Zur Feier des anstehenden 150. Jahrestages der Ratifikation der Genfer Konvention lud die Fakultät für Internationale Beziehungen der Andrássy Universität Budapest (AUB), die Botschaft der Schweiz in Ungarn sowie das Ungarische Außenministerium am 29. November 2013 zu einem internationalen Expertenworkshop ein. Gäste waren neben bekannten WissenschaftlerInnen insbesondere auch PraktikerInnen aus dem Bereich des Humanitären Völkerrechts.
Prof. Dr. András Masát, Rektor der AUB, S.E. Jean-François Paroz, Botschafter der Schweiz in Ungarn sowie der Referatsleiter der Abteilung Völkerrecht des Ungarischen Außenministeriums, Dr. Csaba Pákozdi, begrüßten die Gäste im Andrássy-Saal im Namen der VeranstalterInnen. Sie hoben insbesondere die Verbindung der Schweiz zum Humanitären Völkerrecht hervor. Denn schließlich war es der Genfer Henry Dunant, der mit seinen Vorschlägen den Abschluss der ersten Genfer Konvention von 1864 initiiert hat. Abgeschreckt von den Geschehnissen rund um die Schlacht von Solferino, bei der es Tausende von verwundeten Soldaten an Hilfe mangelte, organisierte er zunächst – unparteiische – Hilfe vor Ort und setzte sich später dafür ein, dass das „Los der im Felddienst verwundeten Militärpersonen“ in Zukunft gelindert werden konnte. Auch heute, so die Redner, tragen die Regierungen eine besondere Verantwortung.
Im ersten Panel „150 Jahre Humanitäre Aktionen“ wurde unter der Moderation von Dr. Zoltán Tibor Pállinger besonders auf die historische Entwicklung des Humanitären Völkerrechts beleuchtet. So skizzierte Prof. Dr. Erich Kussbach, österreichischer Botschafter a.D. und Botschafter a.D. des Souveränen Malteser Ritterordens, in seinem Vortrag unter dem Titel „150 Jahre Einsatz für die Opfer des Krieges – von Solferino bis heute“ nicht nur die Etablierung der Genfer sowie der Haager Konvention, sondern auch die Weiterentwicklung des Humanitären Völkerrechts bis zur Annahme der Menschenrechtspakte der Vereinten Nationen 1960. Er plädierte sehr für die inhaltliche Fortführung und Vertiefung dieses bereits existierenden Rechtes und damit auch eine „Förderung des öffentlichen Gewissens“ gemäß der naturrechtlichen Lehre. Frau Dr. Yulia Gusynina Paroz von der Internationalen Föderation der Rotkreuz- und Rothalbmondgesellschaften skizzierte in ihrem Vortrag „Die Nationalen Rotkreuz-Gesellschaften nach 150 Jahren“ die Entwicklung sowie die gegenwärtigen und zukünftigen Herausforderungen. Schließlich beleuchtete Dr. Tamás Hoffman von der Corvinus Universität Budapest in seinem Vortrag das Spannungsverhältnis zwischen Universalität und Partikularismus im Humanitären Völkerrecht.
Das zweite Panel wurde von Prof. Dr. László Kiss geleitet. Spezifisch wurde auf die neuen Herausforderungen eingegangen, welche sich dem Humanitären Völkerrecht aufgrund der neuen Konfliktformen stellen. Vorträge wurden gehalten von Herrn Dr. György Tatár zu „Verhinderung von Völkermord, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit“, von Prof. Dr. Jürg Martin Gabriel zu „Die maritimen Grenzen von Schengen: Humanitäre und rechtliche Aspekte“ sowie Dr. Csaba Pákozdi das Thema „Aktuelle Herausforderungen des IStGH“ vortrug. In diesem Panel wurden dementsprechend die Themen Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Migration, Internationaler Strafgerichtshof sowie die Entwicklung der Kriegsführung mit Drohnen als problematisch angeschnitten. Die Entwicklung der Drohnennutzung wurde durch Dr. Dr. Pohl, Dekan der Fakultät für Internationale Beziehungen der AUB, vertieft. Er schloss mit der „schlechten Nachricht“, dass die Nutzung unbemannter Flugzeuge in Zukunft wohl nicht zu vermeiden sei und Regierungen schon seit langem an den technischen Möglichkeiten forschen, um diese für militärische Zwecke nutzen zu können. In Folge dessen sei es von besonderer Wichtigkeit, so Dr. Dr. Pohl, diese Gegebenheiten „rechtlich einzufassen, sowohl bezüglich der Einsatzparameter als auch der Grenzen dessen.“
Das dritte Panel stand unter der Leitung von Dr. Dr. Dietrich F. R. Pohl. Abschließend wurden aus Sicht der Praxis neue Instrumente und Lösungen für die in den vorangegangenen Panels aufgezeigten Problemfelder diskutiert. Dementsprechend sprach S.E. Nicolas Lang, Sonderbotschafter für die Anwendung des Humanitären Völkerrechtes vom Eidgenössischen Department für auswärtige Angelegenheiten von dem besonderen Problem, dass es kein System der Compliance in der Genfer Konvention gibt und es in Folge wichtig sei, eine solche Möglichkeit zu etablieren. Dr. Gergely Tóth, Mitarbeiter des ungarischen Verteidigungsministeriums, stellte die Fragen, die sich für die ungarische Armee aus dem Konzept der „Responsibility To Protect“ ergeben, vor. Katja Schöberl, Juristin des Deutschen Roten Kreuzes, erläuterte das im April dieses Jahres erfolgreich verabschiedete Arms Trade Treaty (ATT). Abschließend sprach Renato Wolf zum Thema „Fighting Impunity: Integration des Humanitären Völkerrechtes – vom Wissen zum Anwenden“ und rückte damit die praktische Perspektive des Humanitären Völkerrechts in den Vordergrund.
Alle TeilnehmerInnen waren sich einig, dass die neuen Entwicklungen nach ständig neuen Anpassungen und Verbesserungen im Humanitären Völkerrecht verlangen, die von politischen Entscheidungsträgern umzusetzen seien. Der internationale Expertenworkshop hat hierzu wichtige Impulse gesetzt.
Text: Katrin Krämer