In insgesamt sieben Vorträgen, die teils live gestreamt wurden, zeigten Doktorandinnen und Lehrende, was die AUB in Sachen Forschung zu bieten hat.
Den Auftakt machte Dr. Orsolya Lénárt, deren Forschungsschwerpunkt auf deutschsprachiger Literatur im Königreich Ungarn in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts liegt. In ihrem Vortrag begab sich Lénárt auf die Suche nach Sprache und Nation im ungarischen Reformzeitalter. Die ungarische Sprache befand sich Ende des 18.Jahrhunderts noch in einer Krise, es gab Debatten über den Fortschritt der ungarischen geistigen Kultur und auch die Nationalbibliothek wurde in dieser Zeit gegründet. Um die Erneuerung der ungarischen Sprache entbrannte ein heftiger politischer Streit. Lénárt beschrieb die Entwicklungen von Sprache und Findung nationaler ungarischer Identität, die miteinander einhergingen.
Im Anschluss gab Anneliese Rieger einen Einblick in ihre Forschung zur Sprachpolitik. Sprachpolitik begleite und präge die Menschen von Geburt an, wobei soziale Eliten den Ton angeben und bestimmen, was schick und angesehen ist. Sie ging ein auf Sprachpolitik als Mittel der Standardisierung und Orientierung für eine korrekte Sprache. Ein aus Riegers Sicht höchst spannender Bereich ist die Selbstwirksamkeit durch Sprache. Dort gehe es in die individuelle, persönliche Ebene. „Schmetterlingspolitik“ sei ein Ausdruck dafür, dass zum richtigen Zeitpunkt selbst kleinste Maßnahmen in einem instabilen System zu großen Veränderungen führen können. Im zwischenmenschlichen Bereich blieb sie dann in ihrem Vortrag und ging ein auf das Verhältnis von „Ich“, „Sprache“ und „Kontext“ sowie auf Sprachgewalt und Sprachwohltat.
Ein Themenwechsel fand statt mit der Einführung von Dr. Kristina Kurze in ein digitales Planspiel zur EU-Erweiterungspolitik, das im April und Mai für Studierende der AUB angeboten wird. Das Planspiel um die EU-Erweiterungspolitik wird eine Hochschulkooperation zwischen der AUB und Universitäten in Göttingen und Belgrad sein und mithilfe des DAAD-Programms „International Virtual Academic Cooperation“ (IVAC) durchgeführt werden. In verschiedene Rollen unterteilt (die 27 Mitgliedstaaten im Rat bzw. im Europäischen Rat, die Fraktionen im Europäischen Parlament, Mitarbeitende der Europäischen Kommission sowie Medienvertreter) werden die teilnehmenden Studierenden einen Beitrittsprozess eines Westbalkanstaates simulieren können.
Zum Thema Beitrittsverfahren gab auch Doktorandin Edina Paleviq Einblick in ihre Forschung zum Beitritt Montenegros zur EU. Lange habe sich politisch nicht viel verändert im Land, doch die Wahl der neuen Regierung im August diesen Jahres bedeute einen Wendepunkt in der rund 30 Jahre andauernden Dominanz einer politischen Partei mit Milo Đukanović als dominierender Figur. Seit 2017 ist Montenegro NATO-Mitglied, die Beitrittsverhandlungen wurden 2012 eröffnet und bisher drei Kapitel geschlossen.
In der Region blieb die Doktorandin Martina Plantak mit der Forschung zu „Everyday nationalism“ in Slowenien. Der „Everyday nationalism approach“ ist ein moderner Ansatz in der Naionalismusforschung. Anhand von fünf Dimensionen des „everyday nationalism“ nach Michael Skey ging Plantak auf den alltäglichen Nationalismus in Slovenien ein und bot den Zuhörenden einen interessanten Einblick in das slowenische nationale Narrativ.
Über den Atlantik führte am Abend der Vortrag von Dr. Heinricht Kreft über vergangenen Präsidentschaftswahlen in den USA und, was sie für Europa und die Welt bedeuten könnten. Die US-Außenpolitik sei wichtig für fast alle Staaten der Welt und die letzten vier Jahre unter der Präsidentschaft von Trump seien eine schwierige Zeit für Europa und die transatlantischen Beziehungen generell gewesen. Joe Biden stehe nun vor vielen Herausforderungen.
Zum Abschluss präsentierten Prof. Dr. Zoltán Tibor Pállinger und Dorottya Víg in ihrem ungarischsprachigen Vortrag „De mi is ez a Vokskabin?“ das Projekt Vokskabin, einer Initiative der AUB und dem Netzwerk Politische Kommunikation (netPOL) und unterstützt vom Auswärtigen Amt. Vokskabin ist ein Online-Tool, mithilfe dessen Interessierte vor Wahlen ihre Standpunkte mit denen der wichtigsten Parteien der ungarischen Parteienlandschaft abgleichen können. Hierzu sollen verschiedene (gesellschafts-)politische Fragen beantwortet werden. Anschließend erfolgt in der Auswertung die Angabe der Übereinstimmung der eigenen Antworten mit denen der Parteien. Das Projekt ist als Orientierungshilfe gedacht und soll keine Wahlentscheidung ersetzen.
Mit der Vielseitigkeit der Forschungsthemen, die im Rahmen der Langen Nacht der Forschung am 27. November präsentiert wurden, zeigt sich einmal mehr das interdisziplinäre und internationale Profil der AUB.
Schilan STACH