Beim Doktorandenkolloqium trafen dieses Jahr Informatikprofessoren auf Herolde und Feldpostkarten aus dem Ersten Weltkrieg auf Science Blogs des 21. Jahrhunderts.
Betritt man die Räumlichkeiten des Büros für Internationale Beziehungen an der Uni Innsbruck, so fühlt man sich ins Mittelalter versetzt. Gleich neben dem Goldenen Dachl in der Herzog-Friedrich-Straße trafen sich die Studierenden aus Budapest und aus der Europaregion Tirol-Südtirol-Trentino im Claudiasaal unter einem riesigen Portrait der Tiroler Landesfürstin Claudia de‘ Medici.
Schon in der Begrüßung nahmen der Innsbrucker Vizerektor Prof. Dr. Bernhard Fügenschuh, der Dekan der Fakultät für Bildungswissenschaften der Uni Bozen in Brixen Prof. Dr. Paul Videsott und Sieghard Gamper als Vertreter der Autonomen Region Trentino-Südtirol auf die große Landesfürstin Bezug, die nach dem Tod ihres Gatten Erzherzog Leopold von 1632 bis 1646 die Regierungsgeschäfte allein übernahm. In Bozen begründete sie das Merkantilmagistrat, ein bilateral deutsch-italienisch besetztes Sondergericht in Handelssachen und unterstrich damit die bis heute andauernde Bedeutung dieses Gebiets für den Wirtschaftsaustausch zwischen Nord und Süd und für das Aufeinandertreffen zweier großer europäischer Kulturnationen.
Generalthema des Seminars waren die Möglichkeiten und Herausforderungen der Digitalisierung, wozu Prof. Dr. Justus Piater vom Institut für Informatik der Uni Innsbruck das einleitende Eröffnungsreferat hielt. Diese Thematik wurde anschließend an einem Runden Tisch interdisziplinär zwischen Vertretern der Uni Innsbruck, der AUB und der Uni Bozen diskutiert. Die Möglichkeiten einer digitalen Welt griff am zweiten Tag – während des Soft-Skill-Workshops – auch die EURAC-Mitarbeiterin Petra Malfertheiner auf, die den temporären Wissenschaftsblog EUreka zur Wahl zum Europaparlament vorstellte. 100 Jahre zurück katapultierte uns wiederum der Historiker Prof. Dr. Georg Grote, der den Briefverkehr während des Ersten Weltkriegs in der Europaregion Tirol-Südtirol-Trentino erforscht. Ein großangelegtes Forschungsprojekt der EURAC in Bozen, bei dem es interdisziplinär neben der historischen Einbettung von „civil history“ auch um die sich wandelnde Rolle der Frau während des Kriegs, um die technische und gestalterische Veränderung des Bildmaterials bis hin zum für Linguisten interessanten Textkorpus von damals geht.
Drei parallele Workshops zu den Themen Wirtschaft und Recht (Leiter Rektor Prof. Dr. Dietmar Meyer, AUB), Geschichte (Prof. Dr. Georg Grote von der EURAC und Prof. Dr. Paul Videsott von der Uni Brixen) und Politikwissenschaften (Prof. Dr. Ellen Bos, AUB) ermöglichten den 20 DoktorandInnen von der AUB, der Universität Innsbruck und der Freien Universität Bozen ihre Dissertationsprojekte vorzustellen und zu diskutieren.
Der Workshop der Wirtschafts- und Rechtswissenschaften fand unter der Leitung von Prof. Dr. Dietmar Meyer, Rektor der AUB, statt. Im Rahmen eines Runden Tisches stellten die Doktoranden den aktuellen Stand ihrer Dissertationsprojekte vor. Dabei erwies sich die Zusammenlegung mit den Rechtswissenschaftlern als Glücksgriff, da die Betrachtung thematischer Schnittstellen beider Wissenschaftsbereiche aus zwei verschiedenen Perspektiven die Grundlage für einen spannenden wie produktiven Austausch lieferte.
Im Rahmen des Workshops im Forschungsfeld der Politikwissenschaften haben drei DoktorandInnen der AUB ihre Dissertationsthemen vorgestellt. Am Workshop haben auch interessierte DoktorandInnen der Universität Innsbruck teilgenommen. Als Abschluss ist eine sehr interessante und lebendige Diskussion zu diversen Themenbereichen wie europäische Identität, Rechtsextremismus und die Europäisierung des Westbalkans entstanden.
Im Workshop des Teilbereichs Geschichte wurden verschiedene Themenbereiche, Methoden und Herangehensweisen der Geschichts- bzw. Kulturwissenschaften erörtert. Dabei wurde die Problematik der (Nicht-)Quantifizierbarkeit von geisteswissenschaftlichen Forschungen angesprochen. Des Weiteren wurden bei der Präsentation der Forschungsprojekte der DissertantInnen anknüpfend an das Hauptthema des Doktorandenkolloquiums die Möglichkeiten und Herausforderungen der Digitalisierung im Bereich Geschichte behandelt. Ausführlicher wurden die Themenbereiche Identitätskonstruktionen in der ausgehenden Österreich-Ungarischen Monarchie, Anwendung digitaler Methoden in der Philosophie und die Aussichten einer multidisziplinär angelegten Geschichtswissenschaft diskutiert.
Als Abschluss der zweitägigen Veranstaltung fand passend zum Maximilianjubiläum, das die Tiroler im Gedenken an den 500. Todestag von Kaiser Maximilian I., dem „Letzten Ritter und ersten Europäer“ feiern sowie zum 350. Jubiläum der Universität Innsbruck eine Universitätsthemenführung statt. Standesgemäß führte ein Pedell im historischen Kostüm die Studierenden durch Innsbrucks historische und moderne Sehenswürdigkeiten.
Das nächste Doktorandenkolloquium wird am 21.-22. November 2019 an der AUB in Budapest stattfinden.
Günther RAUTZ, Erik PELTERS, Viktória MUKA, Fanni ELEK