Zur internationalen Konferenz über Europa und die Zukunft der liberalen Weltordnung, die vom Zentrum für Diplomatie der AUB konzipiert worden war, trafen sich Persönlichkeiten aus Politik und Wissenschaft vom 21. bis zum 23. November in Budapest.
Den offiziellen Teil der Konferenz eröffnete am Montagmorgen der Rektor der Andrássy Universität, Prof. Dr. Zoltán Tibor Pállinger, der erfreut auf das 20-jährige Bestehen der Universität hinwies, woraufhin Kai Gläser stellvertretend für das Europa-Büro der Konrad-Adenauer-Stiftung einige einleitende Grußworte vortrug.
In seinem Einführungsvortrag hob Dr. Heinrich Kreft, Leiter des Lehrstuhls für Diplomatie II an der Andrássy Universität, die wichtigsten Elemente einer liberalen Weltordnung hervor. Dieses sog. “Triangle of Peace” bestehe aus der liberalen Demokratie als politischem Leitbild, wirtschaftlicher Zusammenarbeit im Rahmen offener Volkswirtschaften sowie institutionalisiertem Multilateralismus im Rahmen einer regelbasierten Ordnung. Heutzutage sei die liberale Weltordnung durch den Aufstieg autoritärer Mächte und durch das Aufkommen illiberaler politischer Kräfte innerhalb westlicher Demokratien in Gefahr („illiberales Moment“). Professor John Ikenberry von der Princeton University beschrieb in seinem Grundsatzreferat die historischen Grundzüge der liberalen Weltordnung und die aktuellen Herausforderungen aus amerikanischer Perspektive. Die Aufgabe „to make the World safe for democracy“ sei heute sicherlich schwerer als noch vor einigen Jahren und erfordere einen Schulterschluss des „demokratischen Westens“
Dr. Christoph Heusgen (Professor an der Universität St. Gallen, ehemaliger Ständiger Vertreter Deutschlands bei den Vereinten Nationen und langjähriger Berater von Bundeskanzlerin Merkel), führte aus, dass sich Europa zu sehr auf seine inneren Angelegenheiten konzentriere und seine Kohärenz auf globaler Ebene verstärken müsse, um so eine auf Frieden basierende Weltordnung zu erhalten.
Die in Präsenz, bzw. per Zoom Vortragenden versuchten im Rahmen ihrer Vorträge und der jeweils anschließenden Diskussionen Antworten auf die Frage zu finden: Was kann bzw. sollte Europa - in Zusammenarbeit mit seinen Partnern - tun, um zur Erhaltung und Weiterentwicklung der liberalen Weltordnung beizutragen?
Die Antworten darauf fielen durchaus unterschiedlich aus. Während ein Teil der Vortragenden die Ansicht vertrat, dass Europa eine bedeutende Rolle bei der Aufrechterhaltung der liberalen Ordnung und der Förderung von Demokratie weltweit spielen solle, waren andere wiederum der Meinung, Europa solle sich nicht in die inneren Angelegenheiten anderer Länder und Regionen einmischen und sich lieber auf seine internen Herausforderungen konzentrieren.
Besonders deutlich wurde Letzteres in den Beiträgen der Teilnehmenden aus Singapur, Russland und China. Der ehemalige Vizeaußenminister Singapurs und jetzige Leiter des Nahost-Instituts an der National University of Singapore., Bilahari Kausikan, gab die Perspektive vieler südostasiatischer Staaten wieder. So solle Europa akzeptieren, dass es unterschiedliche Vorstellungen von einer liberalen Ordnung gebe. Singapur teile die wirtschaftliche Komponente der liberalen Ordnung, nicht jedoch alle politischen. Im Gegensatz dazu sei Indien zwar eine liberale Demokratie, aber seine Wirtschaft sei deutlich weniger liberal.
Associate Professor für Diplomatie Dr. Vladimir Morozov von der MGIMO-Universität in Moskau, die zum russischen Außenministerium gehört, präsentierte die Perspektive Russlands. Für Russland seien die Themen Demokratie, Menschenrechte und Freiheit rein innerstaatliche Angelegenheiten und kein Thema für einen Dialog mit der EU. Morozov wies auch darauf hin, dass der Liberalismus selbst eine Reihe von Widersprüchen aufweise, wie etwa die Akzeptanz großer materieller Ungleichheiten innerhalb der Gesellschaften, und dass liberalistische Ideen oft auf die Spitze getrieben würden. Prof. Dr. Lanxin Xiang vom Hochschulinstitut für internationale Studien und Entwicklung in Genf und der Universität von Schanghai wies unter Bezugnahme auf den Standpunkt Chinas darauf hin, dass die Hauptbedrohung für die liberale Weltordnung in der westlichen Welt selbst liege und nicht außerhalb, weshalb der Westen dieses Problem in erster Linie intern angehen müsse.
Einen anderen Blick auf die Rolle Europas bei der Aufrechterhaltung einer liberalen Weltordnung boten die Redner aus Südafrika, Indien und Japan. Der Direktor der in Johannesburg ansässigen Brenthurst Foundation, Dr. Greg Mills, stellte auf der Konferenz die Perspektive des afrikanischen Kontinents dar. Mills wies auf die Bedeutung des Zusammenhangs von wirtschaftlicher Entwicklung und liberal-demokratischer Ordnung hin. Durch die Unterstützung autochthoner Entwicklung unterstütze man auch die Transformation zu demokratischen Staaten. Prof. Iwama Yoko, Professorin am National Graduate Institute for Policy Studies in Tokio, erläuterte den Standpunkt Japans und betonte insbesondere die Bedeutung einer wertebasierten Außenpolitik, die Japan seit der Machtübernahme durch Shinzo Abe verfolge, und betonte, dass Japan seit langem Europa beobachte und von ihm gelernt habe. Europa verliere aber aufgrund seiner internen Probleme, u.a. durch den Aufstieg von rechtsgerichteten Populismus zunehmend an Attraktivität. Auch der Professor am Zentrum für Politikforschung in New Dehli, Prof. Dr. Brahma Chellaney vertrat die Ansicht, dass Europa seine Problem lösen und die Partnerschaft zwischen Indien und Europa neu aufgebaut und neue Institutionen geschaffen werden müssen. Gemeinsam könne man einen Beitrag zur Erhaltung der liberalen Weltordnung leisten.
Neben der Präsentation regionaler Perspektiven zum Thema der Veranstaltung zeichnete sich die Konferenz durch eine lebhafte Diskussion über Erhalt, Status und Herausforderungen der liberalen Weltordnung sowie über den Zusammenhalt Europas und des Westens sowie über die deutsche Außenpolitik.
Eldaniz GUSSEINOV; Schilan STACH
Die Veranstaltung wurde mit Unterstützung des Europabüros der Konrad-Adenauer-Stiftung in Brüssel organisiert.
Die Veranstaltung wurde aufgezeichnet und ist hier erreichbar: