Auf Einladung des akademischen Mittelbaus der Andrássy Universität Budapest hielt Andrea Pető (Central European University, Department of Gender Studies) am 13. Oktober 2016 im Andrássy-Saal der AUB einen Vortrag mit dem Titel „Revisiting the Historiography of 1956: before a women’s history turn?“.
In diesem analysierte sie die Wahrnehmung von Frauen in der Geschichte im Allgemeinen und im Besonderen im Zusammenhang mit den Ereignissen von 1956. Historiker, die sich mit der Geschichte von 1956 befassen, hätten begonnen, die Revolution und ihre Nachwirkungen als politische Geschichte zu begreifen. Erst in den späten 1990er Jahren seien Frauen im Mittelpunkt der Forschung als Frauen, Mütter und Schwestern im Rahmen der Schriftgeschichte wahrgenommen worden. Ein Paradigmenwechsel sei mit der Veröffentlichung der Arbeit von Borbála Juhász über die Frauendemonstration am 4. Dezember 1956 in Budapest erfolgt, die Frauen als Agenten des politischen Wandels definieren würde. Das Unbehagen der Historiker die Rolle weiblicher Kämpfer zu analysieren, bestehe weiterhin.
Einem Trend folgend, der in anderen Visegrad-Ländern in neu etablierten historischen Institutionen vorherrsche, konzentriere sich die Forschung verstärkt auf die Rolle der Frauen als Opfer und nicht als aktive Akteure, die die Geschichte mitbestimmten. Der Vortrag gab einen Überblick über die Entwicklungen der Geschichtsschreibung ab 1956 aus geschlechtsspezifischer Perspektive und argumentierte, dass die Wende sich von der Geschlechtergeschichte zur Frauengeschichte in dem derzeitigen Trend der revisionistischen Geschichtsschreibung einfüge.
Der Vortrag wurde von Melani Barlai (netPOL/AUB) im Rahmen der Mittelbauveranstaltung zur Erinnerung an den Volksaufstand von 1956 organisiert und von Franziska Vesely (AUB) moderiert.