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Hírek

Brexit: Britischer Parlamentarismus im Wandel
Studiengang "Internationale Beziehungen"
Carl-Lutz-Vortrag

Prof. Dr. Jürg Martin Gabriel, ehemaliger Professor der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich, hielt am 6. November 2019 einen Carl-Lutz-Vortrag über „Brexit: Britischer Parlamentarismus im Wandel“. Die Veranstaltung wurde von Zoltán Tibor Pállinger und der Schweizerischen Botschaft Budapest an der Andrássy Universität organisiert.

Ziel von Gabriel war es, aus politikwissenschaftlicher Sicht zu analysieren, wie der klassische britische Parlamentarismus aufgrund des Brexits unter Druck geraten war. Dabei sollten ausgehend vom Souveränitätskonzept und dem britischen Wahlrecht mögliche Brexit-Strategien analysiert werden.

Im ersten Teil des Vortrags legte Gabriel dar, dass die Frage der Souveränität (verstanden als Letztinstanzlichkeit) den Kern von Brexit darstelle. Diese bestimme, wer das letzte Wort in Grossbritannien habe. Gabriel hielt fest, dass Souveränität sowohl eine innere als auch eine äussere Dimension habe, welche auch die Frage des Verhältnisses Grossbritanniens zur Europäischen Union betreffe. Heute stehe die Frage im Zentrum, wie Hoheitsrechte (Souveränität) auf unterschiedliche Herrschaftsebenen aufgeteilt werden sollen, um die Bedürfnisse der Bevölkerung optimal erfüllen zu können.

In Grossbritannien vollziehe sich langsam eine Verschiebung von der Parlamentssouveränität zur Volkssouveränität. Das britische politische System beruhe auf einem Zweiparteiensystem. Aufgrund des Prinzips „The winner takes it all“ erwerbe die Siegerpartei die Herrschaftsbefugnis (Gesetzgebung und Durchführung), welche allerdings durch „Checks and Balances“ eingeschränkt werde. In einem solchen System stellen Koalitionen einen Sonderfall dar. Innerhalb der grossen Parteien wird der Vorschlag zu einer Koalitionsregierung fast als „Verrat an der eigenen Partei“ angesehen.

Im zweiten Teil des Vortrags wurden von Gabriel mögliche Brexit-Strategien erörtert. Der Austritt aus der EU habe zwei Stufen: Die erste Stufe sei der Scheidungsvertrag, der auch den sog. „backstop“ (Schutz des EU-Binnenmarktes) beinhaltete. Die zweite Stufe betreffe die britische Zukunftsbeziehung mit der EU.

Die Auseinandersetzungen um den Austritt aus der EU hätten Spaltungen im britischen politischen Leben verursacht, sodass sich die Parteien in vier Lager spalteten (linke Brexiteers, rechte Brexiteers, sozialistische Anti-Brexiteers, konservative Anti-Brexiteers). Das Kernproblem sei, dass Volksabstimmungen in Grossbritannien im Grunde genommen systemwidrig sind: Durch das Referendum sei ein Element der Volkssouveränität eingeführt und damit der Parlamentarismus geschwächt worden. Dieses Dilemma müsse aufgelöst werden: Theresa May wollte die Parteidisziplin durch Wahlen und später im Parlament wiederherstellen. Boris Johnson wollte die Disziplin durch Erzwingung und Drohungen renovieren. Er versprach zuerst „no deal“, dann „new deal“, er benutzte auch harte und illegale Mittel, aber er verlor die Auseinandersetzungen und geriet damit in die Minderheit. Dabei seien Minderheitsregierungen in Grossbritannien systemwidrig. Auch Johnson konnte die Lösung nicht definitiv herbeiführen. Der Brexit wurde bis zum 31. Januar 2020 verlängert. Die Hoffnung sei, dass die Wahlen vom Dezember 2019 die Pattsituation auflösen können, damit der britische Parlamentarismus seine Funktionsfähigkeit wieder erlangt.

Anastasiia HRAUR, Noémi VARRÓ

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