Zum Beginn der Veranstaltung begrüßten die Prorektorin für Forschung und wissenschaftlichen Nachwuchs der AUB, Prof. Dr. Ellen Bos, sowie der Präsident von EURAC Research, Prof. Dr. Roland Psenner, die Teilnehmenden des dreitätigen Kolloquiums. Anschließend richtete Prof. Dr. Paul Videsott von der Freien Universität Bozen sein Grußwort an die Zuhörenden.
In der ersten Hälfte des IDK hatten die DoktorandInnen die Gelegenheit, im traditionellen Ph.D.-Workshop ihre Promotionsprojekte zur Diskussion zu stellen. Dieses Mal nahmen zehn DoktorandInnen diese Gelegenheit wahr: Als erste präsentierte Christiane Kittner, Doktorandin im Teilprogramm Rechtswissenschaft, ihr Projekt „Europarechtskonformität der Neuregelung der Wegzugsbesteuerung des § 6 AStG durch das ATAD-Umsetzungsgesetz“. Danach stellte Anastasiia Hraur, Doktorandin im Teilprogramm Politikwissenschaft, ihr Projekt „Die Entwicklung eines eigenständiges Sicherheitskonzepts in der Ukraine seit der Unabhängigkeit“ vor. Anschließend sprach Alina Alexenko, Doktorandin im Teilprogramm Wirtschaftswissenschaften, über ihr Projekt „Private Global Governance? Demokratietheoretische Begründungen, praktische Umsetzungsformen und Evaluierung bisheriger Erfahrungen in den Bereichen Accounting und Internet“. Es folgte der Vortrag von Sahin Göksu, Doktorand im Teilprogramm Politikwissenschaft, der über sein Projekt „Die Politik der Türkei gegenüber den turksprachigen Minderheiten Südosteuropas“ berichtete.
Danach wurden weitere Projekte aus dem Teilprogramm Wirtschaftswissenschaft vorgestellt. Malte Lorenz stellte sein Projekt „Ein Reifegradmodell für Smart Cities -Entwicklung eines modularen Ansatzes zur Analyse des digitalen Transformationsprozesses im Kontext regionalen Standortwettbewerbs“ vor, Adrian Ade sein Projekt „Auswirkungen sozio-emotionalen Reichtums auf den strategischen Managementprozess - Besonderheiten im Management von Familienunternehmen“. Anschließend berichtete Andreas Höhn über sein Projekt „Post-Corona Strategien für Handel und Kulturwirtschaft“, sowie Eduard Bossauer über sein Projekt „Asymmetric information in private capital markets”. Schließlich präsentierte Selina Somogyi ihr Projekt „Die Implementierung digitaler Lehr-Lern-Umfelder in Deutschland: Eine perspektivorientierte ökonomische Analyse unter besonderer Berücksichtigung des Kompetenzbegriffs“, und Moritz Wehking sprach über sein Projekt „Die Veränderung der Investitionsstrategie von deutschen Small- und Midcap Risikokapitalinvestoren im Zuge von Covid-19“. In den den Präsentationen folgenden lebhaften Diskussionen ergaben sich in dem interdisziplinären Kontext auch interessante Verknüpfungen zwischen den einzelnen Dissertationsprojekten und Forschungsthemen.
Am zweiten und dritten Tag des IDK standen eine Reihe von Impulsvorträgen zum Rahmenthema des IDK im Mittelpunkt. Zunächst sprach Botschafter Dr. Heinrich Kreft, der an der AUB den Lehrstuhl für Diplomatie II leitet, über die „Rolle der Diplomatie im Krieg“. Die These „Herrscht Krieg, dann hat die Diplomatie versagt“, stand am Ausgangspunkte seiner Überlegungen. Er betonte, dass sich die diplomatischen Bemühungen zur Beendigung eines Konflikts sehr lange hinziehen können und zeigte die vielfältigen diplomatischen Bemühungen im Vorfeld des russischen Angriffs auf die Ukraine und nach Ausbruch des Krieges auf. Im Hinblick auf die Rolle der Diplomatie betonte er, dass diese wenig Chancen hat, solange eine Seite die Chance sieht, aus dem Krieg als Sieger hervorzugehen. Es folgte der Vortrag von Sergiu Florian Constantin, Senior Researcher am Institut für Minderheitenrecht an der EURAC Research, zum Thema „The complex interplay between ethnicity and language in Ukraine an the impact of the war“. Er beleuchtete das komplexe Wechselspiel zwischen Ethnizität und Sprache in der Ukraine und die Auswirkungen des dortigen Krieges auf die nationalen Minderheiten. Weiter ging er auf den komplexen regionalen geopolitischen Kontext des Konflikts ein, den er als Wechselspiel zwischen sowjetischem Erbe, Nationenbildungsprozessen und russischem Imperialismus beschrieb. Der dritte Impulsvortrag von Prof. Dr. Jens Woelk, Universität Trient und EURAC Research, behandelte das Thema „Die Rolle Russlands und die Auswirkungen des Ukrainekriegs auf den Balkan“. Woelk ging insbesondere auf die engen Verbindungen zwischen Russland und Serbien ein. Eine besondere Spannung ergebe sich aus der EU-Beitrittsperspektive für die Länder des Westbalkans.
Den vierten Impulsvortrag hielt Cuno Jakob Tarfusser, der von 2009 bis 2019 Richter am Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag war, zum Thema „Der Internationale Strafgerichtshof und der Krieg in der Ukraine: Möglichkeiten und Grenzen“. Er behandelte zunächst die Entstehung und Arbeitsweise des Internationalen Strafgerichtshofs, um vor diesem Hintergrund die begrenzten Handlungsmöglichkeiten des ICC und die besonderen Schwierigkeiten bei der Verfolgung der in der Ukraine verübten Verbrechen aufzuzeigen. Hier wies er insbesondere auf die großen Risiken hin, die mit Ermittlungen in einem laufenden Konfliktfall verbunden sind. Außerdem betonte er, dass der ICC von ihm erlassene Haftbefehle nicht selbst umsetzten kann und deshalb immer auf die Kooperation mit der internationalen Staatengemeinschaft angewiesen ist. Am Ende seines Vortrages hob Tarfusser hervor, dass sich das internationale System durch den Krieg in Europa grundlegend verändert hätte und deshalb auch ein juristisches Umdenken und eine Reform der Grundlagen der Tätigkeit des ICC notwendig seien.
Die Reihe der Impulsvorträge wurde von Dr. Georg Grote, Senior Researcher am Institut Minderheitenrecht der EURAC Research, abgeschlossen. Er widmete sich in seinem Vortrag „Historischer Rückblick und Analogie zum 3. Reich“ der Frage, ob es Gemeinsamkeiten zwischen dem aktuellen Krieg in der Ukraine und der Situation in Europa vor dem Zweiten Weltkrieg gibt. Er zeigte auf, dass es eine Reihe von Parallelen und Analogien zwischen der Situation vor dem Zweiten Weltkrieg und der aktuellen Situation gebe. Im Hinblick auf die Politik Putins hob er hervor, dass Putin keine Zukunftsvision besitze, sondern letztlich eine vorgeblich „bessere Vergangenheit“ wieder herstellen wolle. Im Anschluss an seinen Vortrag stellte er kurz das neue Masterprogramm „Master of Science - Federalism and Minority Studies“ vor, das die Universität für Weiterbildung Krems in Kooperation mit der EURAC anbietet.
Am Ende des IDK fand wie immer eine Feedback-Runde statt. Die Teilnehmenden äußerten sich sehr positiv über die Veranstaltung. Die Reihe der Impulsvorträge, die das Rahmenthema aus politischer, diplomatischer, historischer und juristischer Perspektive behandelten und jeweils auf unterschiedliche Aspekte des Kriege in Europa eingingen, hätten ein vertiefteres Verständnis für die Hintergründe des Krieges und seine Konsequenzen sowie die Handlungsoptionen der beteiligten Akteure ermöglicht. Die DoktorandInnen und DozentInnen freuen sich bereits auf das 14. IDK im kommenden Wintersemester und äußerten die Hoffnung, dass es dann wieder in Präsenz stattfinden kann.
Ellen BOS