Die Diskussionsrunde am 24.4.2012 im Spiegelsaal der Andrassy Universität Budapest (AUB), zu dem Thema „Neue Arbeitsplätze in Ungarn – Zielvorstellungen der aktuellen Arbeitsmarktpolitik“, wurde organisiert von der AUB in Kooperation mit der Deutschen Botschaft Budapest. Geleitet wurde diese von Prof. Dr. Stefan Okruch. Die geladenen Gäste waren Uwe Koch, Wirtschaftsreferent der Deutschen Botschaft, Dirk Wölfer, Kommunikationsleiter der Deutsch-Ungarischen-Industrie und Handelskammer, sowie Antal Olah, Geschäftsführer der Knorr-Bremse Hungaria Kft.
Beginnend mit dem Wirtschaftsstandort Ungarn, in Bezug auf die Attraktivität für die Ansiedlung der Deutschen Unternehmen, hob besonders Herr Koch die folgenden Punkte hervor: Die bedeutendsten Anreize für Deutsche Niederlassungen in Ungarn sind nicht die günstigeren Produktionskosten, auf Grund niedrigerer Löhne oder Steuern, sondern ganz eindeutig die hohe Qualität der Arbeit. Unternehmen können in Ungarn Deutsche Standards zu wettbewerbsfähigen Preisen produzieren und anbieten. Herrn Olah nach, fände man in hierzulande eine gesunde Mischung aus deutscher Disziplin und ungarischer Motivation vor. Bemerkung finden in der Diskussion die Unternehmen Audi, Siemens und Mercedes, die viele Arbeitsplätze im Land schafften. Die Produktion ist jedoch nicht auf Ungarn ausgerichtet, sondern für den Weltmarkt, sie sind also Export orientiert. Diese Unternehmen sehen ein, dass Ungarn in finanziellen Nöten ist und sind bereit für eine funktionierende Infrastruktur entsprechende Steuern zu zahlen. Die größte Problematik ist die fehlende Rechtssicherheit. Ein schneller Wandel der Rahmenbedingungen macht eine langjährige Planung schwierig.
Um diese Qualität der Arbeit zu halten, ist es enorm wichtig dass gut ausgebildete junge Arbeitskräfte nachkommen und den Unternehmen zur Verfügung stehen. Herr Olah sieht das ungarische Schulsystem in der Pflicht, wenn es um die Qualifikationen der Arbeitnehmer geht. Die gute Ausbildung gehöre zur Grundausstattung eines Bewerbers. Er bemängelt allerdings, dass in hochkonjunkturellen Zeiten qualifizierte Arbeitnehmer fehlen und das Unternehmen diese ca. 3-4 Monate lang selbst weiterbilden müsse.
Besonders an Ingenieuren mangele es. Aus dem Publikum kam die Frage hervor, ob die finanzielle Unterstützung von Technischen Studiengängen begrüßt wird, oder ob damit die Chancengleichheit und eventuell auch die Qualität der Technischen Studenten verloren ginge. Die Reaktionen hierauf waren gemischt. Seitens des Knorr-Bremse Geschäftsführers wurde deutlich gemacht, dass er für sein Unternehmen Ingenieure benötigt und Schwierigkeiten habe, diese zu finden. Ökonomen gebe es jedoch genug. Auf der anderen Seite warf Herr Koch ein, dass es viele Bereiche gibt, in denen Ingenieurs Kenntnisse nicht gebraucht werden, sondern die Kreativität der Arbeiter von größerer Bedeutung sei. Als Beispiel nannte er hier das Unternehmen Google, in dem IT-Kenntnisse nur bei einem kleinen Anteil der Mitarbeiter vorhanden seien. Viel wichtiger sei die Kreativität.
Zu dem Thema der frühzeitigen Arbeitnehmerbindung, wurden Kooperationen wie zum Beispiel von Audi und Universitäten genannt. Auch Herr Olah unterstützt bei Knorr-Bremse den frühzeitigen Kontakt mit Studenten. Praktikanten wird angeboten ihre Masterarbeit für das Unternehmen zu schreiben. Herrn Olah nach, sind die Zeiten, dass qualifizierte Arbeitnehmer von selbst zu dem Unternehmen kommen, vorbei. Die Betriebe müssen um Arbeitskräfte werben und früh auf diese zugehen. Die Gefahr der hohen Abwanderung qualifizierter junger Arbeiter fürchtet Herr Olah allerdings nicht. Seiner Ansicht nach kommen diese spätestens dann wieder in die Heimat, wenn es dort einen lukrativen Arbeitsplatz für sie gibt. So verlief schließlich auch sein Werdegang, mit Zwischenstation in Deutschland. Der Zeitpunkt der Rückkehr sollte nur nicht erst im Rentenalter sein.
Abschließend wurde die Diskussion auf die geplanten 1.000.000 neuen Arbeitsplätze in Ungarn gelenkt. Diese Zahl wirkt zunächst für manche utopisch, doch in Betracht der Vergangenheit in Deutschland, als Schröder die Zahl der Arbeitslosen von ca. 5.000.000 halbierte, sank die Skepsis ein wenig. Im Unterschied zu Deutschland werden Teilzeitarbeitskräfte als arbeitslos angesehen, dies erklärt einen Teil des großen Beschäftigungsunterschiedes. Weiterhin müsse man die Schwarzarbeit betrachten und gleichzeitig regulieren. Mindestlöhne in Ungarn einzuführen hält Herr Olah für falsch, er bevorzugt eine Preisbildung durch die Wirtschaft.
Georg Schacht, Ramon Canel und Azra Avdagic