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Von Desintegration zu Integration?
Fakultät für Mitteleuropäische Studien
Anlässlich des Gedenkens an den hundertsten Jahrestag des Ausbruchs des Ersten Weltkrieges im Jahr 1914 veranstaltete die Fakultät für Mitteleuropäische Studien (MES) im Laufe des SoSe 2014 eine Vortragsreihe mit dem Titel „Österreich-Ungarn 1914-2014“.

Den Abschluss dieses Veranstaltungszyklusses bildete die internationale Konferenz „Von Desintegration zu Integration? Österreich und Ungarn von der Monarchie zur Europäischen Union 1914 – 2014“, die vom 11. bis zum 13. November 2014 an der AUB stattfand. Die Konferenz wurde in Zusammenarbeit mit dem Institut für Neuzeit- und Zeitgeschichtsforschung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und dem Österreichischen Kulturforum Budapest organisiert und thematisierte zentrale Schlüsselereignisse der jüngeren europäischen und speziell der österreichisch-ungarischen Geschichte: den Beginn des Ersten Weltkriegs vor 100 Jahren, den Beginn des Zweiten Weltkriegs vor 75 Jahren, den Fall des „Eisernen Vorhangs“ vor 25 Jahren und die „Osterweiterung“ der Europäischen Union mit dem Beitritt Ungarns vor 10 Jahren. Die Entwicklung des österreichisch-ungarischen Verhältnisses im 19. und 20. Jahrhundert stand dabei jeweils im Mittelpunkt der Betrachtungen.

Die erste Sektion der Tagung untersuchte die inneren Beziehungen Österreich-Ungarns zwischen 1867 und 1914. Anatol Schmied-Kowarzik (INZ/ÖAW) lieferte in seinem Vortrag zum Thema „Österreich-Ungarn. Zum Verhältnis der beiden Reichshälften“ eine gelungene Übersicht über das Verhältnis der beiden Reichsteile im Vorfeld des Ersten Weltkrieges. Schmied-Kowarzik hob hervor, dass die beiden Teilstaaten im „Ausgleich“ von 1867 zwar einen „kleinsten gemeinsamen Nenner“ fanden und dieser in der Lage, war die ungarischen Interessen – zumindest teilweise – zu befriedigen. Der „Ausgleich“ schuf aber gleichzeitig ein Staatsgebilde, das insbesondere aufgrund seiner politischen Struktur beinahe handlungsunfähig wurde.

Daniela Javorics (AUB) zeigte anschließend in ihrem Beitrag „Österreich-Ungarn und die Erfindung der Nation“ anhand dreier ausgewählter Beispiele, dass in Zusammenhang mit der Doppelmonarchie teilweise sehr unterschiedlich Nationsbegriffe Anwendung fanden: Ungarn forcierte insbesondere seit Ende des Jahrhunderts in einem „nach innen gekehrten Nationalismus“ die Magyarisierung des Landes, Karl Renner und Oskár Jászi suchten nach administrativen Lösungen des Nationalitätengegensatzes, die Zeitschrift „The New-Europe“ propagierte die „Zerstückelung Österreich-Ungarns“.

Anett Hajnal (AUB) betonte in ihrem Beitrag „Der 'Braunhaxler' in Altofen und sein langer Weg zum Ungarntum“, das Ende des 19. Jahrhunderts die Mehrheit der Bevölkerung Obudas deutschsprachig war. Durch zunehmende Magyarisierungsbestrebungen fand mit dem Zerfall der Monarchie eine immense Transgression deutscher Kultur und Sprache statt. Anhand von Textquellen und Schriftdokumente zeigte Hajnal anschaulich, dass die deutsche Sprache schrittweise aus dem Bewusstsein der Stadtbevölkerung verschwand und das Ungarische immer mehr Raum gewann. 

Friederike Gollmann (AUB) sprach abschließend zum Thema „Triest 'Citta fedelissima'? – Risse in der schönen Fassade“. Gollmann führte aus, dass sich die nationalen Konfliktlinien der Habsburgermonarchie in Triest, als einer Stadt in der verschiedenste ethnische und nationale Gruppen zusammenlebten, im Kleinen wiederspiegelten. Die lokalen Spannungen entluden sich vor allem zwischen slowenischer und italienischer Bevölkerung, so Gollmann.

Der renommierte Historiker Peter Haslinger (Marburg/Gießen) hielt zum Abschluss des ersten Konferenztages die Keynote Lecture mit dem Titel „Österreich und Ungarn im 20. Jahrhundert – nur eine typische europäische Verflechtungsgeschichte?“. Haslinger betonte, dass die Beziehungen zwischen Ungarn und Österreich in der Historiographie vergleichsweise gut dokumentiert seien. Dennoch seien längst nicht alle Aspekte dieses Beziehungsgeflechtes erforscht. Im Sinne einer „Verflechtungsgeschichte“, einer Histoire croisée, die auf Vergleichen und der Analyse von Teilprozessen beruhe, müssten die bilateralen Beziehungen zwischen den beiden Staaten zunehmend auch in einer europäischen Dimension, vielleicht sogar in einer globale Dimension betrachtet werden.

Der zweite Veranstaltungstag begann mit einem Einleitungsvortrag von Mitorganisator Richard Lein (AUB) über die Beziehungen zwischen Wien und Budapest im Ersten Weltkrieg. Der österreichisch-ungarische Dualismus habe zu einer unnötigen Schwächung der militärischen Macht der Habsburgermonarchie geführt, was letztlich zur Niederlage des Staates im Ersten Weltkrieg geführt habe. So war Österreich-Ungarn die einzige europäische Großmacht, die sich eine „Dreiteilung“ ihrer Militärmacht leistete. Hinzu kam, dass das Land trotz einer hohen Selbstversorgerquote wirtschaftlich nicht für einen langen Krieg gerüstet gewesen sei. Der Erste Weltkrieg habe aufgrund hoher wirtschaftlichen und militärischen Anstrengungen die „Zweckgemeinschaft“ der beiden Teilstaaten zunächst gestärkt, die sich abzeichnende Niederlage habe jedoch zu einer zumindest zeitweisen Entfremdung der beiden nunmehr selbstständigen Staaten geführt.

Die bilateralen Beziehungen zwischen Ungarn und Österreich in der Zwischenkriegszeit waren Thema der zweiten Sektion des Veranstaltungstages. Im Mittelpunkt stand die Frage, ob es in den bilateralen Beziehungen der Jahre 1918 bis 1938 zu einer „nationalstaatlichen Abgrenzung“ kam oder ob das Verhältnis doch eher als „mitteleuropäische Konfliktgemeinschaft“ zu charakterisieren ist. Die Sektion konzentrierte sich dabei insbesondere auf die ersten Jahre nach dem Krieg sowie auf die letzten Jahre vor dem „Anschluss“. Geleitet wurde das Panel von Mitorganisator Maximilian Graf (INZ/ÖAW).

Arnold Suppan (INZ/ÖAW) betonte in seinem Einleitungsvortrag „Die ungarisch-österreichischen Beziehungen der Zwischenkriegszeit und der Ausbruch des Zweiten Weltkrieges“, dass die wohl „brennendste Frage der Zwischenkriegszeit“ die Revision der Friedenverträge war. Österreich und Ungarn waren durch die „harten Friedensbedingungen“ in einer Art „negativen Schicksalsgemeinschaft“ zusammengefasst. Die Revisionsfrage rückte vor allem in Ungarn auf die politische Agenda.

David Schriffl (INZ/ÖAW) sprach in seinem Vortag „Karl I. oder Karl IV.? Die gescheiterte Restauration und das österreichisch-ungarische Verhältnis“ anschließend über die Restaurationsversuche des letzten österreich-ungarischen Monarchen. Schriffl arbeitete dabei heraus, warum die Restaurationsversuche Karls kein wesentliches Konfliktfeld zwischen Österreich und Ungarn wurden und welche Rolle die innenpolitische Verfasstheit der beiden Staaten dabei spielte.

Stefan Malfèr (INZ/ÖAW) sprach über den „Weg zur Ödenburger Volksabstimung“. Ödenburg (ung. Sopron) und weitere Teile Westungarns waren in Folge der Friedensverträge zunächst Österreich zugesprochen worden, kamen dann aber nach der Ödenburger Volksabstimmung im Dezember 1921 wieder an Ungarn. Malfèr betonte, dass die Verschränkungen von Innen- und Außenpolitik in dieser Frage bislang ausgeblendet bzw. unzureichend berücksichtigt worden wären. In dem Beitrag arbeitete er heraus, dass der Volksabstimmung in Österreich ein Kompromiss der beiden großen Parteien vorausgegangen war.

Miroslav  Šepták (Nationalarchiv Prag) untersuchte in seinem Vortrag „Von der Zollunion bis zu den Römischen Protokollen“ die Beziehungen Österreichs und Ungarns in den Jahren zwischen 1931 und 1934. Das Hauptproblem vieler Staaten Europas wären auch in dieser Phase die Bestimmungen der Pariser Friedensverträge gewesen, so Šepták. Insbesondere Ungarn bemühte sich um Revision und versuchte Österreich für eigene revisionistische Ziele zu gewinnen. Zwar unterstütze Ungarn die Anschlusspolitik Österreichs nicht, die Beziehungen beider Staaten zwischen 1931 und 1934 könnten – nicht zuletzt wegen der zahlreichen wirtschaftlichen Verbindungen – aber als freundschaftlich beschrieben werden.

Ibolya Murber (AUB) sprach im Anschluss daran über „Die ungarische Außenpolitik und die Anschlussfrage“. Das bilaterale Verhältnis von Wien und Budapest lasse sich in dieser Frage mit den Worten des ehemaligen ungarischen Premierministers István Bethlens gut charakterisieren: „Wir sind nicht in der Lage den Anschluss voranzutreiben oder zu verhindern“. Murber betonte, dass sich Ungarn gerade in den unmittelbaren Jahren vor der Annexion Österreichs durch das Deutsche Reich im Jahr 1938 von der „Anschlussfrage“ distanzierte.

Georg Kastner (AUB) führte in seinem Beitrag „Österreich, Ungarn und die österreichischen Nationalsozialisten 1933–1938“ aus, dass Österreich relativ bald in den Blickpunkt des Interesses des Nationalsozialistischen Deutschlands geraten sein. Unter Kanzler Dollfuß wurde aktiv und erfolgreich der Kampf gegen die illegalen Nationalsozialisten aufgenommen, seine Ermordung und das zunehmende Abrücken Italiens, das sich mit Berlin verständigte und Wien daher fallen ließ, führten jedoch letztlich zum Scheitern der Strategie.

Die dritte Sektion des Tages beschäftigte sich unter dem Titel „Die Zerstörung des 'alten Europa'“ mit dem Zweiten Weltkrieg.  Geleitet wurde das Panel wiederum von Karlo Ruzicic-Kessler (INZ/ÖAW)

Den Einleitungsvortrag zum Thema „'Österreich' und Ungarn im Zweiten Weltkrieg“ hielt Richard Germann (Ludwig Boltzmann-Institut für Historische Sozialwissenschaft, Wien). Der Fokus seines Beitrages lag auf der militärischen Beteiligung der „Ostmark“ am Zweiten Weltkrieg. Germann betonte, dass in Österreich nach 1945 die „Unschuld“ des Landes an den Ereignissen der Jahre 1939-1945 betont worden sei. Die These, dass Österreicher „zum Kampf gezwungen“ hätten werden müssen, lasse sich mit Blick auf die aktive militärische Beteiligung aus dem Gebiet des ehemaligen Österreich stammender Truppen an zahlreichen Kampfhandlungen aber revidieren.

Georg Hoffmann (KFU Graz) sprach im Anschluss in dem Vortrag „Terrorflieger und Lynchjustiz“ über das bislang kaum aufgearbeitete Gewaltphänomen der Lynchjustiz im Rahmen von Fliegermorden in den Jahren 1943 bis 1945. In Österreich und auch in Ungarn kam es in hunderten Fällen zu kollektiven Gewaltaktionen gegen notgelandete amerikanische und britische Bomberbesatzungen. Hoffmann betonte, dass es sich hier meist nicht um spontane Gewaltausbrüche der Bevölkerung handelte, sondern in erster Linie um von Parteifunktionären bewusst angezettelte Gräueltaten. Eine Legitimierung der „Lynchjustiz“ erfolgte durch die Billigung hoher Regierungskreise.

Eleonore Lappin-Eppel (IKT/ÖAW) referierte über den Einsatz von ungarisch-jüdischen Zwangsarbeitern in Österreich. Als 'Austauschjuden' bzw. 'Leihjuden' wurden in den letzten Kriegsjahren viele tausende ungarische Juden in gewerbliche und landwirtschaftliche Betriebe nach Österreich geschickt und hier zu Zwangsarbeiten verpflichtet. Eine Zahl von rund 30.000 ungarischen Juden wurde seit 1944 zur Errichtung des sogenannten 'Südostwalls' eingesetzt. Viele dieser Arbeiter starben aufgrund der katastrophalen Einsatzbedingungen und durch Exekutionen.

Wolfgang Mueller (INZ/ÖAW) referierte abschließend über die „Sowjetische Nachkriegsplanung für Österreich und Ungarn“. Mueller betonte, dass hinsichtlich der politischen Entwicklung in beiden Ländern in den Jahren bis 1947 viele Parallelen zu beobachten seien. So spielten Kommunisten in beiden Ländern eine zentrale Rolle beim Wiederaufbau. Während in Österreich die kommunistische Partei aber schon 1947 aus dem politischen Geschehen ausschied, kam es in Ungarn ab 1947 zu einer raschen Etablierung des sozialistischen Systems und spätestens nach dem Sturz Ferenc Nagy's schließlich auch zur Integration Ungarns in den 'Ostblock'.

Die Frage, ob die bilateralen Beziehungen zwischen Österreich und Ungarn im Kalten Krieg (1945-1989) als ein „Musterbeispiel europäischer Entspannung“ gelten können, stand im Vordergrund der ersten Sektion des dritten Veranstaltungstages.

Maximilian Graf (INZ/ÖAW) stellte in seinem Einleitungsvortrag „Österreich und Ungarn im Kalten Krieg“ heraus, dass es nach Kriegsende mehrere Phasen der Annäherung gegeben habe. Spätestens aber ab 1947 waren die Nachbarschaftsbeziehungen beider Staaten im Kalten Krieg angekommen. Zwar kam es schon nach Abschluss des Staatsvertrages 1955 zu einer ersten Verbesserung des Nachbarschaftsverhältnisses, nach der Niederschlagung der ungarischen Revolution 1956 kam es aber erst Mitte der 1960er Jahre unter Bruno Kreisky zu einer Normalisierung der Beziehungen, die sich fortan prächtig entwickelten. Mit Blick auf die integrative Politik der Regierung Kreisky und die Annäherungspolitik im Vorfeld des Systemwechsels 1989 könne das bilaterale Verhältnis beider Staaten als ein „Musterbeispiel europäischer Entspannung“ gelten.

Gábor Szilágyi (Amt des Nationalen Gedächtnis Komitees) sprach in seinem Beitrag „Viel erwartet, einiges erreicht“ über die Parteibeziehungen zwischen der USAP und der SPÖ. Vor allem in den frühen 1970er Jahren war ein Trend der Entspannung zwischen beiden Parteien bemerkbar. Die SPÖ unter Kreisky wurde zu einem anerkannten Gesprächspartner der USAP, offizielle Parteibeziehungen wurden aber dennoch nicht aufgenommen.

Róbert Fiziker (Ungarisches Nationalarchiv) arbeitete in seinem Beitrag die Beziehungen zwischen den ungarischen Kommunisten und der KPÖ nach 1945 heraus. Diese ließen sich bis 1956 mit den Worten „Brüderlich, regelmäßig, operativ“ charakterisieren. Es bestand ein reger Austausch zwischen beiden Parteien. Die Ereignisse 1956 in Ungarn aber haben das Verhältnis beider Parteien nachhaltig getrübt.

Sebastian Sparwasser (AUB) berichtete in seinem Beitrag „Vertriebene und die Heimkehr“ über die Ursachen von „Flucht und Vertreibung“ und die Aufnahmebedingungen der Vertriebenen deutschen Ost- und Mitteleuropas in Deutschland und Österreich. Während Ungarn in den unmittelbaren Jahren nach 1945 als Vertreiberland auftrat, war Österreich Aufnahmeland für die aus ihrer Heimat vertriebenen Deutschen. Eine Rückkehr wurde politisch nicht unterstützt.

Die letzte Sektion der Konferenz beschäftigte sich unter dem Titel „Österreich und Ungarn im neuen Europa: Von der Überwindung der Blockteilung zur Europäischen Union“ mit dem bilateralen Verhältnis beider Staaten seit 1989.

László J. Kiss (Corvinus Universität) eröffnete die Sektion mit einem Einleitungsvortrag zum Thema „Österreich und Ungarn 1989-2014. Bilaterale Beziehungen vom Systemwechsel über die euroatlantische Integration Ungarns bis zur Krise der EU“. Kiss stellte heraus, dass nach der Jahrtausendwende regionale Partnerschaftsprogramme in den Hintergrund gedrängt worden seien und seitdem die „Donaustrategie“ an Bedeutung gewonnen habe. Im Zuge der Ukrainekrise habe sich nicht nur das Russlandbild verändert, sondern auch das allgemeine Verständnis von Mitteleuropa weiter nach Osten verlagert.

Andrea Brait (Institut für Geschichte der Universität Wien) sprach im Anschluss über die „Traditionen österreichischer Kulturaußenpolitik in Ungarn und den Entwicklungen seit 1989“. Zwischen Österreich und Ungarn haben seit jeher enge historische und kulturelle Gemeinsamkeiten bestanden. Aufgrund dessen existierte in der österreichischen und ungarischen Öffentlichkeit auch schon vor 1989 ein positives Bild über den jeweiligen Nachbarstaat. Dies schlug sich auch in einer Vielzahl von Kulturkontakten und bilateralen Kulturprogrammen nieder. Die Initiative zu solchen Kontakten  ging in jüngster Zeit vor allem von Ungarn aus.

Philipp Greilinger (INZ/ÖAW) referierte abschließend zum Thema „Österreich und Ungarn. Eine 'Wiedervereinigung' durch die EU? Regionale Kooperationsformen in einem geeinten Europa“. Greilinger betonte ebenfalls, dass Österreich und Ungarn nicht nur eine räumliche Nähe verbinde, sondern auch eine historische. Im Rahmen der europäischen Integrationspolitik bestehen gegenwärtig zahlreiche interregionale, multilaterale und transnationale Kontakte zwischen beiden Staaten. Der „Mehrwert der europäischen Integration“ müsse aber auch weiterhin offensiv kommuniziert werden. Ungarn käme dabei eine Art „Brückenfunktion“ zwischen Ost und West zu.

Den Schlusskommentar übernahm Karlo Ruzicic-Kessler(INZ/ÖAW). Seinen Ausführungen zufolge hat sich während der Konferenz gezeigt, dass die österreichische und ungarische Geschichte vom Zerfall der Monarchie bis heute eng miteinander verknüpft sind. Beide Staaten bildeten in der Monarchie zunächst eine „Schicksalsgemeinschaft“, ein Begriff, der für die Zwischenkriegszeit als „Schicksalsgemeinschaft der Verlierer“ Gebrauch finden könnte. Die Präsentationen die die Zeit nach 1918 in ihrem Fokus hatten, zeigten, dass der Kontakt zwischen Wien und Budapest, trotz mancher Gegensätze, nie zum Erliegen kam und dadurch eine Zusammenarbeit in verschiedenen Feldern ermöglicht wurde. Die Expansion des Deutschen Reiches wiederum stellte eine Bedrohung für beide Staaten dar, wenngleich sich Ungarn sehr bald mit der Möglichkeit eines „Anschlusses“ Österreichs an Deutschland abfinden sollte. Der Zweite Weltkrieg führte dann zur Bildung einer weiteren österreichisch-ungarischen „Schicksalsgemeinschaft“ unter den Vorgaben Berlins.

Die Geschichte des Kalten Krieges sollte einige dieser Prämissen bestätigen. Österreich und Ungarn wurden durch den „Eisernen Vorhang“ getrennt, verloren aber auch zu dieser Zeit nicht den Blick füreinander. Von der bedeutenden Hilfeleistung der österreichischen Politik und Bevölkerung für ungarische Flüchtlinge in Jahr 1956, bis zur Annäherung der 1960er und 1970er Jahre, die die Öffnung der Grenze 1989 erst möglich machte, zeigt die Geschichte der beiden Staaten während des Kalten Krieges deutlich den Wunsch, die Trennung zu überwinden.

Schließlich gelange Wien und Budapest die Integration in die Europäischen Union nach dem Fall des „Eisernen Vorhangs“. Auch in diesem Fall sind verschiedene Faktoren zu bemerken, die die vielen Berührungspunkte zwischen Österreich und Ungarn widerspiegeln: die ökonomische und politische Annäherung waren bedeutende Schritte zur Ausbildung immer besserer Beziehungen im geeinten Europa.

Text: Sebastian Sparwasser

Auf YouTube finden eine "Visual Summary" des Vortrags von Dr. Richard Lein in Form einer animierten Skizzenzeichnung.

Hier finden Sie einige Skizzen der Konferenzteilnehmer, gezeichnet von Samuel J. Bucheli.

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