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Die Serbisch-Orthodoxe Kirche als Teil der nationalen Identität
Die Religionsjournalistin Jelena Jorgačević Kisić sprach über die Serbisch-Orthodoxe Kirche und ihren Einfluss auf Politik und Gesellschaft in Serbien und der Region. Insbesondere die identitätsstiftende Funktion der Kirche spielt eine wichtige Rolle.

image by AUB

Dr. Heinrich, Leiter des Lehrstuhls Diplomatie II, begrüßte am 31. Mai 2023 die renommierte serbische Religionsjournalistin Jelena Jorgačević Kisić im Spiegelsaal der Andrássy Universität. Im Rahmen der Vortragsreihe ‘Religion und Diplomatie‘, die von der Hanns-Seidel-Stiftung gefördert wird, stand dieses Mal die Serbisch-Orthodoxe Kirche (SOK) und ihr Einfluss im Westbalkan im Fokus.

Kreft hob in seiner Eröffnungsrede die Bedeutung von Religion auf dem Balkan hervor, wobei die Serbisch-Orthodoxe Kirche selbst zur größten Religionsgemeinschaft in der Region zählt. In Serbien bekennen sich zwischen 74 bis 85 Prozent der BürgerInnen zur Orthodoxie. Jorgačević Kisić betonte hierbei für Serbien auch die besondere nationale und traditionelle Dimension der Identifizierung mit der SOK, die sie mit dem Begriff „belonging without believing“ beschrieb.

Im historischen Rückblick ist laut Jorgačević Kisić vor allem hervorzuheben, dass es im ehemaligen Jugoslawien zu einer strengen Trennung zwischen Kirche und Staat kam. So wurde während des kommunistischen Regimes versucht, die Kirche mit verschiedenen Instrumenten zu unterdrücken. Dies habe dazu geführt, dass sich die Ausübung von Religion auf den privaten Raum beschränkte. Als die Kirche in den 1980er und 90er-Jahren zurück in den öffentlichen Raum kam, war sie nicht auf die Herausforderungen als „öffentliche“ Kirche vorbereitet. Auch wurde die Kirche als Hüterin der nationalen Identität und Tradition bereits in den frühen 90er-Jahren politisiert. Das Bild der Kirche als Märtyrerin, das auch in den Kriegen der 90er-Jahre relevant war, sei sehr gefährlich betonte die Religionsjournalistin, weil es alle anderen ausschließt und gleichzeitig als Rechtfertigung für eigenes Handeln genutzt werden kann. Da zudem die SOK als Grundpfeiler der Nation angesehen wird, werde Kritik an der Kirche schnell als „Verrat“ gewertet. In den 2000er-Jahren versuchte die SOK schließlich ihren Platz in der Gesellschaft zu finden. Mit Blick auf die jüngeren Altersgruppen sind heute einige Unterschiede mit Blick auf die SOK festzustellen. So haben die jüngeren Generationen im Vergleich zum Kommunismus andere Zugangsmöglichkeiten, um ihren Glauben kennenzulernen. Von den 15- bis 25-Jährigen wurde Patriarch Porfirije beispielsweise zur vertrauenswürdigsten Person in der serbischen Gesellschaft gewählt.

Mit Blick auf die Region könne die SOK im Kosovo als Stakeholder nicht ignoriert werden, so Jorgačević Kisić, jedoch würde sie von der kosovo-albanischen Bevölkerung nicht als Mediator akzeptiert werden. Patriarch Porfirije habe sich bereits vor seinem Amtsantritt 2021 stark für Friedensprozesse auch mit den KroatInnen eingesetzt. In Bezug auf den russischen Angriffskrieg in der Ukraine kam es jedoch nur zu sehr allgemeinen Aufrufen zum Frieden. Obwohl es eine offizielle Beziehung zwischen der Russisch-Orthodoxen Kirche und der SOK gibt, kam es nur zu einem offiziellen Treffen seit Februar 2022.

Die Referentin betonte, dass die Kirche nicht monolithisch betrachtet werden könne. So habe beispielsweise Patriarch Porfirije enge Verbindung zum serbischen Präsidenten, jedoch gebe es auch Kritiker der Regierung. Generell solle man den Einfluss der SOK auf die Politik nicht verallgemeinern, da sich die Kirche nicht zu allen Themenbereichen äußert. Insbesondere bei Themen wie Abtreibung und der LGBTQ-Community vertritt die Kirche jedoch stark ihre eigenen Positionen, wobei es auch zu Konflikten mit den liberalen Teilen der Bevölkerung kommt.


Tanissa CONRADI

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