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The Visegrad Four and the Western Balkans: Framing Regional Identity
Am 16. Oktober 2020 fand die Abschlussveranstaltung des Projekts „Understanding Identities and Regions – Perspectives on V4 and WB“ als Live-Veranstaltung an der Andrássy Universität Budapest statt.

Zu diesem Anlass wurde das neu veröffentlichte Buch „The Visegrad Four and the Western Balkans: Framing Regional Identities“ vorgestellt. Die im Buch analysierten Fallbeispiele regionaler und nationaler Identitäten in den Staaten der beiden Makroregionen der V4 und des Westbalkans bildeten den Hintergrund der Konferenz.

Die Konferenz begann mit einer Begrüßung durch die Prorektorin der Andrássy Universität Budapest, Ellen Bos, die ihre Freude darüber ausdrückte, Kollegen, Gäste und Studierende persönlich treffen zu können und nicht, wie es heute bereits normal ist, hinter einem Bildschirm. 

Christina Griessler (netPOL, Andrássy Universität Budapest) stellte den Hintergrund und die Ergebnisse des Projekts vor, das im November 2018 begann und mit Ende Oktober 2020 ausläuft. Inhaltlich befasste sich ihr Vortrag mit den Unterschieden regionaler Zusammenarbeit in den Staaten der V4 und des Westbalkans. Insbesondere in Bezug auf den Westbalkan stellt Griessler fest, dass die kulturelle Komplexität des Westbalkans gegenüber einem regionalen Zugehörigkeitsgefühl und der Assoziation mit einer kulturellen „Yugosphere“ in den Analysen betont wird. Mit Hinweis auf das Buch diskutierte sie die Mechanismen und Dynamiken des konstruktivistischen Ansatzes der Identitätsentstehung, erklärte den Unterschied zwischen ethnischer und bürgerlicher Identität und betonte die negativen Auswirkungen der Zuordnung von Menschengruppen in willkürlich geschaffene Kategorien. 

Adam Bence Balazs (Graduate Institute, Geneva) sprach über die V4, eine Region in Europa, die sich einen Namen damit machte, sich gegen Europa zu positionieren. Beispiele wie Ungarn und Polen wirken sich negativ auf die EU-Beitrittsperspektive der Staaten des Westbalkans aus, da die Gründungsmitglieder zögern neue Länder aufzunehmen, die nicht die Spielregeln der Europäischen Union befolgen. Dennoch sind innere Grenzgebiete ein positives Beispiel für regionalen Zusammenhalt, der sich als komplexer, mehrstufiger Prozess darstellt. Die Jugoslawienkriege der 1990er Jahre zeigen, wie sich eine Reihe europäischer Ereignisse mit einem globalen Schauplatz und anderen großen Konflikten, die unmittelbar nach dem Kalten Krieg stattfanden, verbindet. Die regionale Ebene könnte als ein konzentrischer Kreis interpretiert werden, der dazu beiträgt, Europa mit der heutigen, nicht-eurozentrischen Welt zu verbinden.

Aliaksei Kazharskis (Comenius Universität, Bratislava) Vortrag befasste sich mit dem Beispiel der Slowakei, einem der V4-Staaten, das im Buch leider nicht vorgestellt wurde. Nachdem Kazharski den historischen Hintergrund und die wichtigsten Linien der politischen Kultur des jungen Landes skizziert hat, konzentrierte sich sein Vortrag auf den politischen Wandel, der mit der Wahl von Zuzana Čaputová zur Präsidentin der Slowakischen Republik im März 2019 erfolgte. Das Land befindet sich seitdem in einem politischen Prozess, der darauf abzielt, sich von dem V4-Label und dessen negativen Ruf zu distanzieren. Der slowakische Fall erscheint als Ausnahme innerhalb der V4, es bleibt jedoch abzuwarten, ob eine langfristig proeuropäische Ausrichtung bestehen bleibt.

Zoltán Pogátsas (Westungarische Universität, Sopron) konstruktive Kritik des Buches und Vorschläge für eine Fortführung des Projekts waren der Inhalt seines Vortrags. Erstens vermerkte er anerkennend die im Buch durchgängige doppelte Dekonstruktion der Identitätskonzepte. Die Autoren/innen kritisieren nicht nur die nationale Identität, sondern vermerkten auch die Desillusion der europäischen Integration sowie der europäischen Idee. Zweitens sprach er an, dass bedacht werden muss, dass Europa als Ganzes aus dem Ausland als mikroskopische Gegebenheit wahrgenommen wird. Das hilft bei der Bewertung lokaler Konflikte, nicht um diese zu ignorieren, sondern um deren Bedeutung zu verstehen und in Folge diese überwinden zu können. Drittens bestand Pogátsa auf die Exklusivität der nationalen identitären Narrative. Er betont die Möglichkeit anderer potenzieller Identitäten, insbesondere sozio-ökonomischer Identitäten. Er öffnete eine Diskussion in Bezug auf neue alternative Identitäten auch aus einer regionalen oder identitären Perspektive heraus.

Die Diskussion schloss den Live-Teil der Veranstaltung ab. Es wurde hervorgehoben, dass Mobilität in Europa ein Privileg bleibt und dass viele Europäer/innen im normativen Sinne immer noch nicht „europäisch“ sind. Die nationale Identität beruht auf ihrer – angeblichen – Exklusivität, auf der Tatsache, dass Nationen wie große Romane sind: edle Geschichten, mit denen sich Menschen leicht identifizieren können. Die Identifizierung verringert jedoch die kritische Distanz, die erforderlich ist, um die Vergangenheit zu verstehen, die Gegenwart zu analysieren und zukünftige europäische Perspektiven auf lokaler, regionaler und kontinentaler Ebene zu skizzieren. Mit dem Wissen, dass der Platz und die Rolle Europas vor dem Hintergrund einer globalen Komplexität erst noch gestaltet werden muss und dies als große Herausforderung für den alten Kontinent bleiben wird, endete der erste Teil der Konferenz.

Die Autoren/innen des Buches wurden eingeladen am Nachmittag an einer Online-Diskussion teilzunehmen, um zwei Hauptfragen zu diskutieren: Erstens die Aussage, dass die V4 eine Region innerhalb Europas ist, die sich den Ideen Europas widersetzt. Und zweitens, warum der Begriff „Westbalkan“ immer noch eine negative Konnotation für die Staaten der Region besitzt. Beide Annahmen waren implizit in den Buchbeiträgen der Autoren/innen enthalten, wurden jedoch nicht explizit ausgesprochen. Die beiden Moderatoren versuchten, die Diskussion auf diese beiden Aspekte zu konzentrieren. Zum Abschluss der Konferenz und der Online-Diskussion kann festgestellt werden, dass das Thema Identität, das sich ständig ändert und durch interne und externe Einflüsse beeinflusst wird, auch in den kommenden Jahren ein Forschungsthema in den Regionen bleibt.

Am Ende der Veranstaltung bedankten sich die Konferenzorganisatoren bei den Autoren/innen für die Zusammenarbeit im Rahmen des Projekts und den Internationalen Visegrad Fund für die finanzielle Unterstützung.

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