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Hírek

Politischer Populismus
22. Tagung des Bayerischen Promotionskollegs "Politische Theorie"

Von 28.-30. Juni 2017 fand unter dem Thema „Politischer Populismus“ die 22. Tagung des Bayerischen Promotionskollegs Politische Theorie an der Andrássy Universität Budapest (AUB) statt. Die in Kooperation mit der Konrad-Adenauer-Stiftung Budapest organisierte Tagung wurde durch ein abendliches Podiumsgespräch zur Fragestellung „Universitäten im Visier von Populisten?“ zwischen Prof. Dr. Matthias Riedl (Central European University Budapest) und Prof. Dr. Hendrik Hansen (AUB) eröffnet. Am zweiten Konferenzabend folgte ein öffentlicher Vortrag von Prof. Dr. Werner J. Patzelt (TU Dresden) unter dem Titel „Populismus. Elemente, Ursachen, Gegenstrategien“ mit anschließender Podiumsdiskussion. Im weiteren Verlauf der Tagung hatten die Promovierenden des Kollegs, das eine gemeinsame Einrichtung der Universitäten Eichstätt-Ingolstadt, Erlangen-Nürnberg, Passau, Regensburg und der AUB ist und auf die gemeinsame Doktorandenausbildung im Bereich der Politischen Theorie und Ideengeschichte abzielt, die Möglichkeit, ihre Dissertationsvorhaben vorzustellen.

Das Podiumsgespräch „Universitäten im Visier von Populisten?“ wurde von Tim Kraski mit einer kurzen chronologischen Zusammenfassung der Entwicklung der „Lex CEU“ eröffnet, die gefolgt wurde von den Statements der Podiumsgäste. Matthias Riedl sprach, über die reine CEU-Perspektive hinausgehend, auch über weitere aktuell identifizierbare Einschränkungen der Wissenschaftsfreiheit, die bspw. aufgrund bürokratischer Erfordernisse oder der Tabuisierung bestimmter Diskurse entstünden. Er ging darauf ein, welche dieser Bedrohungen durch Populismus erklärt werden und welche anderen Erklärungsfaktoren identifiziert werden können. Hendrik Hansen referierte im Anschluss die Position und die Argumente der ungarischen Regierung und unterzog diese einer kritischen Prüfung. Im Anschluss folgte eine angeregte Diskussion.

Am zweiten Abend der Tagung spannte Werner J. Patzelt den thematischen Faden fort. In seinem Vortrag identifizierte er zunächst fünf Elemente, die – wenngleich sich ihre jeweilige Kombination und Ausprägung unterscheide – universal für jeden Populismus seien. Hierzu gehöre die vereinfachte Darstellung komplizierter politischer Zusammenhänge, die jedoch nicht in didaktischer, sondern demagogischer Absicht erfolge.  Zweitens seien populistische Politiker als politische Unternehmer zu verstehen, deren Streben nach politischen Ämtern nicht dem Gemeinwohl, sondern der Selbstverwirklichung diene. Als drittes Merkmal benannte Patzelt einen Politikstil, der vom Gegensatz „die da unten” zu „denen da oben” bestimmt sei. Viertens behaupteten Populisten, es gäbe einen einheitlichen und klaren Volkswillen, der erkennbar und allein durch sie – als wahre Vertreter des Volkes – durchsetzbar sei. Dabei gehe, so Patzelt, dieser „plebiszitäre Caesarismus” jedoch gerade am Kern demokratischer Repräsentation vorbei und gefährde jegliche politische Kompromissfähigkeit ebenso wie die Legitimität gewählter Amtsträger. Populismus sei fünftens, stets ein Hinweis auf Störungen in Prozessen der repräsentativen Demokratie und damit nicht das Problem, sondern vielmehr das Symptom. Überall dort, wo Politik und etablierte Parteien Bürger und deren Themen nicht ernstnähmen oder diese gar ablehnten, entstünden sogenannte Repräsentationslücken. Diese Lücken seien es, die von populistischen Parteien genutzt würden, um Fuß zu fassen. Populisten entgegenzutreten bedeute deshalb, zum einen sensibel für mögliche Repräsentationslücken zu sein und diesen möglichst vorzubeugen. Zum anderen müsse man Fehlwahrnehmungen in der Bevölkerung mit verstärkter politischer Bildung begegnen. Abschließend empfahl Patzelt Regeln für die Kommunikation mit Populisten. Dabei betonte er, wie wichtig es sei, sorgfältig hinzuhören, welche Sorgen und Ängste Populisten bewege und zugleich im Gesagten zwischen dem Eingebildeten und dem Realen, dem Begründeten und dem Unbegründeten zu unterscheiden. Begründetes solle in den Prozess der demokratischen Repräsentation eingespeist, dem Unbegründeten argumentativ begegnet werden.

Im Anschluss an den Vortrag diskutierten Melani Barlai (wissenschaftliche Mitarbeiterin, Netzwerk Politische Kommunikation (netPOL) / AUB) und András Stumpf (Heti Válasz) gemeinsam mit Werner J. Patzelt unter der Moderation von Hendrik Hansen die Thesen des Vortrags und deren Anwendung auf Ungarn. Dabei präzisierte Patzelt das im Vortrag dargestellte Konzept der Repräsentationslücken dahingehend, als diese Lücken auch dann vorliegen können, wenn die Bevölkerung gegenüber der politischen Klasse ein generelles Misstrauen hege und sich von keiner der etablierten Parteien vertreten fühle. In Ungarn scheine dies aktuell der Fall zu sein. Melani Barlai betonte, dass es nicht zuletzt eine Frage der politisch-kulturellen Verfasstheit der Bevölkerung und der Eliten sei, ob ein populistischer Politikstil sich verbreiten könne. Stumpf ergänzte, dass in Bezug auf Ungarn auch das Wahlsystem eine Rolle spiele. Dieses zwinge nicht zu Koalitionen und Kooperation und ermögliche einen eher konfliktiv-kämpferischen Politikstil. Patzelt bestätigte, wie wichtig die politische Kultur sei und hob zugleich die Rolle der politischen Bildung hervor. Demokratie sei etwas Kompliziertes, das vermittelt werden müsse. „Wer politisch-denkerisch schlicht gestrickt ist, schätzt Vereinfachungen umso mehr“. Politisch-bildnerische Bemühungen seien von höchster Wichtigkeit, um zu vermeiden, dass (populistische) Vereinfachungen in der Bevölkerung verfingen.

Abgerundet wurde das Programm der Tagung durch einen Vortrag  von Hendrik Hansen, in dem unter dem Titel „Nation und Europa“ am Beispiel Ungarns die aktuelle Herausforderung eines erstarkenden Nationalismus für die europäische Integration analysiert wurde und konkrete Vorschläge entwickelt wurden, wie dieser Herausforderung begegnet werden kann. Erforderlich sei, so Hansen, eine weniger emotionale Debatte, die auf gegenseitiges Verständnis, welches durch die Kenntnis historischer und kultureller Hintergründe erleichtert würde, und gegenseitige Lernprozesse abziele. Dies könne bspw. durch einen erhöhten innereuropäischen Austausch zwischen Politik und Verwaltung sowie durch mehr Bildungskooperationen erreicht werden. Ein Vorschlag, der sicherlich auch dazu dienen kann, der Gefahr des Populismus zu begegnen – und für den die Durchführung der internationalen Doktorandentagung ein Vorbild ist.

Text: Réka Szentiványi, Tim Kraski

Lesen Sie dazu auch den Beitrag in der Budapester Zeitung (BZ Online) vom 13. Juli 2017.

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