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CEU Insight
Rundtischgespräch mit Studierenden und MitarbeiterInnen der Central European University.

Anlässlich der Anfang April 2017 in Kraft getretenen sogenannten „Lex CEU“ luden die Studierendenschaft und WissenschaftlerInnen aus dem akademischen Mittelbau der Andrássy Universität Budapest (AUB) Studierende und MitarbeiterInnen der CEU zu einem Rundtischgespräch ein, um etwas mehr Licht in das Dunkel der aktuellen Entwicklungen zu bringen. Drei Studierende und zwei MitarbeiterInnen der CEU standen am Abend des 09. Mai 2017 unter der Moderation von Lukas Knopp (Vorsitzender der Studierendenschaft der AUB) und Dr. Christina Griessler (wissenschaftliche Mitarbeiterin für das Netzwerk Politische Kommunikation an der AUB) den über 30 Gästen der Veranstaltung Rede und Antwort.

Zu Beginn des Rundtischgesprächs gab Lukas Knopp einen Überblick über die Entwicklungen der vergangenen Wochen. In der anschließenden ersten Gesprächsrunde brachten die Podiumsgäste zum Ausdruck, wie sie die Entwicklungen um die „Lex CEU“ erlebt hatten. Alle fünf betonten, wie überrascht und schockiert sie von der Gesetzesnovelle gewesen seien und dass sie mit dieser Entwicklung – trotz problematischer Entwicklungen in den Bereichen Medienfreiheit und Rechtsstaatlichkeit und trotz des Aufbauens von George Soros als Feindbild – nicht gerechnet hätten. Für die Ungarin Ágnes Leyrer, die 2014 für eine Anstellung an der CEU aus dem Ausland nach Budapest zurückgekommen war, bedeuten die aktuellen Entwicklungen einen starken Einschnitt: „Being Hungarian in Hungary is not easy because you understand the news. I always felt that CEU was an island of democracy, a bubble – and now I’m having the feeling the bubble is bursting.”

Nach dieser ersten, eher persönlichen Runde, eröffnete Christina Griessler die inhaltliche Auseinandersetzung mit der Frage nach George Soros’ Einfluss auf die CEU. Da in den ungarischen Medien die CEU in der Regel als „Soros-Universität“ bezeichnet werde, interessiere sie, so Griessler, welchen Einfluss Soros tatsächlich auf die CEU habe. Ágnes Leyrer führte aus, dass Soros der Gründer der Universität sei, aber aktuell weder Einfluss auf die Finanzierung noch auf die Strategie und die operative Leitung der Universität habe. Die CEU werde über ihr „endowment“ finanziert. Für die Leitung sei, so Robert Sata, das „board of trustees“ verantwortlich, in dem, wie Ágnes Leyrer ausführte, Soros lediglich Ehrenmitglied sei. Da Soros keine Entscheidungskompetenzen in Bezug auf den Alltagsbetrieb der CEU habe, sei die Regierung, wolle sie Soros attackieren, bei der CEU an der komplett falschen Adresse, so Leyrer. Chris Wendt drückte einerseits seine Enttäuschung darüber aus, dass westliche Medien den Begriff „Soros-Universität“ zum Teil unreflektiert übernommen hätten – und meinte zugleich: „All press is good press. There is no such thing as bad press.“

Im Folgenden konzentrierte sich das Gespräch auf die Frage, welche Unterstützung bzw. welche kritischen Rückmeldungen die Podiumsgäste als CEU-Angehörige bisher erfahren hatten. Während alle fünf von großer Unterstützung berichteten und ihren Dank für diese zum Ausdruck brachten, wurde zugleich eine für die Podiumsgäste irritierende Entwicklung deutlich. Einige Personen aus dem Bekanntenkreis der CEU-Angehörigen hätten zwar ihre persönliche Unterstützung ausgedrückt, seien jedoch nicht bereit gewesen, dies öffentlich zu tun – aus Angst vor etwaigen negativen Konsequenzen. „This intimidation culture reminds me of the socialist times my parents lived in”, so Alexandra Medzibrodszky. Gáspár Békés brachte das besagte Verhalten mit dem ungarischen Schulsystem in Verbindung. Den SchülerInnen werde dort nach wie vor nicht beigebracht, kritisch zu denken, sondern gehorsam zu sein.

Im nächsten Schritt gingen die ModeratorInnen auf das von der ungarischen Regierung regelmäßig vorgebrachte Argument ein, die CEU genieße Privilegien und hätte einen unfairen Wettbewerbsvorteil gegenüber ungarischen Universitäten, bspw. weil sie zugleich amerikanische und ungarische Diplome vergeben könne. Leyrer betonte, dass es keine Privilegien gebe und dass alle Studienprogramme der CEU ordnungsgemäß akkreditiert seien. Das Modell, dass eine in den USA akkreditierte Universität im Ausland amerikanische Diplome vergebe, sei völlig normal und international üblich. Pikanterweise studiere die Tochter von Staatspräsident János Áder auf einer nach exakt diesem Modell funktionierenden Universität – der British-American Richmond University in London. Auch die Tochter von Ministerpräsident Viktor Orbán habe auf einer nach diesem Modell arbeitenden Universität in der Schweiz studiert. Gáspár Békés stellte heraus, dass es allen ungarischen Universitäten freistünde, internationale Kooperationen einzugehen und ähnliche Programme anzubieten und dass die ungarische Regierung besser beraten wäre, die Möglichkeiten der Wissenschaft nicht einzuschränken, sondern zu fördern – bspw. durch eine Erhöhung der Mittel für die Hochschulbildung.

Zum Abschluss der Diskussion wurde die Perspektive durch eine Wortmeldung aus dem Publikum erweitert: Die aktuellen Entwicklungen seien nicht nur unter Berücksichtigung der CEU zu betrachten, sondern in Bezug auf die ungarische Hochschullandschaft als solche. Es sei davon auszugehen, dass Ungarn als Wissenschaftsstandort massiven Schaden davontragen werde, da der Ruf Ungarns momentan sehr leide. Bspw. könnte der Fall eintreten, dass ungarische WissenschaftlerInnen zukünftig seltener auf wissenschaftliche Konferenzen im Ausland eingeladen würden. Es bleibe nur zu hoffen, dass die ungarische Regierung zur Vernunft komme und die aktuelle Gesetzgebung ändere. Eine Hoffnung, die die Podiumsgäste und das Publikum einhellig teilten.

Auf dem Panel saßen:

Chris Wendt (MA-Student, Geschichtswissenschaft; aus den USA)

Gáspár Békés (MA-Student, Umweltwissenschaft; aus Ungarn)

Alexandra Medzibrodszky (PhD-Student, Geschichtswissenschaft; aus Ungarn)

Ágnes Leyrer (Academic Cooperations Officer; aus Ungarn)

Robert Sata, PhD (Research Fellow / Special Projects Officer, Department of Political Science; Ungar aus Rumänien)

 

Text: Tim Kraski

Dieser Artikel erschien auch in der Budapester Zeitung (BZ Magazin Nr. 19 / 2017, S. 6-7).

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