 bis 6 realisiert werden: M2 erschließt das Denkmal als Denk-, Informations- und Lernort. Der Ort bleibt dabei als Ort bewahrt und wird nicht verbaut – es werden aber die wesentlichen Informationen am Denkmal selbst wie auch über QR-Code verlinkt zugänglich sein.
Begleitet wird dies von der Publikation einer Informationsbroschüre (M3), der Erstellung einer Webseite (M4) sowie der Durchführung des Teilprojektes „Darüber reden“, das überregional dem Sammeln und Dokumentieren von persönlichen Eindrücken und Erinnerungen gewidmet ist (M5, siehe auch den separaten Aufruf). Diese sollen dann in Buchform veröffentlicht werden; parallel dazu sollen die gesammelten Gedanken / Erinnerungen sowie die ggf. abgegebenen Erinnerungsstücke (Fotos etc.) im Gemeindearchiv verwahrt werden und somit auch künftigen Generationen erhalten bleiben. Ein weiteres Kernstück bildet die Erstellung von Unterrichtsmaterialien für die Ober- und Unterstufe (M6). Hier wurde bereits im Herbst 2018 eine Arbeitsgruppe mit engagierten Lehrer*innen der lokalen Schulanstalten ins Leben gerufen, welche sich intensiv mit der Ausarbeitung von didaktischem Material beschäftigt. Im Gemeindeamt wurde eine „Servicestelle“ zum Projekt eingerichtet, in welcher eine Mitarbeiterin für Auskünfte zur Verfügung steht und am Aufbau des Gemeindearchivs mitarbeitet.
„Erbe, das prägt...“
Das Projekt, das mit Hilfe von EU-LEADER-Mitteln umgesetzt wird, strebt an, die Bevölkerung einzubinden (insbesondere die Schulen vor Ort) und Bewusstsein für das Denkmal wie auch die Widersprüchlichkeit von kulturellem Erbe zu schaffen. Es soll generationenübergreifend den Dialog fördern und zu einer kritischen Auseinandersetzung mit Vergangenem, Gegenwärtigen und Zukünftigem anregen. Durch die Einbeziehung der Öffentlichkeit soll dieses „Erbe, das prägt“ trotz bzw. gerade wegen seiner NS-Vergangenheit zukunftsfähig gestaltet werden.
Partner: Gemeinde Oberschützen (Österreich)
Projektwebseite: http://www.oberschuetzen.at/system/web/sonderseite.aspx?menuonr=225067794&detailonr=225067794
Das Projekt wird durch die Europäische Union und den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) gefördert:
Foto: „Anschlussdenkmal“ in Oberschützen, 2019. Quelle: Gemeinde Oberschützen.