Karl-Markus Gauß ist eine Ausnahmeerscheinung in der österreichischen Literatur. Seine Bücher führen an die inneren und äußeren Ränder Europas. Bei ihm lernt man Völker kennen, von denen man noch nie gehört hatte; Sprachen, die einem bislang unbekannt waren; und Minderheiten, deren Existenz oder Überleben man nie für möglich gehalten hätte.
Seine Darstellungen sind so aufschlussreich und überzeugend, weil sie auf intensiven Dialogen mit Schriftstellern – Lyrikern, Romanciers, Essayisten, Übersetzern – beruhen. Es ist eine besondere Art der Landes-Kunde, die Gauß betreibt. Literarische Texte werden zu kulturellen Dokumenten; Biografien zu Symbolen und Metaphern für Ethnien und Nationen; Denkmäler zum Ausdruck geheimer Wünsche und Sehnsüchte.
Im Jahr 2022 hat Gauß den Leipziger Buchpreis zur Europäischen Verständigung für sein Buch Unaufhörliche Wanderung (2020) erhalten. Aus Ungarn haben diesen Preis nur Imre Kertész und Péter Nádas erhalten, aus Österreich vor ihm nur Martin Pollack. Bei seinem Besuch in Budapest, den er auch aus Anlass eines Seminars zu seinem Werk an der Andrássy Universität unternimmt, wird er erstens aus diesem Buch lesen, zweitens aus seinem zuletzt erschienen Band, Die Jahreszeiten der Ewigkeit (2022), ein „Journal“, das politische Geschehnisse und persönliche Erfahrungen zusammenführt, und drittens aus einem seiner erfolgreichsten Bücher, Abenteuerliche Reise durch mein Zimmer (2019), in dem seine unmittelbare Privatsphäre zu einer Weltreise wird.
Nach der Lesung steht Karl-Markus Gauß, der auch einer der bekanntesten deutschsprachigen Literaturkritiker ist, für ein Gespräch zur Verfügung, das in einer Zeit, in der Europa signifikant in Bewegung gekommen ist, in jeder Hinsicht fruchtbar sein wird.