Am 07. Juni 2017 hielt das European Law Institute in Kooperation mit der Andrássy Universität Budapest (AUB), der ELTE Universität, der Kúria Budapest und mit der Unterstützung der Konrad-Adenauer-Stiftung eine Konferenz zum Thema europäisches Verwaltungsrecht an. Unter der Leitung des Koordinators und AUB-Gastprofessors PD Dr. Alexander Balthasar trafen sich die Mitglieder der Study and Interest Group „Administrative Law“ des European Law Instituts zum Austausch diverser Themen und Ideen.
Dr. Alexander Balthasar, Dr. István Kónya (Vizepräsident der Kúria) und Prof. Pál Sonnevend (Vize-Dekan der Law Faculty for International Relations der ELTE Universität) hießen die Teilnehmer willkommen und gingen in ihren Begrüßungsreden auf die bestehenden Ängste vor einem Ende des europäischen Integrationsprozesses und die aktuellen Herausforderungen der Europäischen Union ein. Balthasar betonte, dass die EU eine Gemeinschaft des Rechts sei und dass es von großer Bedeutung sei, dieses Recht zu stärken. Die Organisatoren hoben in diesem Zusammenhang die spezielle Funktion des European Law Instituts hervor, welches einen bedeutenden Beitrag für den Fortbestand der EU leiste und auf seinen Konferenzen nicht nur existierende Thematiken anspreche, sondern auch eine Weiterentwicklung fördere.
In vier Panels kamen insgesamt zwölf Sprecher zu Wort, welche durch unterschiedliche Herkunft und verschiedene Berufsbilder die Vielfalt der EU darzustellen vermochten. Der thematische Aufbau der Panels bewegte sich über Allgemeines, Spezialthemen und praxisrelevanten Themen hin zu aktuellen Fragestellungen.
Im ersten Panel führte Prof. Christoph Paulus (Humboldt Universität Berlin) die Zuhörer zurück in die Zeiten des Römischen Reiches und lobte dessen Verwaltung. Assoc. Prof. Krisztina Rozsnyai (ELTE Universität Budapest) erläuterte das aktuelle Verwaltungsverfahrensrecht und den Verfahrenskodex in Ungarn. Abschließend stellte PD Dr. Attila Vincze im Rahmen seines Vortrages über den Einfluss des europäischen Verwaltungsrechtes auf die mitgliedstaatlichen Rechtsordnungen sein Buch „Unionsrecht und Verwaltungsrecht. Eine rechtsvergleichende Untersuchung zur Rezeption des Unionsrechts“ vor, in welchem er den Ursachen für Konvergenzbewegungen oder Resistenzen der nationalen Rechte nachgeht und so die Reaktion fünf verschiedener Verwaltungsrechtsordnungen auf den Einfluss der EU darlegt.
Das folgende Panel behandelte das Spezialthema ‚Recht auf gute Verwaltung‘. Assoc. Prof. Polonca Kovač (University of Ljubljana), Richter Marc Clément (Adminstrative Court of Appeal of Lyon) und Rechtsanwältin Mariella Fiorentino (Neapel) gingen der Frage nach fundamentalen Prinzipien im Verwaltungsverfahrensrecht und einem Spill-Over-Effekt des Art. 41 Charta der Grundrechte der Europäischen Union nach. Die Podiumsgäste gingen dabei näher auf die Durchsetzbarkeit des Rechts auf gute Verwaltung ein und forderten eine Weiterentwicklung in der Rechtsprechung. Einigkeit herrschte über die Bindungswirkung, die Art. 41 GrCH als generelles Prinzip in mitgliedsstaatlicher Jurisdiktion erziele.
Im Rahmen des dritten Panels sprach Dulce Lopes (University of Coimbra) über die Anerkennung und Durchsetzung von fremdstaatlichen Verwaltungsakten und die neusten Entwicklungen in diesem Bereich. Univ.-Prof. Dr. Konrad Lachmayer (Siegmund-Freud-Universität Wien) stellte seine Überlegungen zum Thema Europäische Agenturen vor, welche ein stark quantitatives Wachstum erleben und damit Teil einer Machtverschiebung sind. Er nannte beispielhaft drei Agenturen, u.a. Frontex, welche administrative Tätigkeiten übernehmen und schloss mit der Konklusion, dass europäisches Verwaltungsrecht zunehmend harmoniert werden sollte, da gewisse Standards notwendig seien. Den Abschluss machte Assoc. Prof. Anna Simonati (University of Trentino). Simonatis Vortrag beschäftigte sich mit dem Thema Transparenz und die Pflicht zur Entscheidungsbegründung am Beispiel von italienischem Fallrecht.
Das letzte Panel war geprägt von Aktualitäten. Zunächst äußerte Dr. Mariia Muravska (Central Scientific Experts Office of the Parliament of Ukraine) ihre Gedanken bzw. Bedenken zum Bodenschutzmanagement der EU. Rechtsanwältin Athina Moraita (Athen) schloss zeitgemäß an mit der Behandlung der Migrations- und Flüchtlingskrise aus griechischer Sicht, wobei sie sich auf die Implementierung der Europäischen Menschenrechtskonvention in der griechischen Rechtsprechung fokussierte. In der finalen Rede fragte Dr. Bruno Reynaud de Sousa (Portucalense University) nach der Relevanz des internationalen öffentlichen Rechts im Bereich Migration. Er kam zu dem Schluss, dass aktuell eine Dysfunktionalität im Bereich der Flüchtlingsregelungen herrsche. Reynaud de Sousa forderte, weiter an bestehende Konventionen zu glauben, da das Recht wirkungsvoll sein könne und legt diverse Lösungsansätze dar, u.a. könne das European Law Institute dazu einen Beitrag leisten.
Text: Katja Posselt