Am 24. Februar wurde im Andrássy-Saal das Buch "Klios Schuld, Klios Sühne. Politische Wendepunkte und Historie im Karpatenbecken 1867-2000" von Prof. Dr. Attila Pók vorgestellt: 16 Artikel und Aufsätze widmen sich der Geschichte wichtiger politischer Umbrüche im 19. und 20. Jahrhundert, Problemen der Geschichtspolitik und der kollektiven Erinnerung. Die Beiträge suchen nach den Ursachen historischer Neuorientierung in Ungarn und der gesamten mitteleuropäischen Region.
Der Autor selbst ist Historiker, stellvertretender Direktor des Instituts für Geschichtswissenschaft im Forschungszentrum für Humanwissenschaften der Ungarischen Akademie der Wissenschaften (MTA), Generalsekretär des Ungarischen Historischen Vereins und u.a. als Gastprofessor an der Columbia Universität in New York tätig.
Anlässlich der Buchvorstellung würdigten Prof. Dr. Arnold Suppan und Prof. Dr. Ferenc Glatz den Band ihrerseits durch Beiträge. Die Gesprächsleitung hatte Prof. Dr. Andreas Oplatka, der in seiner Einleitung ausdrücklich darauf hinwies, wie wichtig es sei, Arbeiten zur Geschichte Ungarns in Fremdsprachen, so etwa hier auf Deutsch, herauszugeben: Bücher dieser Art erleichterten dem Ausland das Verständnis der ungarischen Gegenwart, weil in diesem Land – wie in Ost- und Mitteleuropa allgemein – historische Argumente auch in der Politik ein nicht unbedeutendes Gewicht haben.
Glatz zeichnete die wissenschaftliche Laufbahn Póks nach, da er den Verfasser aus Jahrzehnte langer Zusammenarbeit gut kennt. Besonders wies er darauf hin, dass durch Póks Aufsätze Einblicke in die Hintergründe all jener harten Umbrüche vermittelt werden, die für Ostmittel- und Osteuropa kennzeichnend sind. Die Arbeiten Póks gäben, so Glatz, gerade auch über die Mentalität der Region Auskunft, was wiederum gewisse wiederkehrende Reaktionsweisen erhelle. Glatz stellte fest, dass Streit um Grenzen, dessen Preis stets Blut ist, nach seiner und ebenso nach der Meinung des Verfassers endlich ein Ende haben müsse.
Suppan, den Studierenden der AUB als Historiker bestens bekannt, beschäftigte sich seinerseits mit einigen Fällen, die auch in Póks Buch abgehandelt werden: Die Anmerkungen Suppans waren durchweg anerkennend, zugleich stellte er weiterführende Fragen, so in Zusammenhang mit Póks Studie über die Staatsstruktur und das Verwaltungssystem des Habsburgerreichs sowie mit der an Jenő Szűcs anschliessenden Arbeit über Europas historisch entstandene Regionen; ebenso befasste er sich mit Póks These, dass bzgl. politischer Misserfolge im östlichen Europa oft „Sündenböcke“ gesucht und verantwortlich gemacht würden.
Eine lebhafte Diskussion über Volksabstimmungen in der Geschichte, bei denen es um Grenzziehungen ging, bildete das Ende des offiziellen Teils der Veranstaltung. Ein Empfang schloss den durch die AUB, das Europa Institut Budapest und das Institut für Geschichtswissenschaft im Forschungszentrum für Humanwissenschaften der Ungarischen Akademie der Wissenschaften gemeinsam veranstalteten Abend ab.
Text. Henriett Kovács / Ágnes Wörster