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Identität, Migration und Interkulturalität in den Literaturen Mitteleuropas
Lehrstuhl für Kulturwissenschaften
Workshop und Konferenz

Die interuniversitäre Forschungsgruppe „Identität, Migration und Interkulturalität in den Literaturen Mitteleuropas“ veranstaltete im November 2016 einen bilateralen Workshop zum Thema „Das Heimische und das Fremde in der Literatur und in der Kultur“ sowie eine internationale Konferenz zum Thema „Identität, Migration, Interkulturalität und Internationalität in den Literaturen Mitteleuropas“.

Die Forschungsgruppe ist eine gemeinsame Initiative von MitarbeiterInnen des Lehrstuhls für Kulturwissenschaften der Andrássy Universität Budapest (AUB) und des Lehrstuhls für Moderne Philologie der János-Selye-Universität (JSU) in Komárom (Slowakei).

Während des eintägigen Workshops am 10. November 2016 an der Pädagogischen Fakultät der JSU – organisiert von Dr. habil. Károly Vajda (JSU) in Zusammenarbeit mit Doz. Dr. Marcell Mártonffy (AUB) – referierten neun ForscherInnen aus der Slowakei und aus Ungarn zum spezifischen Beitrag der literarischen Moderne zur Vermittlung zwischen Fremdheit und deren möglicher Überwindung. Die Referate umfassten dabei ein breites Spektrum von (Lebens)werken der mitteleuropäischen Lyrik und Prosa, aber auch Schriften von namhaften AutorInnen aus anderen kulturrelevanten Bereichen wie etwa der Philosophie und der Religion.

Die von Doz. Dr. Mártonffy organisierte internationale Konferenz fand vom 24. – 25. November 2016 an der AUB statt. Zusammen mit VertreterInnen der am Forschungsprojekt beteiligten Partneruniversitäten –neben der AUB und der JSU die Universität Danzig (Polen) und die Palacky-Universität Olmütz (Tschechische Republik) – nahmen auch MitarbeiterInnen der Freien Universität Bozen (Italien) teil.

Im Laufe der größtenteils deutschsprachigen Veranstaltung, die durch eine entsprechende italienische Sektion bereichert wurde, sind vor allem zentrale Fragen der Migration innerhalb des europäischen Raumes, bzw. aus Ostmitteleuropa in Richtung Westeuropa erörtert und diskutiert worden. Ausschlaggebend war dabei die literarische Annäherung zu verschiedenen, mit der Migration zusammenhängenden Phänomenen. Wie der Eröffnungsvortrag von Dr. Karl Vajda unterstrich, könne zwar der Auswanderer, der zugleich Einwanderer sei, nach und nach mit der Fremden vertraut werden, aber nur insofern er sich ihr anvertraue. „Im Umschlag der Fremdheit in Vertrautheit darf” jedoch „die eigene Herkunft nicht unterschlagen werden, sie soll vielmehr in die gemeinsame Zukunft einfließen. Die allerpersönlichste Art und Weise, wie dieser zukunftsoffene Prozess einer breiten Öffentlichkeit anvertraut werden kann, ist zweifelsohne die Literatur. Sie versteht oft zur Sprache zu bringen, was der Wissenschaft treffend zu formulieren versagt bleibt. Die Literatur vermag ja gerade den existentiellen Abgrund von Fremdheit und Not in seiner wahren, d. h. besonderen, nicht zu verallgemeinernden und daher wissenschaftlich auch nicht recht erfassbaren Dimension zu erloten.”

Über die eingehende Erarbeitung vieler Aspekte hinaus, die sich aus der Wahrnehmung der unumgänglichen – u. a. therapeutischen – Rolle von literarischen Texten in der Vertiefung der Migrationsproblematik ergaben, sollen hier besonders zwei durchaus unerwartete Ergebnisse der Auseinandersetzung mit Werken der einzelnen Nationalliteraturen hervorgehoben werden. Einerseits kam es während der Diskussion zu einem produktiven Vergleich von Minderheitserfahrungen, welche normalerweise ziemlich selten aufeinandertreffen, wie etwa die der kaschubischen (Polen) und der ladinischen (Südtirol) Minderheit. Andererseits wurde klar, dass der Begriff Migration auch diesseits der Interkulturalität sinnvoll verwendet werden kann: als die Bezeichnung eines sozialen Prozesses innerhalb der jeweiligen Kultur, nämlich der Auswanderung „aus der Armut”, deren vielfältige literarische Thematisierung plausible Analogien zum interkulturellen Gespräch zu liefern vermag. Die Konferenz an der AUB kann als erster Schritt einer sich fortsetzenden Zusammenarbeit betrachtet werden, und so wird die in den mitteleuropäischen Literaturen keineswegs unwichtige Armutsproblematik sicherlich als einer der nächsten Schwerpunkte künftiger Diskussionen zu Wort kommen.

Der Workshop und die Konferenz wurden durch die finanzielle Unterstützung des International Visegrad Funds ermöglicht.

Text: Marcell Mártonffy

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