Die Auswahl der Bücherspende fiel in diesem Jahr auf L’HOMME. Europäische Zeitschrift für feministische Geschichtsforschung. Anlässlich der feierlichen Übergabe der diesjährigen Bücherspende durch den Alumni-Verein der AUB, vertreten durch Martin Wodraschke, bereitete eine kleine Gruppe von Studierenden und Doktorandinnen eine künstlerische sowie inhaltliche Einführung zum Thema vor.
Aus diesem Anlass wurde eine kleine Ausstellung unter dem Titel „Ohne Frauen ist es nur die halbe Geschichte“ gestaltet. Auf sechs Schautafeln wurden Motive der europäischen Geschichte des 20. Jahrhunderts ausgewählt (Budapest 1956, Prag 1968, Berlin 1989 u.a.) und jeweils die weiblichen Akteure aus den Zeitdokumenten entfernt. Durch diese Lücken wurde besondere Aufmerksam auf deren Bedeutung gelenkt, die allzu häufig – auch in der Fachliteratur – eine Randerscheinung bleibt. Durch die Ausstellung wurde darauf aufmerksam gemacht, dass gerade die Domäne der „Straßenpolitik“, wesentlich von Frauen mitgestaltet wurde. Die Bilder mit den ergänzenden Begleittexten sind noch bis 27. März 2015 in der Kossutheria zu sehen.
Die feierliche Übergabe wurde auch dafür genutzt, um inhaltliche Aspekte der Zeitschrift vorzustellen und auf ihren Mehrwert in den Beständen der AUB-Bibliothek hinzuweisen. In Kurzbeiträgen stellten Katharina Haberkorn, Daniela Javorics und Judith Wolffram persönliche Zugänge, die Zeitschrift selbst sowie wichtige Fragestellungen daraus vor.
Einleitend stand die Feststellung, dass Geschichte noch immer weitgehend eine Angelegenheit von Männern sei. Die wenigen Frauen, die vorkamen, wurden in klischeehaften Rollen dargestellt: Jungfrau, Mutter, Femme fatale oder ihre Weiblichkeit wurde überhaupt in Frage gestellt (M. Thatcher). Das erfordert den Blick nach der „anderen Seite“ der Gesellschaft geradezu. Nicht nur die herausragenden Frauenfiguren der europäischen Dynastien oder der internationalen Politik, sondern auch alltäglichen Bereiche sozialer Interaktion sollen Erwähnung finden.
„Die Revolution frisst ihre Kinder“, sagt man (nach Pierre Vergniaud) seit der Französischen Revolution. „Die Revolution vergisst ihre Frauen“, sagte Judith Wolframm zum Ende ihres Beitrags. Das heißt nicht, dass sogenannte Frauenthemen (Gewalt, Prostitution, Armut, Familie) stärker hervorgehoben werden sollen, es heißt vielmehr, dass wir Geschlechter als Konstrukte in gesellschaftlichen Zusammenhängen wahrnehmen und auch besprechen sollten. Geschlechtergeschichte ist Gesellschaftsgeschichte. Es muss möglich sein, verschiedene Konzepte von Männlichkeiten und Weiblichkeiten in Beziehung zu anderen historischen Kategorien zu fassen. Der Blick auf die Frauen – und wenn nötig auch mit einem provokanten Titel – will Aufmerksamkeit auf ganzheitliche gesellschaftliche Entwicklungen und relationale Zusammenhänge lenken. „Im Glücksfall verändert sich damit die Perspektive auf das moderne Europa ein wenig.“ (H. Rosenstrauch).
Die Zeitschrift L’HOMME feierte jüngst ihr 25jähriges Bestehen und überzeugt mit einer Vielzahl von Themen. Mit dem Jahresabonnement kann ein Einblick in verschiedene Bereiche gewonnen werden, welcher Forschungsarbeiten bereichern kann. Elisabath Bán nahm als studentische Vertreterin der Bibliothekskommission die Bücherspende entgegen.
Text: Katharina Haberkorn