Im Rahmen der Ringvorlesung „Wettbewerbsfähigkeit und Bildung“ lud die Fakultät für Internationale Beziehungen am 13.11.2013 zum Vortrag von Dr. Jörg Dötsch. Unter dem Thema „Unternehmerisches Wissen und die Rolle der Hochschulen“ legte der Oberassistent der Andrássy Universität (AUB) die steigende Bedeutung von Wissen für die Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit von Regionen, Staaten und Unternehmen dar und beschrieb, welche Position Universitäten dabei zukünftig einnehmen sollten.
Dabei wurde bereits zu Beginn deutlich, dass Wissen und Wettbewerb in einer wechselseitigen Beziehung zueinander stehen. So sei Wissen nicht nur eine Voraussetzung für erfolgreiches unternehmerisches Handeln, sondern gemäß der Theorie von Hayeks das Resultat eines „Entdeckungsverfahrens“ im Wettbewerb. Die Schaffung von Wissen ist ein wichtiger Prozess für die Wettbewerbsfähigkeit. Doch nicht nur bei Unternehmen sei eine positive Korrelation von Know-how und Marktanteil zu verzeichnen. Auch auf der Ebene der Staaten zeigen sich ähnliche Zusammenhänge in Bezug auf Wohlstand, Preisentwicklung und Krisenresistenz. Dabei stellte Herr Dötsch jedoch heraus, dass die bloße Akkumulation von Wissen nicht genüge, da nur das „richtige“ Wissen zum Erfolg führe. In dieser Grauzone kommt nun die Bedeutung des „Unternehmerischen Wissens“ zum Tragen. Dieses umfasst nicht nur die Strukturen einer Organisation und die darin vorhandenen Kompetenzen, sondern vor allem die Fähigkeit, unkonventionell zu denken und Vorhandenes neu zu kombinieren. Wissen ist demnach nicht starr, sondern dynamisch, sodass aktives Lernen innerhalb des Unternehmens an Bedeutung gewinne. Auch die Wissensintensität nimmt zu, die einen hohen Wissensanteil in der Wertschöpfung impliziert. Unternehmen, die Wissensvorsprünge haben, mit deren Hilfe sie am Markt Gelegenheiten früher als die Konkurrenz erkennen, nutzen und im Geschäfte umsetzen können, besitzen „Unternehmertum“. Dr. Jörg Dötsch erklärt den Wettbewerbsvorteil, welcher sich auf die Wissensintensität zurückzuführen lässt, mit der These, dass Wissen die Herstellung und Anwendung komplexer Produkte und Prozesse ermögliche und diese auf dem Markt nur schwer substituierbar seien.
Betrachtet man die Zusammensetzung verschiedener Indizes zur Abbildung der Wettbewerbsfähigkeit von Staaten fällt auf, dass Universitäten darin stets einen zentralen Indikatorbilden. Herr Dötsch betonte, dass Hochschulen vor allem für die Stärkung regionaler Wettbewerbsfähigkeit von Bedeutung seien und der bereits zu beobachtende Veränderungsprozess der Universitäten daher weitergeführt werden müsse. Er zog dabei vor allem das Beispiel Deutschlands heran, das noch immer zu stark dem Humboldt’schen Ideal folge. Universitäten müssten jedoch „raus aus der isolierten theoretischen Perspektive“ und strategische Partnerschaften mit öffentlichen und privaten Einrichtungen schließen. Auch die persönlichen Netzwerke der ProfessorInnen sowie ein regionaler Fokus zählen zu den Erfolgsfaktoren solcher Kooperationen. Zudem sei es nur durch ein engeres Zusammenwirken von Forschung und Praxis möglich, Studierenden sowohl fachliches als auch unternehmerisches Wissen zu vermitteln.
Herr Dötsch stellte abschließend noch einmal heraus, dass Universitäten eine Schlüsselrolle für die Wettbewerbsfähigkeit von Regionen und Unternehmen spielen und sie diese deshalb durch neue Ansätze auch aktiv ausfüllen sollten. Ein Patentrezept für eine erfolgreiche Strategie gebe es jedoch nicht, da regionale Einflussfaktoren von entscheidender Bedeutung seien.
Die anschließende Diskussion drehte sich in erster Linie um mögliche Zielkonflikte, die bei einer engeren Kooperation von Universitäten und Unternehmen entstehen können. Professor Dr. Siegfried Franke stellte dabei vor allem die universitäre Aufgabe der Wissensverbreitung heraus, die im Widerspruch zu unternehmerischen Patentansprüche stehen können. Professor Dr. Martina Eckardt betonte zudem, dass sich Forschung nicht steuern ließe, Unternehmen im Rahmen von Auftragsforschung jedoch konkrete Ergebnisse erwarten. Ähnlich argumentierte Prof. Dr. Dietmar Meyer, der das Humboldt’sche Ideal verteidigte. Letztendlich wurde deutlich, dass zwischen einer universitären Ausbildung und einer anschließenden Arbeitstätigkeit immer eine gewisse Asymmetrie des Wissens bestehen wird. Die Aufgabe der Hochschulen sei es deswegen, ihre Studierenden zu befähigen, komplexe Probleme zu durchdenken und zu lösen.
Text: Till van de Sand, Hasmik Margaryan, Natallia Stsiabakova und Claudia Schneider