Am 28. April 2016 diskutierten Studierende der AUB und anderer Universitäten mit dem Botschafter der Republik Polen, S.E. Roman Kowalski, und dem Botschafter der Bundesrepublik Deutschland, S.E. Dr. Heinz-Peter Behr, sowie dem Vorstandsvorsitzenden von Siemens Zrt, Dale A. Martin Themen rund um „Nation und Europa – europapolitische Konzeptionen in Ungarn, Deutschland und Polen“.
Den Auftakt machte AUB-Prorektor Prof. Dr. Hendrik Hansen, indem er die Kritik an der Europäischen Integration von Seiten nationalistischer Bewegungen und Parteien in vielen EU-Mitgliedstaaten erläuterte. Besonders an den positiven Wahlergebnissen dieser Parteien lasse sich ein deutlicher Trend hin zu einer „Renationalisierung“ erkennen. Das Friedensprojekt Europa und die damit verbunden Werte rückten dadurch zunehmend in den Hintergrund. Darum stelle sich die Frage, was man auf europäischer Ebene tun könne, um dem entgegen zu wirken. Wie soll sich die EU weiterentwickeln und wie kann sie für die Unionsbürger wieder attraktiver werden?
Eröffnet wurde die Diskussion dann von den anwesenden Gästen. Dale A. Martin machte den Anfang, indem er erläuterte, dass gerade in der heutigen Zeit die Betonung der Gemeinsamkeiten der europäischen Staaten wichtiger sei als die Hervorhebung von nationalen Unterschieden. Gemeinsamkeiten seien wesentlich für die Zusammenarbeit in der europäischen Gemeinschaft. Und diese Gemeinschaft zeichne sich dadurch aus, dass letztlich die Staaten gemeinsam mehr erreichen könnten, als jeder im Alleingang. Botschafter Kowalski knüpfte daran an, indem er darauf aufmerksam machte, dass europäische Probleme nicht von außen kämen, sondern das Ergebnis einer ideologischen Krise in Europa seien. Kein Politiker in Europa repräsentiere derzeit eine gemeinsame europäische Position. Letztlich könnten aber europäische Probleme auch nicht auf der nationalstaatlichen Ebene gelöst werden. Botschafter Behr merkte an, dass man sich auch das durch das Friedensprojekt Europa bereits Erreichte vor Augen führen müsse. Dies sei die Grundlage für das, was die EU mit Blick auf die globalen Herausforderungen in Zukunft leisten müsse. Ferner betonte Botschafter Behr aber auch, dass westliche Staaten die Angst ostmitteleuropäischer Staaten vor einem Souveränitätsverlust verstehen müssten. Man dürfe nicht vergessen, dass durch die historischen Erfahrungen der ostmitteleuropäischen Staaten, die Souveränitätsfrage ein sensibles Thema sei. Dieses bilde die Grundlage für einen Trend zur „Postnationalisierung“ in diesen Staaten.
Daraufhin diskutierten die Vortragenden mit den Studierenden Fragen der Europäischen Integration und des aufkeimenden Nationalismus in den EU-Staaten. Ein besonders wichtiges Anliegen der Studierenden waren die Kommunikationsprobleme innerhalb der Europäischen Union. Dabei wurde schnell klar, dass vor allem die Vermittlung der EU im Bürgerkontext ausbaufähig sei. Botschafter Behr und Botschafter Kowalski waren sich einig darin, dass die EU ein Ziel brauche, wohin die europäische Integration in der Zukunft steuern solle. Deutlich wurde von Seiten der Studierenden darauf hingewiesen, dass die Identifikation des Bürgers mit Europa dabei eine wichtige Rolle spiele. Weiterhin wurde auch die Relevanz von Sicherheitsfragen im Kontext der EU betont. Botschafter Kowalski erwähnte in diesem Zusammenhang nochmals, dass es wichtig sei, in diesen Fragen die Interessen der Mitgliedstaaten zu einem gemeinsamen Standpunkt zu verbinden.
Abschließend stand die Frage im Raum, was man zukünftig in der EU besser machen könne. Dale A. Martin stellte in Anknüpfung an sein Eingangsstatement heraus, dass jeder einen Beitrag dazu leisten müsse. Die EU sei wertvoll und darum sei der Beitrag jedes Einzelnen von großer Wichtigkeit für die Zukunft der EU. Botschafter Behr betonte, man solle einen positiven Blick in die Zukunft richten, woraufhin er einen Appell an die Studierenden richtete, die Initiative zu ergreifen und das Projekt Europa fortzuführen. Dem schloss sich auch Botschafter Kowalski an. Zusammenfassend stellte Prof. Hansen fest, dass die EU und die nationalen Einzelinteressen in Einklang gebracht werden müssten und dadurch der aufkeimende Populismus unterbunden werden müsse.
Letztlich waren sich alle Anwesenden einig, dass die EU zukünftig ein verbindliches Integrationsziel brauche, um die derzeitigen Probleme zu lösen. Welches Ziel aber verfolgt werden solle, blieb zumindest vorerst offen: Es liege aber auch an der Generation der Studierenden, die EU in die richtige Richtung zu lenken und das Vertrauen zwischen den Völkern Europas und deren Vertrauen in die EU zurückzugewinnen und zu stärken.
Text: Julia Peters