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Hírek

Minderheiten in Europa
Lehrstuhl für Diplomatie II
Studentisch organisierte Konferenz und vorangehender Essaywettbewerb für Schüler am 29. September 2016.

Am Ende des Tages, an dem bereits viel über Sprache und Worte diskutiert wurde, zieht Schriftsteller Martin Mosebach alle Anwesenden in den Bann. „Unsere Muttersprache verleiht der Seele ihre Form, mehr noch als der Körper“, sagt er. „Sie ist ein Chor, der über die Jahrtausende reicht.“ Der Georg-Büchner-Preisträger geht in seinem Vortrag der Frage „Was heißt deutsch sein heute?“ nach. Es ist der letzte Programmpunkt der Internationalen Konferenz Minderheiten in Europa, die am 29. September an der Andrássy Universität (AUB) in Budapest stattgefunden hat. Einen ganzen Tag lang diskutierten Studierende mit VertreterInnen aus Wissenschaft und Politik über Minderheitenschutz, die derzeitige politische Stimmung in Europa und die Situation der deutschen Sprache und Kultur im Ausland.

Am Anfang stand ein Gespräch zwischen dem Schirmherrn der Konferenz, Dr. Ulrich Schlie (Leiter des Lehrstuhls für Diplomatie II an der AUB, und dem Ministerpräsidenten a. D. Bernhard Vogel. Sie gingen den Anfängen des europäischen Gedankens sowie Vogels politischem Engagements nach, der in Deutschland unter anderem als Ministerpräsident zweier Bundesländer, Rheinland-Pfalz und Thüringen, bekannt ist. „Ich hoffe, damit bleibe ich ein Unikat“, so Vogel. „Schließlich war ich nur aufgrund der Wiedervereinigung in dieser Situation. Das erleben wir hoffentlich nicht noch einmal.“ Es reiche nicht, so Vogel über die derzeitige politische Lage in Europa, sich nur auf gemeinsame Wurzeln zu berufen: „Ich muss Sie enttäuschen: Sie stehen nicht zum ersten Mal vor den größten Herausforderungen der Menschheit.“ Die Länder sollen sich auf gegenwärtige Probleme konzentrieren und gemeinsam ihre Zukunft gestalten. Auf letzteres legte auch Hartmut Koschyk, Beauftragter der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten, einen Fokus. Koschyk bezog sich in seinem Vortrag vor allem auf eine Rede von Johannes Paul II. Es reiche nicht, so zitiert er den Papst, wenn sich Minderheiten in Gesellschaften integrieren. „Auch die Mehrheitsgesellschaft muss erzogen werden.“ Dabei sei das Wort Toleranz, das in diesem Zusammenhang oft genannt wird, nicht genug. „Toleranz bedeutet, ich erdulde etwas“, so Koschyk. „Was wir suchen, ist Akzeptanz.“

Am Nachmittag diskutierten je zwei Studierende der AUB in drei Panels zu Minderheiten in Österreich, Ungarn und Rumänien. Beim Bericht Otto Heineks, Vorsitzender der Landesselbstverwaltung der Ungarndeutschen, wurde klar, wie privilegiert einerseits die Minderheit von 130.000-180.000 Menschen hinsichtlich ihrer Rechte in Ungarn sei, wie schwierig jedoch andererseits die Frage der eigenen Identität nach wie vor sei. „Es bekennen sich immer mehr junge Menschen zu ihrer ungarndeutschen Identität“, so Heineke. Jedoch beklage die Gemeinschaft eine starke Abwanderung nach Österreich, vor allem wegen der besseren Berufsaussichten.

Dr. Ferdinand Trautmannsdorf, Leiter des Lehrstuhls für Diplomatie I an der AUB, sprach anschließend über die Kehrseite der Medaille: die Situation in Österreich. „Wir haben sechs autochthone Gruppen“, erklärte er. Während früher vor allem die Minderheit der Roma negativ beurteilt worden sei, habe sich dieses Bild seit Anschlägen in den 90er Jahren geändert. „Heute gibt es unsere, die österreichischen Roma und die anderen, beispielsweise kroatischen Roma“, sagt Trautmannsdorf. Interessant zu beobachten sei der Umstand, dass in Ländern, die negativ gegen Roma eingestellt seien, auch eine hohe Abneigung gegen Flüchtlinge herrsche.

Im letzten Panel sprach Benjamin Józsa, Geschäftsführer des Demokratischen Forums der Deutschen in Rumänien (DFDR), über seine eigenen Erfahrungen. „Minderheiten müssen sich immer erklären“, stellte er fest. So würde er des Öfteren von Touristen gefragt, wie er denn deutsch sein könne, wo er doch keinen deutschen Pass habe. „In Deutschland werden Rumäniendeutsche als Vertreter eines alten, vergangenen Deutschland angesehen“, so Koschyk. „Dabei sind wir die besten Botschafter vor Ort.“ Gegen die sinkende Zahl Rumäniendeutscher entwickle das DFDR Revitalisierungsprojekte in Deutschland. „Wir richten uns an die Enkelgeneration“, sagt Koschyk. „Die selbst Ausgewanderten sind mittlerweile zu alt und ihre Kinder stehen mitten im Leben. Das gibt man nicht so einfach auf.“

Der Abend richtet seinen Fokus schließlich mehr auf die deutsche Sprache selbst, festlich eingerahmt durch Goethes „Heidenröslein“ und anderen deutsche Stücke, gesungen von der Sopranistin Andrea Csereklyei. „Wird Deutsch auch in 50 Jahren noch Weltsprache sein?“, lautete die Fragestellung des Essaywettbewerbs, der für deutschsprachige Schüler in Ungarn, Rumänien, der Slowakei und Serbien ausgeschrieben worden war. Siegerin Diana Dehelean, vom Nikolaus-Lenau Lyzeum in Timisoara (Rumänien) und las vor der Preisverleihung ihren Text vor. „Die deutsche Sprache ist nach meiner Mutter meine älteste Freundin, die mir immer nah gewesen ist und die mir Hoffnung und Kraft geschenkt hat“. Es sei „bemerkenswert, wie der deutsche Staat seine Sprache und Kultur bis ans Ende der Welt fördert und unterstützt.“ Am Ende der Konferenz wurde klar, dass Sprache, Heimat und Integration miteinander verwoben seien. Der Schutz von Minderheiten gehe mit dem Schutz ihrer Sprache und Kultur einher. Es sei wichtig, dass sich Studierende und junge Menschen allgemein mit diesen Fragen auch in einem wissenschaftlichen Rahmen auseinandersetzen und die Bedeutung dieser Themen für ihr eigenes Leben begreifen würden. Martin Mosebach formuliert es am Ende seines Vortrags anders. „Meine Heimat ist nicht Deutschland“, sagt er. „Sondern die deutsche Sprache.“

Text: Laura Worsch

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„Europa braucht eine gemeinsame Zukunft“ - Gespräch mit dem Ministerpräsidenten a. D. Bernhard Vogel (Budapester Zeitung, 08. Oktober 2016

„Das Deutsche steht in Rumänien hoch im Kurs“ - Gespräch mit Benjamin Józsa, dem Geschäftsführer des Demokratischen Forums der Deutschen in Rumänien (DFDR) (Budapester Zeitung, 24. Oktober 2016)

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