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Wirtschaft und Wohlstand in Mitteleuropa
Bericht zum Doktorandenworkshop

Die Doktorschule der Andrássy Universität Budapest (AUB) organisierte im Verbund mit dem Interdisziplinären Donau-Institut am 20. April den Doktorand/inn/enworkshop „Wirtschaft und Wohlstand in Mitteleuropa im Vergleich. 1867 bis zur Gegenwart“. Dieser fand im Anschluss an die zweitägige Internationale Tagung statt, die sich mit dem gleichen Thema befasste und hochrangige Referent/inn/en an die AUB bringen konnte. Im Rahmen des laufenden TÁMOP-Förderungsprogrammes für das Donau-Institut konnten die besten Eingaben finanziell unterstützt werden. Die schriftlichen Beiträge der Doktorand/inn/en werden mit Aussicht auf Aufnahme in die geplante Working Paper Series des Donau-Institutes gesondert geprüft werden. Die Arbeitssprachen des Workshops waren deutsch und englisch – eine Herangehensweise, die bei den Doktorand/inn/en der AUB ein positives Echo fand. Ein Eindruck seitens des Workshopleiters Christopher Walsch war, dass die AUB Doktorand/inn/en Ideen und Anregungen, die die Referate vermittelten, mit Interesse aufnahmen und aktiv an den Diskussionen in allen drei Panels teilnahmen.

Wie in der Tagung wurde auch im Workshop eine chronologische Herangehensweise gewählt. Im ersten Panel wurden die Zeitabschnitte ’Die Donaumonarchie, 1867-1918’ und ‚Die Zwischenkriegszeit, 1919-39’ diskutiert, wozu es drei Referate gab. Philipp Strobl (Universität Innsbruck) präsentierte Innsbrucks Weg in die Moderne – Die Wirtschaft der Tiroler Landeshauptstadt im Wandel (1860-1910). Im Mittelpunkt von Strobls Ausführungen stand die Transformation von Gewerbe und Handel in Zeiten der Industrialisierung. Insbesondere der Bau- und Immobiliensektor wurden zu Schlüsselbranchen in Zeiten des Bevölkerungswachstums und der Stadt- und Infrastrukturentwicklung. Ákos Kárbin (ELTE Budapest) sprach über Die Währungsreformen des Deutschen Reichs 1871-1873 und der Östereichisch-Ungarischen Monarchie 1892-1914 im Vergleich. Österreich-Ungarn versuchte, seine Währung, dem deutschen Vorbild entsprechend, vom Silberstandard zu lösen und dem Goldstandard zu unterwerfen. Dieses Unterfangen gelang nur teilweise. Martin Vašíček (Masaryk Universität, Brünn) präsentierte die Fallstudie Secondary Education and Czech social structure in the first Czechoslovak republic. A case study of the towns Znojmo, Jihlava and Břeclav. Vašíček fasste die soziale Herkunft der Schüler der Gymnasien in diesen drei Städten ins Auge. Von 1920 bis 1938 lässt sich absolut eine Verdoppelung der Schülerzahl von rund 800 auf etwa 1.600 beobachten. Die Herkunft, schließt der Autor, verlagerte sich von alten zu neuen Mittelschichten, von Gewerbetreibenden und Kaufleuten zu Intelligenz, Beamten und freien Berufen.

Das zweite Panel ’Nachkriegszeit, 1945-1989’ eröffnete Wolfgang Schachinger (Universität Wien) mit Das Kleinunternehmertum in Wien nach 1945 am Beispiel des Handels mit Parfumeriewaren. Der Wandel von einem Verkäufer- zu einem Käufermarkt, der selektive Vertrieb und die Rolle der Frauen im Detailhandel wurden dabei näher ins Auge gefasst. Peter Dobrowiecki (ELTE Budapest) referierte zu Economic reforms in communist Hungary and Yugoslavia in the 1970s and 1980s und Fruzsina Müller (Universität Leipzig) zu Das ungarische Jeansprogramm: Die Lebensstandardpolitik der Kádár-Ära als Antwort auf die Wirtschafts- und Legitimationskrise der siebziger Jahre. Im Mittelpunkt beider Präsentationen standen die Versuche der Einparteienführungen, auf externe und interne Krisen zu reagieren. Die „Trapperjeans” war dabei in den 1970er Jahren ein Erfolgsmodell Kádár-Ungarns, wie ein Konsumbedürfnis nach ausländischen Jeansmarken durch adaptive heimische Produktion befriedigt werden konnte.

Das Panel ’Gegenwart, seit 1990’ schließlich wurde von den Wirtschaftswissenschaftern dominiert. Judit Gébert (Universität Szeged) präsentierte Political Freedom and Welfare in Europe und Tamás Isépy (Pannon Universität Veszprém) Entwicklungsmechanismen von Wirtschaft und Wohlstand in den Jahren 1990 bis zur Gegenwart. Kontroversiell diskutiert wurde dabei der Indikator Bruttosozialprodukt und die Rolle alternativer Indikatoren, etwa der des „subjektiven Wohlbefindens”. Der Human Development Index, der von Amartya Sen entwickelt wurde, empfiehlt sich hier als interessanter kombinierter Index. Inwieweit „politische Freiheit” und „wirtschaftliche Entwicklung” korrelieren, war Diskussionsthema. Westliche wie auch asiatische Wege zur wirtschaftlichen Entwicklung geben Evidenz über die Schwierigkeit, darüber eindeutige Aussagen treffen zu können.

Ein Bericht von Dr. Christopher Walsch, Senior Research Fellow, Organisator der Tagung und des Workshops „Wirtschaft und Wohlstand in Mitteleuropa im Vergleich. 1867 bis zur Gegenwart“, Andrássy-Universität Budapest, 18. bis 20. April 2012

Die Veranstaltung wurde im Rahmen des Projektes TÁMOP-4.2.2/B-10/1-2010-0015 unterstützt.

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