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Rechtssysteme im Donauraum: Vernetzung und Transfer
Donau-Institut
Internationale wissenschaftliche Konferenz am 21.03.2013

Die Leiterin des Donau-Institutes, Prof. Dr. Ellen Bos, eröffnete im Beisein der Direktorin des Österreichischen Kulturforum Frau Dr. Susanne Bachfischer feierlich die Internationale wissenschaftliche Konferenz "Rechtssysteme im Donauraum: Vernetzung und Transfer" am 21. Marz 2013 an der Andrássy Universität Budapest (AUB).

Die Konferenz teilte sich in 3 Panels, in denen das Grundkonzept der Konferenz unter die Lupe genommen wurde. Laut dieses Konzepts sind die Wechselwirkungen einzelner Rechtssysteme, Transfer und Rezeption gewisser Elemente von fremden, aber gut bekannten Rechtskulturen und -traditionen auf keinen Fall neuzeitliche Phänomene. Seit dem Zerfall des Römischen Reiches, das europaweit ein mehr oder weniger einheitliches Rechtssystem ausgebaut und aufrechterhalten hat, haben sich die Rechtstraditionen der auf den Ruinen des Reiches entstandenen kontinentalen Länder ausdifferenziert. Es gab zwar zu dieser Zeit einen Garanten für eine relative Homogenität der europäischen Rechtskultur, denn die Rechtssysteme der einzelnen Länder wurden vor allem von Gebildeten der universalen Kirche geprägt. Gleichwohl hat die Ausdifferenzierung der einzelnen Rechtssysteme die Möglichkeit zur Transplantation anderswo erfolgreich erwiesener Modelle eröffnet. Insbesondere die Modernisierung eines Rechtssystems schloss immer das Element des Anlehnens an bereits existierenden Modellen ein.

Im dem Panel 1 Rechtstransfer im Mittelalter und in der frühen Neuzeit wurde der gegenseitige Einfluss der Rechtssysteme und Rechtskulturen des Donauraumes und des ungarischen Rechtssystems aufeinander behandelt. Eine unbedingte Neuheit der Perspektive des Rechtstransfers ist, dass üblicherweise nur der Einfluss ausländischer Rechtssysteme und Rechtskulturen auf die ungarische Rechtsordnung zum Forschungsgegenstand gemacht wird. Im Gegensatz zu dieser Behandlungsweise wurden in diesem Panel im Rahmen der Analyse des Rechtstransfers auch jene Einflüsse untersucht und aufgezeigt, die die ungarische Rechtskultur auf die ausländische Rechtssysteme des Donauraumes ausgeübt haben. Aus der mehr als tausendjährigen Wirkungsgeschichte wurden einige wichtige Wendepunkte hervorgehoben – sowie Probleme des Privatrechts, des Strafrechts und der Rechtssymbolik.

Im Panel 2 Rechtstransfer durch Übersetzung in der Donau-Monarchie standen die sich aus der Mehrsprachigkeit ergebenden Notwendigkeiten der Übersetzung von Rechtstexten im Mittelpunkt. Der Rechtstransfer durch Übersetzung in der Donau-Monarchie wurzelt einerseits in der Gesetzgebungslehre des 18. Jahrhunderts und andererseits in der Tatsache der Mehrsprachigkeit. Die Gesetzgebungslehre verlangte, dass die Gesetze - zumindest die wichtigsten - für jedermann erfahrbar sein sollten. Wie es den Vorträgen der Referenten zu entnehmen war, hatte sich die Gesetze seit 1750 nicht nur, wie bisher üblich, an die Behörden zu wenden, sondern waren auch den Untertanen zur Kenntnis zu bringen. In der Habsburgermonarchie bedeutete dies, Gesetze in die Sprachen der einzelnen Nationalitäten zu übersetzen. Dies geschach insbesodere mit den großen Kodifikationen wie z. B. dem AGBG. Es lag sicherlich in allen Sprachen der Habsburgermonarchie vor. Wie darauf aber sowohl Wilhelm Brauneder als auch Milan Hlavacka in ihren Vorträgen aufmerksam gemacht haben, waren dazu aber mehrere Schwierigkeiten zu überwinden. József Szalma hat auch darauf hingewiesen, dass diese Schwierigkeiten in der allgemeinen Sprachentwicklung und speziell in der juristischen Fachsprache lagen. Zum Teil gab es eine Mehrzahl Fachwörter in den zu übersetzenden Sprachen, zum Teil aber fehlten sie, so dass Neuschöpfungen notwendig waren, die naturgemäß fremd wirkten, wie es auch Magdolna Szigeti in ihrem Referat erörtert hatte.

Im Panel 3 Verfassungsmodelle und ihre Rezeption wurde der Frage nachgegangen worden, wie ausländische Verfassungsmodelle die Umgestaltung der politischen Systeme des Donauraums beeinflusst haben. Als erste Referentin hat Judit Beke-Martos die theoretischen Aspekte der Rezeption und des Vergleichs verschiedener Verfassungsmodelle dargelegt. Sie hat die Begriffe Rezeption, Octroi und Transplantation mit Bezugnahme auf die internationale Fachliteratur auseinandergehalten, und hat zugleich die grundlegende Probleme der Rezeption sowie des Vergleich verschiedener Verfassungsmodelle in dem Donauraum erörtert. In seinem Vortrag hat Kálmán Pócza über das illusorische Bild über den englischen Parlamentarismus referiert, das für das politische Denken in Ungarn am Anfang des 20. Jahrhundert wesentlich charakteristisch war. Levente Püski berichtete über die verfassungspolitischen Entwicklungen in der Zwischenkriegszeit in Ungarn. Er betonte, dass sich die wichtigsten politischen Akteure dieser Zeit vorwiegend an die  Traditionen der ungarischen Verfassungskultur angelehnt haben und weniger die ausländische Formel in Betracht gezogen haben. Im Gegensatz zu der Zwischenkriegszeit haben die Verfassungsväter des demokratischen Umbruches im Jahre 1989/1990  das deutsche Erfolgsmodell der Kanzlerdemokratie tatsächlich als Vorbild betrachtet, was zu der Einführung dieser Demokratietypus in Ungarn während der Transformationsprozess führte. Über die Einzelheiten dieses Prozesses hat István Szabó referiert. Während Michael Hein die Unterschiede zwischen Bulgarien und Rumänien bezüglich der expliziten und impliziten Referenzen auf die historische Traditionen während des Verfassunggebungsprozesses in beiden Ländern dargestellt hat, hat Ellen Bos in ihrer Referat einen umfassenden Überblick über die verschiedenen Wurzeln der Verfassungspolitik während und nach der Wende in den osteuropäischen Ländern berichtet.

Mit der freundlichen Unterstützung des Projektes TÁMOP-4.2.2/B-10/1-2010-0015, des Österreichischen Kulturforums und des Ministeriums für gesellschaftliche Ressourcen.

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