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Brüche – Kontinuitäten – Konstruktionen: Mitteleuropäische Gesellschaften im 20. Jahrhundert
Fakultät für Mitteleuropäische Studien
5. Internationale DoktorandInnentagung

Das Doktoratskolleg der Fakultät für Mitteleuropäische Studien an der AUB organisierte die fünfte internationale DoktorandInnentagung vom 18. bis 19. Mai 2016 zum Thema „Brüche – Kontinuitäten – Konstruktionen: Mitteleuropäische Gesellschaften im 20. Jahrhundert“, bei der DoktorandInnen und NachwuchswissenschaftlerInnen aus Deutschland, Österreich und Ungarn mit etablierten WissenschaftlerInnen diskutieren, ihre eigenen methodischen und theoretischen Zugänge vorstellen und sich untereinander austauschen konnten.

Die Tagung wurde durch AUB-Rektor András Masát eröffnet, gefolgt von Grußworten von Ellen Bos, Leiterin der Doktorschule, und der Organisatoren Réka Szentivány und Béla Teleky. Georg Kastner, Dekan der Fakultät für Mitteleuropäische Studien, erläuterte in seinem Eröffnungsvortrag unterschiedliche Brüche und Kontinuitäten in der (mittel-)europäischen Zeitgeschichte. Angefangen mit dem Tod Kaiser Franz-Josephs 1916 und dem damit einhergehenden Bruch in der Herrschaftspraxis seien unterschiedliche biographische Brüche durch den Zerfall der Habsburgermonarchie ausgelöst worden: Der habsburgische Kulturraum habe aber bis lange nach 1945 weitergewirkt, hob Kastner hervor. Thematisch arbeitete er in der Folge an den Beispielen der Kontinuität des Antisemitismus im mitteleuropäischen Raum, der attestierten Wende in den individuellen Einstellungen zu Krieg und Gewalt um die 68er-Generation sowie der definitorischen Auseinandersetzung mit der Frage „Was ist Deutschland?“ im Zeitverlauf die für die Tagung grundlegende Prämisse heraus, dass die Definition eines Bruches oder einer Kontinuität vordergründig immer eine Frage der wissenschaftlichen Perspektive bleibt.

Im anschließenden ersten Panel zum Thema „Vom Reich zur Republik. Neue Forschungen zur Geschichte Österreichs 1918–1938“ gab Béla Teleky (AUB) Einblicke in seine Forschung zu den Auswirkungen des Zerfalls der Habsburgermonarchie auf das jeweilige wirtschaftliche Gefüge Österreichs und Ungarns. Er betonte die sozioökonomischen Herausforderungen, die dieser Bruch mit sich gebracht habe und zeigte, wie durch die Etablierung von Handelspartnerschaften gewisse Kontinuitäten im wirtschaftlichen Raum bestehen geblieben seien. Maximilian Herchen (Universität Rostock) und Hanno Rebhan (Universität Wien) legten in ihren jeweiligen Vorträgen den Fokus auf das innenpolitische Spektrum Österreichs in der Ersten Republik. Herchen untersuchte die Festkultur der politischen Lager und zeigte anhand einer Gegenüberstellung von sozialdemokratischen Maifeiern und traditionell christlich-sozialen Fronleichnamsfeierlichkeiten, dass Feste dieser Art Austragungsorte aber auch Zeichen des hegemonialen Machtkampfes der politischen Lager gewesen seien. Betonter definitorisch arbeitete Rebhan in seiner Untersuchung des Demokratieverständnisses der österreichischen Parteien in der Zwischenkriegszeit und hob die unterschiedlichen ideologischen Grundlagen und Repräsentationsformen der einzelnen, sich selbst als demokratisch bezeichnenden Parteien hervor.

Das zweite Panel der Tagung legte einen geographischen Fokus auf das Karpatenbecken und zeigte verschiedene Aspekte des Lebens deutscher Minderheiten. Béata Markus (AUB) referierte über die Verfolgung bzw. den Umgang mit deutschen Minderheiten in Ungarn im und nach dem 2. Weltkrieg. Sie präsentierte ihre Erkenntnisse zum „rechtswidrigen Experiment“ des Lagers Mohács, welches sie im Hinblick auf die Umstände und den zeitlichen Kontext der Entstehung sowie bezüglich der Nutzung und der Zugehörigkeit(en) der Insassen selbst als atypischen Sonderfall präsentierte. János Bednárik (Ungarische Akademie der Wissenschaften) fokussierte sich in seinem Beitrag auf die Tradierung ungarndeutscher Identität(en) im Kontext kollektiver (familiärer) Vertreibungserfahrungen. Er arbeitete in seinem Vortrag verschiedene Medien dieser identitären Vermittlung – Symbole, Feierlichkeiten, Vereine etc. – heraus, die auf den verschiedenen generationalen Ebenen unterschiedlich stark rezipiert bzw. angenommen werden würden. Der Vortrag von Melinda Marinka (Universität Debrecen) konzentrierte sich ebenfalls auf Aspekte der Identitätsbildung, lege den Schwerpunkt aber auf die Gruppe der Sathmarer Schwaben im Übergang vom 20. zum 21. Jahrhundert.

Zu „Aspekte der Entwicklung Ungarns nach 1989“ referierten Daniela Neubacher (AUB) und Réka Szentiványi (AUB) im letzten Panel des ersten Tages. Neubacher betrachtete in ihrem „Denkmodell: Mitteleuropa von unten“ zivilgesellschaftliche Transnationalisierungstendenzen ab den 1980er Jahren, die ihrem ersten Befund zur Folge nicht zu einer langfristigen Herausbildung eines (neuen) mitteleuropäischen Zusammengehörigkeitsgefühls führten. Szentiványi legte in ihrem Beitrag das Augenmerk auf „Konstruktionen in der ungarischen politischen Rhetorik“ am Beispiel der Reden zum Nationalfeiertag (15. März) und betonte die aus ihren Analysen hervorgehende Tendenz, bestimmte historische Narrative zur Legitimation der jeweils eigenen politischen Handlungen und Positionen zu instrumentalisieren. Dem akademischen Programm des ersten Tages folgte am Abend eine Führung von Ursula Mindler-Steiner (AUB/Universität Graz) durch das „Jüdische Budapest“.

Im ersten Panel des zweiten Tages behandelte Lisbeth Matzer (AUB) das Verhältnis zwischen dem Erziehungsanspruch der steirischen Hitlerjugend und der individuellen Erinnerung an die jeweils eigene Zeit in der NS-Jugendorganisation. Nikolas Lelle (HU Berlin) referierte über den Topos „Deutsche Arbeit“ und dessen Ausformung sowie Instrumentalisierung durch Adolf Hitler und die NSDAP. Dabei hob er zum einen die Rolle dieses Konstruktes zur Definition des Kollektivs der „Volksgemeinschaft“ sowie zur Steigerung der individuellen Einsatzbereitschaft im Krieg hervor und erarbeitete zum anderen auch dessen Nachwirkungen – oder Kontinuitäten – nach 1945 am Beispiel des „Harzburger Modells“. Ina Markova (Universität Wien) zeigte mit ihrem Vortrag über „Visuelle Repräsentationen des Zweiten Weltkriegs in österreichischen Geschichtsschulbüchern 1945–2010“ verschiedene Phasen in der inhaltlichen und visuellen Gestaltung und Schwerpunktsetzung von historischen Schulbüchern sowie deren (gesellschafts-)politische Verankerung auf. Sie betonte, dass sich für die Zeit des Nationalsozialismus bis heute (noch) kein einheitlicher, repräsentativer Bilderkanon etablieren habe können.

Architektur- und Kunstgeschichte standen im fünften Panel im Vordergrund. Silke Kropf (AUB) stellte unter dem Titel „Affe tot. Bude zu“ Brüche und Kontinuitäten in (beruflichen) Biographien von Architekten des „Neuen Bauens“ in den Mittelpunkt. Sie zeigte auf, dass für ungarische Protagonisten der anglikanische Raum bzw. die Auswanderung generell zu einer Art Hoffnungsträger geworden sei. Die Biographie des Kunsthistorikers Jenö Lányi wurde von Martina Medolago (AUB) in Zusammenhang mit der Tradition der Wiener Schule der Kunstgeschichte in den Fokus gerückt. Neben verschiedenen biographischen Umbruchsphasen – zum Beispiel 1938 bedingt durch seine Flucht vor dem NS-Regime nach London – hob sie seine fortschrittliche fotografische Vermittlungs- und Forschungsarbeit hervor. Rainer Schmitz (TU Darmstadt) und Johanna Söhnigen (Universität der Künste Berlin) zeigten anhand der architektonischen Analyse der Berliner Olympiastadien von Otto March (Vater) 1916 sowie von Werner und Walter March (Söhne) 1936, wie sich die zur jeweiligen Zeit dominanten Diskurse zur nationalen Identität in der repräsentativen Architektur manifestiert haben.

Im abschließenden Panel zu „Antisemitischen Gemeinschaftskonstruktionen in der späten Habsburgermonarchie“ sprach Susanne Korbel (AUB) über aktuelle Forschungen im Bereich der Populärkultur in den Jüdischen Studien und fokussierte ihren Vortrag auf das Sujet des „kleinen Kohn“. Dabei zeigte sie die Widerspiegelung gesellschaftlicher Machtverhältnisse in populärkulturellen Produktionen und betonte die Mehrdeutigkeit dieser beziehungsweise deren verschiedene Lesarten. Der letzte Beitrag von Thomas Stoppacher (Universität Graz) behandelte die Frage, wie sich die Radikalisierung des Antisemitismus von 1917 bis 1919 in den Protokollen des Reichsrats widerspiegelte. Als Tendenz im politischen Diskurs zeigte Stoppacher anhand von Reichsratsreden die vehementen antisemtischen Denunziationen, die zur Abgrenzung und Definition des jeweils „Eigenen“ genutzt worden seien.

Die einzelnen KommentatorInnen der Panels – Richard Lein (AUB), Gerhard Seewann (AUB), Ellen Bos (AUB), Ursula Mindler-Steiner (AUB), Tibor Szabó (ÖAW/AUB) und Louise Hecht (Palacký-Universität Olmütz) warfen zusammen mit der Darstellung des jeweiligen Forschungsstandes Fragen auf, die den NachwuchswissenschaftlerInnen neue Betrachtungsweisen aufzeigten. Sie konstatierten auch durchwegs, dass die Teilnehmenden mit ihren Arbeiten den Topos des „ausgeforscht-Seins“ (Richard Lein) zumindest in Bezug auf die behandelten Themenfelder widerlegten würden.

Text: Lisbeth Matzer

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