Am 4. November 2013 fand bereits zum zweiten Mal im Jahr 2013 eine Kooperationsveranstaltung der Andrássy Universität Budapest (AUB) mit der Central European University (CEU) statt, dieses Mal mit finanzieller Unterstützung des Bundesministeriums für Wissenschaft und Forschung (BMWF), des Österreichischen Kultuforums (ÖKF), der Friedrich Ebert Stiftung, des Czech Institutes und des Slovak Institutes. Der internationale Workshop, der von Andrea Pető (CEU/Gender Studies) und Ursula Mindler (AUB/Fakultät für Mitteleuropäische Studien) organisiert wurde, bot VertreterInnen von Universitäten und NGOs aus Ungarn und seinen Nachbarländern die Möglichkeit, über regionale Lehre und Forschung im Bereich der „Gender Studies“ zu diskutieren. Die TeilnehmerInnen aus Ungarn, Österreich und der Slowakei hoben Interdisziplinarität und kritisches Denken sowie die Förderung einer offenen, demokratischen Gesellschaft als wichtigstes „Kapital“ aber auch Ziel der Gender Studies hervor.
Die Einführungs-Runde „state of art“ widmete sich der Reflektion der Geschichte des Fachbereichs in den verschiedenen Ländern, inklusive einer Diskussion über allgemeine Herausforderungen, mit denen Gender Studies als ein intellektuelles und soziales Projekt in der Region konfrontiert sind. Nachdem Gender Studies an den staatlichen Universitäten Ungarns und der Slowakei nicht institutionalisiert sind, ist das Unterrichten in diesem Bereich teilweise problematisch, sieht man sich doch nicht nur konfrontiert mit einer Konkurrenz mit anderen Wahlfächern, sondern auch mit einem geringen akademischen Prestige und der fälschlichen Darstellung des Faches als reine Frauenförderungsschiene. Die meisten Schwierigkeiten resultieren einerseits aus der Inkongruenz der Organisation von Ausbildungsprogrammen an staatlichen Hochschulen und der interdisziplinären Ausrichtung von Gender Studies selbst sowie andererseits aus den beschränkten Gender-bezogenen Karrieremöglichkeiten in Zentral- und Osteuropa. Die TeilnehmerInnen diskutierten ebenso die Beziehung von Gender Studies im akademischen Bereich und Aktivismus – manche meinten, die universitäre Ausbildung sollte Studierende auf eine Karriere im NGO-Sektor vorbereiten, andere betonten, dass Theorie und Aktivismus separate Felder darstellen würden. In Bezug auf den Unterrichtsrahmen war man sich jedoch einig, dass Gender Studies nicht auf die MA-Ausbildung beschränkt bleiben sollten.
Die zweite Diskussionsrunde befasste sich mit dem Thema der Curricula-Entwicklung, und es stellte sich rasch heraus, dass diese Frage abhängig ist von den Zielen, die verfolgt werden: Sollen andere Felder in Bezug auf Gender sensibilisiert werden? Ist es das Ziel, die Legitimität von Gender Studies als ein interdisziplinäres akademisches Forschungsfeld zu stärken – oder soll eine Kombination von beidem erreicht werden? Das Curriculum wurde in zweierlei Richtung definiert – einerseits als eine Form der indirekten Erklärung der Selbstdefinition des Feldes, andererseits als mögliche Manifestation von staatlicher Kontrolle. Im Einklang mit den Erwartungen, die Studierende Umfragen zufolge an die Gender Studies Programme haben, wurden Gender-spezifische „skills“ wie Gender-Sensibilität diskutiert, welche den Studierenden eine breitere Perspektive in Bezug auf Karrieremöglichkeiten in Zeiten finanzieller Krisen und Zeiten der Posteriorisierung der Geistes- und Sozialwissenschaften in nationalen Bildungsprogrammen bieten können. Nach einer ausführlichen Diskussion über die Beziehung zwischen Universität und Aktivismus kamen die TeilnehmerInnen zu dem Schluss, dass der Bedarf besteht, mit Hilfe eines Curriculums sowohl wissenschaftlichen Nachwuchs auszubilden, als auch zu lokalem Aktivismus beizutragen.
Die letzte Diskussionsrunde stellte sich der Frage nach zukünftigen Entwicklungen und wie man den zuvor erwähnten Herausforderungen begegnen könnte. Als wichtige Punkte wurden hierbei erwähnt: 1.) Erhöhung der Sichtbarkeit von Gender Studies Programmen, Fachspezialisierungen und einschlägigen Wahlfächern; 2.) Entwicklung und Stärkung der Zusammenarbeit von WissenschafterInnen aus den verschiedensten Disziplinen, die sich mit Gender-relevanten Forschungen beschäftigen. Es wurde ein „re-reading“ vorgeschlagen: sich der Frage der Regionen und entsprechenden Politiken erneut zu stellen, am besten durch Reflexion der postsozialistischen Geschichte der Region und einer erneuten Überprüfung der in den 1990er Jahren (vor allem von westlichen Forscherinnen) durchgeführten einschlägigen Forschungen.
Darüber hinaus wurde die Wichtigkeit von regionalen, EU-weiten und internationalen Netzwerken diskutiert, welche eine Verbesserung der Kooperationen von Gender-ExpertInnen ermöglichen.
Am Ende des Workshops waren sich die TeilnehmerInnen einig, dass eine zweifache Strategie für die Gender Studies von größter Wichtigkeit ist: 1.) Gender als eine Analysekategorie in anderen akademischen Bereichen zu verankern und die Institutionalisierung in Form von universitären Instituten voranzutreiben sowie 2.) die Bedeutung der Unterstützung von lokaler Forschung und der Verbreitung von Wissen durch Kooperationen auf regionaler und EU-Ebene.
Der Workshop endete dank der neuen EU-Agenda horizon 2020 (http://ec.europa.eu/research/horizon2020/index_en.cfm?lg=en&pg=faq&sub=details&idfaq=42055) mit einem vorsichtigen Optimismus in Bezug auf zukünftige Gender Forschungen. Horizon 2020 definiert Gender als unabhängige Forschungskategorie; ebenso finden digitale alternative Bildungsmöglichkeiten Berücksichtigung, welche vielversprechend für die Förderung von Lehre und Forschung im Bereich der Gender Studies sind.
Text: Edit Kovács
Weiterführende Links:
Horizon 2020: http://ec.europa.eu/research/horizon2020/index_en.cfm
CEU / Gender Studies: http://gender.ceu.hu/
ATGENDER (European Association for Gender Research, Education and Documentation): http://www.atgender.eu/