Im Folgenden wird anhand der EU-SILC-Daten aus dem Jahre 2018 das verfügbare Äquivalenzeinkommen und die Wohneigentumsquote für die Regionen vergleichend dargestellt und diskutiert. Dabei unterscheiden wir zudem zwischen der gesamten und der älteren Bevölkerung in Österreich.[i]
Wo liegen die Grenzen zwischen Stadt und Land?
Dazu stellen sich zuerst die Fragen: Wo liegen die Grenzen zwischen Stadt und Land? Wo beginnen die ländlichen Gebiete und wo enden die Städte? Gibt es etwas dazwischen?
Es gibt eine Vielzahl von verschiedenen national und international verwendeten Definitionen zu diesen Fragen und eine Vielzahl von unterschiedlichen Stadt-Land-Typologien. Nach der von der Europäischen Kommission seit 2012 verwendeten Methodik steht die Bevölkerungsdichte im Mittelpunkt. Es „werden lokale Verwaltungseinheiten (LAU) auf der Grundlage des Kriteriums der geografischen Nachbarschaft in Verbindung mit einem Mindestschwellenwert für die Bevölkerung – bezogen auf 1 km2-Bevölkerungs-Rasterzellen – eingestuft.“ Danach werden folgende drei Regionstypen unterschieden:
Nach der obigen Typologie der Europäischen Kommission und der EU-SILC-Daten 2018 leben 29 bzw. 30 Prozent der Bevölkerung in Österreich in dicht und mitteldicht besiedelten Gemeinden, 41 Prozent in ländlichen Gebieten. Die Bevölkerung ist nach diesen Regionen relativ gleichmäßig verteilt, aber einige Indikatoren zeigen größere Unterschiede auf.
Siedlungsstruktur und verfügbares Haushaltseinkommen
Hier stellt sich die nächste Frage: Unterschiedet sich das verfügbare Haushaltseinkommen nach Siedlungsstruktur?
Die Siedlungsdichte kann über verschiedene Kanäle auf das verfügbare Haushaltseinkommen einwirken. Zum einen zeichnen sich dichter besiedelte städtische Gebiete häufig durch Agglomerationseffekte aus, die zu einer höheren Produktivität und damit zu höheren Einkommen im Vergleich zu weniger dicht besiedelten Gebieten führen.
Außerdem sind die Lebenshaltungskosten in dichter besiedelten Gebieten höher, was zum Teil auf den begrenzten verfügbaren Raum zurückzuführen ist, der zu höheren Mieten führt, die sich wiederum in höheren Lebenshaltungskosten niederschlagen. Diese höheren Lebenshaltungskosten schlagen sich auch in höheren Löhnen nieder, da der Wettbewerb um Arbeitskräfte in städtischen Gebieten stärker sein sollte. Darüber hinaus werden bei öffentlichen Transferleistungen für Haushalte oder bedürftige Personen häufig auch die unterschiedlichen Lebenshaltungskosten berücksichtigt, die sich aus solchen regionalen Merkmalen ergeben.
So beziehen sich z. B. Wohnbeihilfen häufig direkt auf die anfallenden Wohnkosten, die in dicht besiedelten Gebieten in der Regel höher sind. Aus diesen beiden Effekten folgt, dass ein höheres verfügbares Haushaltseinkommen zu erwarten ist, je dichter besiedelt die Region ist, in der eine Person lebt.
Um für verschieden große Haushalte vergleichbare Aussagen über das Einkommen treffen zu können, verwenden wir im Folgenden das verfügbare Äquivalenzeinkommen. Dieses ist „das Gesamteinkommen eines Haushalts nach Steuern und anderen Abzügen, das für Ausgaben und Sparen zur Verfügung steht, geteilt durch die Zahl der Haushaltsmitglieder, umgerechnet in Erwachsenenäquivalente; zur Ermittlung der Erwachsenenäquivalente wird eine Gewichtung der Haushaltsmitglieder nach ihrem Alter nach der modifizierten OECD-Äquivalenzskala vorgenommen.“ [2]
Das individuell verfügbare Haushaltseinkommen steht nach den Daten in Österreich tatsächlich in einem positiven Verhältnis zur Bevölkerungsdichte: je dichter eine Region besiedelt ist, desto höher ist im Durchschnitt das verfügbare Äquivalenzeinkommen. Die gleiche Tendenz ist auch bei der älteren Bevölkerung (Personen, die älter als 65 Jahre sind) zu beobachten. Verglichen mit der Gesamtbevölkerung weisen ältere Personen in städtischen Gebieten im Durchschnitt ein höheres, in den mittleren und dünn besiedelten Gebieten dagegen ein niedrigeres individuell verfügbares Haushaltseinkommen aus.
Siedlungsstruktur und Wohneigentumsquote
Im nächsten Schritt gehen wir der Frage nach, ob es einen Zusammenhang von Siedlungsstruktur und Wohneigentumsquote gibt. Diese gibt den Anteil der Bevölkerung mit Wohneigentum an.
Mit nur 68 % weist Österreich nach Deutschland die zweitniedrigste Wohneigentumsquote in der Europäischen Union auf.
Zwischen der Wohneigentumsquote und der Bevölkerungsdichte kann man aber eine negative Korrelation entdecken. Je dünner ein Gebiet besiedelt ist, desto höher ist die Wohneigentumsquote. Selbst in Österreich erreicht die Wohneigentumsquote in ländlichen Regionen etwa 90 %.
Die gleiche Tendenz, aber mit höheren Wohneigentumsquoten für alle drei Regionstypen gilt für die Wohneigentumsquote der älteren Bevölkerung. Dabei fällt der Unterschied am deutlichsten in den dicht besiedelten Regionen aus. Hier liegt die Wohneigentumsquote der über 65-Jährigen um 10 Prozentpunkte über der der Gesamtbevölkerung.
Siedlungsstruktur, Einkommensverteilung und Wohneigentumsquote
Bis jetzt haben wir das verfügbare Äquivalenzeinkommen und das Wohneigentum jeweils getrennt auf die Siedlungsstruktur bezogen, im nächsten Schritt betrachten wir beides zusammen. Dabei erfassen wir die Wohneigentumsquote über die Einkommensverteilung für die drei Regionstypen getrennt.
Um zu beurteilen, wie das Einkommen innerhalb der Bevölkerung verteilt ist, werden häufig sog. Dezile verwendet. Dabei wird die Bevölkerung je nach der Größe des Einkommens in zehn gleichgroße Teile, in die Dezile unterteilt. Das erste Dezil umfasst z.B. das untere Zehntel der Bevölkerung auf der Einkommensskala (d.h. die 10% der Bevölkerung mit dem niedrigsten Einkommen). [3]
Um einen Überblick über die Auswirkungen der Einkommensverteilung auf das Wohneigentum zu erhalten, zeigt die nachfolgende Abbildung jeweils die Wohneigentumsquoten für die einzelnen Dezile des verfügbaren Äquivalenzeinkommens und dies gesondert nach den drei Regionstypen ausgewiesen verändert. Dabei ist unabhängig von der Siedlungsdichte ein klarer positiver Zusammenhang zwischen Einkommen und Wohneigentumsquote festzustellen.
Am niedrigsten ist die Wohneigentumsquote in den dicht besiedelten Gebieten, gefolgt von den mittleren Gebieten. Dagegen ist sie in den dünn besiedelten Gebieten am höchsten. Dort liegt sie selbst in den untersten drei Einkommensdezilen um die 80% und damit höher als in der höchsten Einkommensklasse der dicht besiedelten städtischen Regionen, in der nur 60% der Haushalte über Wohneigentum verfügen. In den dicht besiedelten Regionen Österreichs liegt allerdings die Wohneigentumsquote bei den untersten beiden Einkommensdezilen unter 20 Prozent.
Auch bei der älteren Bevölkerung zeigt sich eine sehr ähnliche Entwicklung. Auch hier ist die Wohneigentumsquote bei allen Einkommensdezilen in den dicht besiedelten Gebieten am niedrigsten, gefolgt von den mittleren Gebieten, wobei sie in den dünn besiedelten Gebieten (mit einer Ausnahme bei p90) am höchsten ist.
Zudem ist in den dicht besiedelten Gebieten die Wohneigentumsquote der über 65-Jährigen überall höher als die der Gesamtbevölkerung. Im mittleren Einkommensbereich (vom dritten bis sechsten Dezil) ist diese Differenz sogar höher als 10 Prozentpunkte. Die gleiche Relation, aber mit kleineren Differenzen kann man fast über alle Dezile in den Gebieten mittlerer Besiedlungsdichte beobachten. In den dünn besiedelten Gebieten gibt es dagegen keine klare Tendenz. Allerdings sind in allen drei Regionstypen die Wohneigentumsquoten der Älteren in den untersten zwei Einkommensdezilen höher als für die Gesamtbevölkerung.
Fazit
Basierend auf EU-SILC-Daten für 2018 haben wir den Zusammenhang von Siedlungsdichte, verfügbares Einkommen und Wohneigentum für die Gesamtbevölkerung wie für die ältere Bevölkerung in Österreich dargestellt. Dabei zeigt sich, dass die Wohneigentumsquote in dünn besiedelten ländlichen Regionen am höchsten ist, was für alle Einkommensklassen gilt. Zudem ist die Wohneigentumsquote der älteren Haushalte ebenfalls in allen Einkommensklassen höher. Wohneigentum ist ein wichtiger Baustein der privaten Altersvorsorge. Daher sind diese Befunde aus Sicht der Alterssicherung als positiv zu werten. Allerdings weist der geringe Anteil an Wohneigentum in den dicht besiedelten städtischen Regionen, der für alle Einkommensklassen gilt, darauf hin, dass diese Regionen stärker als die anderen Siedlungstypen von Altersarmut betroffen sein könnten. Entsprechend sind regional differenzierte Maßnahmen zur Verhinderung bzw. Reduktion von Altersarmut zu ergreifen.
Eszter MEGYERI und Martina ECKARDT
Dieser Artikel wurde zuerst am 8. April 2022 veröffentlicht: https://kommunal.at/stadt-land-oder-dazwischen#_edn1
Anmerkungen
[1] Eurostat: Verstädterungsgrad – Methodologie, https://ec.europa.eu/eurostat/de/web/degree-of-urbanisation/methodology,
(Zugriff 28.03.22)
[2] Eurostat: Glossar. Verfügbares Äquivalenzeinkommen, https://ec.europa.eu/eurostat/statistics-explained/index.php?title=Glossary:Equivalised_disposable_income/de
(Zugriff 28.03.22)
[3] Eurostat: Anfänger. Statistisches Konzept – Quintile und Dezile (Zugriff 28.03.22)
Literaturnachweis
STATISTIK AUSTRIA: Gliederungen nach städtischen und ländlichen Gebieten. Thematische Karten, https://www.statistik.at/web_de/klassifikationen/regionale_gliederungen/stadt_land/index.html (Zugriff 28.03.22)
[i] Unsere Untersuchungen basieren auf EU-SILC-Daten 2018 für Österreich, wobei eine Stichprobe von 8842 Personen berücksichtigt wurde, ohne Gewichtung. Es kann daher zu Abweichungen von anderen statistischen Erhebungen kommen.