Am 18.04.2023 besuchte eine Delegation der Europa Union Norddeutschland die Andrássy Universität um mit Herr Dr. Heinrich Kreft, Leiter des Lehrstuhls Diplomatie II, sowie Frau Eszter Nagy, Präsidentin der europäischen Föderalisten Ungarns, über Wissenschafts- und Medienfreiheit zu diskutieren.
Zu Beginn der Paneldiskussion gab es zwei Videobotschaften der Europaparlamentsabgeordneten Gabi Bischoff und Daniel Freund. Bischoff sprach über die Spionage Vorfälle in Griechenland und Polen und mahnte an, dass die Vorfälle noch nicht genügend aufgearbeitet worden sind. Sie betonte, dass das Funktionieren der EU auf gemeinsamen Grundwerten basiert, welche ebenfalls im Vertrag der Europäischen Union genannt werden. Mit dem neuen Mechanismus des Rechtsstaatsmonitoring verschließt die EU nicht die Augen vor den aktuellen Problemen und wird den Druck auf involvierte Regierungen weiter erhöhen. Das Einfrieren von EU-Geldern ist in diesem Zusammenhang ebenfalls ein wichtiges neues Instrument. Freund, der den Rechtsstaatskonditionalitätsmechanismus mitverhandelt hat, sprach von einer traurigen Entwicklung in Ungarn in Bezug auf die abnehmende Unabhängigkeit der Justiz, Freiheit von NGOs, Medien und der Wissenschaft. Er argumentierte, dass ebenfalls in keinem anderen Land der EU eine Regierung so viel Kontrolle über private und öffentliche Sender wie in Ungarn habe.
Kreft sprach über die Veränderungen in der ungarischen Hochschullandschaft und erläuterte, dass in den letzten Jahren 21 von 26 Universitäten in Stiftungsform überführt worden sind. Diese sogenannten Trägerstiftungen sollen nach Anliegen des ungarischen Staates die Effizienz der Universitäten steigern. Kritisch wird jedoch insbesondere die lebenslange Mitgliedschaft von politischen Persönlichkeiten wie beispielsweise StaatssekretärInnen gewertet, die somit langfristig Einfluss nehmen könnten, selbst wenn sie nicht mehr in ihren politischen Ämtern tätig sind. Ein weiterer Einschnitt in die akademische Landschaft und ein Verlust für Budapest war die Verdrängung der Central European University mit einem maßgeschneiderten Gesetz der ungarischen Regierung. Nun soll bald die chinesische Fudan Universität nach Budapest kommen, was ebenfalls von Vielen kritisch gesehen wird.
Nagy, ergänzte mit der ungarischen Perspektive und bedauerte mit Blick auf die eingefrorenen Erasmus Gelder, dass ungarischen Studierenden damit die Möglichkeit genommen werde im Ausland zu studieren, jedoch sei durch die direkte Betroffenheit der Studierenden auch Druck auf die Regierung aufgebaut worden, die von Brüssel monierten Missstände zu beseitigen. Zu beobachten sei weiterhin, dass Ungarns sich häufig an Gesetzesvorlagen und Strukturen anderer Länder orientiere und sich aus den verschiedenen „Bausteinen“ sein eigenes „Frankensteinsystem“ aufbaue. Es sei wichtig zu beachten, dass Gesetze und Strukturen sich in verschiedenen Ländern zwar ähneln können, herrsche jedoch eine andere politische Kultur funktionierten diese nicht.
Die hohe Medienkonzentration in Regierungshänden sowie geringere Fremdsprachenfähigkeiten und somit der fehlende Zugang zu internationalen Medien im ländlichen Raum führen dazu, dass sich keine pluralistischen Meinungslandschaft bilden kann. Nagy sieht es als wichtige Aufgabe, aber auch als Herausforderung an, jede noch so kleine Option zu nutzen die Zivilgesellschaft zu mobilisieren, um die Medien- und Meinungsvielfalt in Ungarn wieder zu erhöhen.
Tanissa CONRADI