Richard Lein erhielt die Auszeichnung für die aus seiner Dissertation hervorgegangene Monographie „Pflichterfüllung oder Hochverrat? Die tschechischen Soldaten Österreich-Ungarns im Ersten Weltkrieg“.
In seiner Laudatio führte der Geschäftsführer des Karl von Vogelsang-Instituts, Helmut Wohnout, unter anderem aus: „Die Untersuchung Leins kreist um ein Klischeebild, das sich hartnäckig in der Öffentlichkeit, aber auch in der historisch-wissenschaftlichen Literatur über fast ein Jahrhundert gehalten hat. Es geht um die zum Stereotyp gewordene Behauptung, wonach sich die tschechischen Soldaten der österreichisch-ungarischen Armee in vielen Fällen ungehorsam verhalten und sich im Kampfeinsatz als unzuverlässig erwiesen hätten. Der Vorwurf gipfelte darin, dass sie sich nicht an ihren Fahneneid gehalten hätten, ja in einzelnen Gefechten im großen Stil zu Einheiten des Gegners übergelaufen seien. Lein falsifiziert dieses Klischeebild, indem er an Hand seiner intensiven Primärquellenstudien in österreichischen wie tschechischen Archiven aufzeigt, dass ein solcher Befund militärhistorisch schlicht und einfach unzutreffend ist. Darüber hinaus geht er der Entstehungsgeschichte und der politischen Instrumentalisierung dieses Mythos nach. Er stellt die Frage, wem er nutzte und weshalb er über Jahrzehnte – praktisch unwidersprochen – tradiert werden konnte. […] Es ist das Verdienst Richard Leins dieses ‚hundertjährige historische Vorurteil‘ nachhaltig und primärquellenbasiert widerlegt zu haben. Seine Arbeit ist sowohl von der deutschsprachigen Scientific Community wie auch von der tschechischen Forschung aufmerksam rezipiert worden, wenngleich er sich anfangs damit, wie dies bei der Widerlegung von Klischeebildern vorkommt, nicht nur Freunde gemacht hat. […] In einer Besprechung schreibt der Salzburger Ordinarius für Österreichische Geschichte, Laurence Cole, dass Leins Buch unverzichtbar für die Militärgeschichte der österreichisch-ungarischen Armee und das Ende der Habsburgermonarchie ist und fügt hinzu: ‚Lein hat hiermit eine exemplarische, wichtige Arbeit vorgelegt.‘ Dem ist eigentlich nichts mehr hinzuzufügen.“
Den Hauptpreis des „Karl von Vogelsang-Staatspreis – Österreichischer Staatspreis für Geschichte der Gesellschaftswissenschaften“, der für besonders hervorragende Leistungen im Bereich der Geschichte der Gesellschaftswissenschaften verliehen wird, erhielt der polnische Historiker Prof. Adam Kozuchowski.
Rund 150 Besucherinnen und Besucher wohnten der Staatspreisverleihung im Palais Harrach bei und ließen den offiziellen Teil bei einem Glas Wein und einem kleinen Buffet ausklingen.
Foto: Sabine Klimpt, Lichtblick KG
Das Foto zeigt Gerhard Pfeisinger und Richard Lein (von links).