Die Donauraumstrategie (EUSDR) wurde im Juni 2009 als zweite makroregionale Strategie der EU für den Donauraum ins Leben gerufen und am 24. Juni 2011 durch den Europäischen Rat angenommen. Die Erfahrungen und erreichten Ziele ebenso wie bestehende Defizite nach den ersten beiden Jahren der Umsetzung wurden im Rahmen einer Konferenz an der Andrássy Universität Budapest (AUB) vom 15.-17. Oktober 2013 unter dem Titel „Die EU-Donauraumstrategie auf dem Prüfstand: Erfahrungen und Perspektiven“ auf den Prüfstand gestellt und Zukunftsperspektiven diskutiert.
Die Konferenz beschäftigte sich mit Fragen der Entstehung, Umsetzung und Zukunft der Donauraumstrategie bzw. mit makroregionalen EU-Strategien und regionaler Kooperation im Allgemeinen. Die Veranstaltung zog eine vorläufige Bilanz über das Projekt der EUSDR und wagte einen Ausblick auf die Zukunft der EUSDR sowie auf geplante neue makroregionale EU-Strategien. Die Fragen der Funktionalität der EUSDR im Bereich der EU-Integration und der Effektivität bei der Governance waren genauso Themen, wie Fragen der Finanzierung von EUSDR-Aktivitäten, die Aufgaben und Koordinierung der Priority Areas sowie kritische Fragen betreffend des Mehrwerts der EUSDR im Vergleich zu anderen regionalen Kooperationsinitiativen. Die Tagung wurde von Prof. Dr. Ellen Bos, Leiterin des Donau-Instituts und der Doktorschule der AUB, Dr. Christina Griessler, wissenschaftliche Mitarbeiterin bei netPOL-Netzwerk Politische Kommunikation und im Donau-Institut sowie Dr. Christopher Walsch, Senior Research Fellow an der AUB und Lektor an der Corvinus Universität organisiert.
Rektor András Masát eröffnete die Konferenz und begrüßte die Besucher/innen und Teilnehmer/innen sowie die Sponsoren der Veranstaltung. Er erwähnte, dass ein Ziel der Konferenz das Zusammenbringen von Referenten/innen sowohl aus dem akademischen Bereich, dem praktischen Bereich und dem policy-Bereich sei, damit Erfahrungen ausgetauscht und neue Ideen gemeinsam entwickelt werden können. Zur Diskussion stehen Fragen über die Entstehung, Umsetzung und Zukunft der Donauraumstrategie bzw. von makroregionalen EU-Strategien und regionaler Kooperation im Allgemeinen. Weiterhin sollte eine vorläufige Bilanz über das Projekt der EUSDR gezogen werden und ein Ausblick auf die Zukunft der EUSDR sowie auf weitere geplante neue makroregionale EU-Strategien gewagt werden. Zum Schluss erwähnte Rektor Masát, dass auch der Mehrwert der EUSDR im Vergleich zu anderen regionalen Kooperationsinitiativen hinterfragt werden sollte. Damit schloss Rektor Masát seine Begrüßung und wünschte der Konferenz noch gutes Gelingen. Die erste Keynote-Speech der Konferenz wurde gehalten von Balázs Medgyesy, ungarischer Regierungskommissar für die EUSDR. Medgesy bedankte sich für die Einladung und erwähnte, dass das Donau-Institut an der AUB als ungarisches Projekt im Rahmen der EUSDR konzipiert wurde und von Anfang an in die ungarischen EUSDR-Aktivitäten eingebunden war. Balázs Medgesy bestätigte, dass der Zeitpunkt für diese Konferenz richtig gewählt wurde, um eine erste Bilanz über die Donauraumstrategie zu ziehen. Wobei er aufgrund seiner Erfahrungen sagen kann, dass die Strategie bereits jetzt schon über die Erwartungen hinaus positive Resultate erzielt hat. Zum derzeitigen Zeitpunkt wurden die ersten Schritte getätigt, meint Medgyesy, somit kann nur schwer eine Evaluierung durchgeführt werden. Grundsätzlich ist festzuhalten, dass die Zusammenarbeit mit den Partnern wichtig ist und die Donauraumstrategie dazu einen wertvollen Beitrag leistet. Das erste Panel der dreitägigen Konferenz trug den Titel „Grundlagen makroregionaler Strategien: Politische Zielsetzungen, Governance-Strukturen und Finanzierung“. Das erste von drei Referaten hielt Ellen Bos, das mit „Makroregionale Strategien als europäisches Mehrebenenprojekt“ betitelt war. Dieser Überblicksvortrag handelte von makroregionalen Strategien als einem neuen Instrument der europäischen Regionalpolitik und definierte, was mit einer Makroregion überhaupt gemeint ist. Boglárka Koller (König Sigismund-Hochschule, Budapest) unterstrich in ihrem Vortrag „Entwicklung makroregionaler Strategien und die Zukunftsperspektiven der EU“, dass die Europäische Union (EU) sich während der drei vergangenen Krisenjahre massiv verändert hat. Die letzte Referentin des ersten Konferenztages war Franziska Sielker von der Friedrich-Alexander Universität Erlangen-Nürnberg. Der Titel ihres Beitrages lautete „Governance der EU – Donauraumstrategie – Mehrwert und Herausforderungen der makroregionalen Kooperation“, wobei sie einen Schwerpunkt auf die Beurteilung der Akteure und deren Interessen legte.
Der zweite Tag der Konferenz begann mit dem Runden Tisch zum Thema „Warum fördert die EU die Entstehung und Umsetzung von makroregionalen Strategien in Europa?“ Die einleitenden Worte sprach die Moderatorin Christina Griessler. Sie betonte, dass es Ziel der Konferenz sei, Praxis und Theorie zu verbinden, was sich auch in diesem Panel zeige. Wolfgang Streitenberger, Berater des Generaldirektors der Generaldirektion für Regionalpolitik der Europäischen Kommission in Brüssel, hielt das Impulsreferat. Er ging auf die drei Gründe der Einführung makroregionaler Strategien ein. Nach den Erfahrungen von vier Jahren Ostseestrategie und zwei Jahren Donauraumstrategie wurde erkannt, dass die Integration besser verankert werden sollte, es sollte eine bessere Koordinierung geschaffen werden und regionale Entwicklungen sollten nicht nur nach innen betrieben werden. Die Donauraumstrategie sollte auf höherer politischer Ebene besser verankert werden, ebenso müssten die Budgets besser koordiniert werden. Nach dem Impulsreferat gab zuerst Edit Bátorfi, Abteilungsleiterin im Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten Ungarns, Nationale V4-Koordinatorin und Koordinatorin der Zentraleuropäischen Initiative für Ungarn, ihr Statement ab. Sie unterstrich, dass im Rahmen der Präsidentschaft der V4-Staaten und der Zentraleuropäischen Initiative das Erarbeiten eines klaren Profils ein ganz wichtiges Anliegen sei. Neben Programmen, die u.a. die Infrastruktur entwickeln, müssten auch Themen wie Nationalismus und Extremismus angesprochen werden. Stefanie Dühr, Professorin für Europäische Raumplanung an der Radboud University Nijmegen in den Niederlanden, beantwortete in ihrem Statement die zentrale Frage des Panels aus der Perspektive der Raumentwicklungspolitik. Sie sprach drei zentrale Punkte an: Koordination, territoriale Kohäsion und die Frage, warum dieser Maßstab für die Koordinierung angewendet wurde. Ellen Bos, hob einen Aspekt des Themas hervor, die Koordinierung der existierenden Programme, bzw. eine bessere Nutzung der zur Verfügung stehenden Möglichkeiten. Bos ging dabei auf das Beispiel des von ihr geleiteten Donau-Instituts ein. Sie unterstrich, dass das Institut nicht nur wissenschaftlich tätig, sondern zugleich Teil der Donauraumstrategie sei. Die Ausgangsfrage, der anschließenden regen Diskussion war, wer ein Koordinationsproblem habe? Das zweiten Panel mit dem Titel „Vergleichende Perspektive: EU Strategie für die Ostseeregion (EUSBSR) und andere regionale Kooperationsinitiativen in der Ostseeregion“ befasste sich mit der 2009 verabschiedeten makro-regionalen Strategie der Ostseeregion sowie mit anderen Kooperationsinitiativen, die bereits vor bzw. noch heute neben der Ostseestrategie bestanden bzw. bestehen. Paul Luif (Universität Wien) begann seinen Vortrag „Grundlagen: Nordische Zusammenarbeit“ mit einer Definition der Region, die gemeinhin als Skandinavien bezeichnet wird, obwohl dieser Begriff Finnland ausschließt und deshalb korrekterweise als „Nordischer Raum“ zu bezeichnen ist. Stefan Gänzle (University of Agder) der zweite Vortragende des Panels, ging in seinem Vortrag auf die „Entstehung, Stand und Perspektiven der EU Strategie für die Ostseeregion“ ein. Wobei er einräumte, dass die Bewertung der Ostseestrategie, genauso wie die des Donauraums dadurch erschwert wird, da die Kausalität zwischen der Strategie und den Entwicklungen nicht eindeutig erkennbar ist. Martin Koschkar (Universtät Rotterdam) referierte über „Die EU-Strategie für den Ostseeraum - Eine Modellregion im Praxistest“. In seiner Präsentation ging Koschkar auf den Modellcharakter, der Strategie ein sowie ihre Eingliederung in das EU-Mehrebenensystem und auf die Herausforderungen und Perspektiven, die sich für die Region aufgrund ihrer Homogenität und Spezifika ergeben. Die Referenten/innen des dritten Panels am zweiten Tag der Konferenz mit dem Titel „EU-Donauraumstrategie: Aktivitäten, Finanzierung und Entwicklungen der Priority Areas“ berichteten von ihren Erfahrungen aus der Praxis. Das Panel wurde von Jörg Dötsch (Andrássy Universität Budapest) moderiert. Der erster Sprecher Béla Kardon (Ministerium für Humanressourcen, Ungarn), auch Mitglied der PA7 Steering group im Rahmen der EUSDR, sprach zum Thema „Aktivitäten und Finanzierungsmöglichkeiten im Schwerpunktbereich 7: Entwicklung der Wissensgesellschaft; Forschung, Bildung sowie Informations- und Kommunikationstechnologien“. Daniela Schily (Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit – GIZ), die aus Serbien angereist war, sprach über die „PA3 als verbindendes Thema innerhalb der EUSDR Priority Areas – Herausforderungen und Nutzen der Entwicklung von Kultur und Tourismus in der Donauregion“. Der letzte Vortrag des dritten Panels wurde von Jörg Mirtl gehalten, der für KulturKontakt Austria tätig ist, das dem österreichischen Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur (BMUKK) in Wien organisatorisch zugeordnet ist. Er sprach über „Bildungskooperation als Motor für Entwicklung, Wachstum und sozialen Zusammenhalt im Donauraum“. Das vierte Panel, das die Wettbewerbsfähigkeit in der Region thematisierte, wurde von Martina Eckardt (Andrássy Universität Budapest) mit dem Vortrag über „Die Donauraumstrategie und die Wettbewerbsfähigkeit der Donauregion – ein Überblick zum Status Quo” eröffnet. Nachdem Eckardt den Begriff der Wettbewerbsfähigkeit im Allgemeinen und in Bezug auf eine bestimmte Region definiert hatte, führte sie eine Reihe von Indizes an, die die Konkurrenzfähigkeit der unterschiedlichen Regionen Europas veranschaulichten. Jürgen Rainzer von der Steinbeis-Danube-Center in Stuttgart, referierte zum Thema „Die DRS und die Förderung der Innovationsfähigkeit“. Die EUSDR verfolgt vier Ziele: die Anbindung an den Donauraum, die Stärkung des Umweltschutzes im Donauraum, den Aufbau von Wohlstand im Donauraum und die Stärkung des Donauraums. Ein weiterer Vortrag mit dem Titel „Wunsch und Wirklichkeit der Priority Area 7: Entwicklung der Wissensgesellschaft“, der sich ebenfalls mit der Wettbewerbsfähigkeit auseinandersetzte, wurde von Jörg Dötsch (Andrássy Universität Budapest) gehalten. In seinem Vortrag stellte Dötsch fest, dass sich Wissen und Wettbewerbsfähigkeit gegenseitig bedingen. Der letzte Vortragende in diesem Panel war Ádám Török (Pannonische Universität, Veszprém), der über „Das Problem der Messung der F+E Wettbewerbsfähigkeit” referierte.
Am letzten Konferenztag fanden die Panels fünf und sechs statt, wobei die Konferenzteilnehmer/innen in die Arbeitssprache Englisch wechselten. Panel fünf beschäftigte sich mit dem Thema der makroregionalen Strategien im Vergleich zu anderen regionalen Initiativen (Originaltitel: „Macro-regional strategies in the context of other regional institutions in Central Europe and the Adriatic-Ionian Region“). Es gab zwei Referate. Das erste hielt die derzeitige Generalsekretärin der Zentraleuropäischen Initiative (ZEI), die österreichische Diplomatin Botschafterin Margit Wästfelt. Das zweite Referat erfolgte durch Andrea Stocchiero, der am Centro Studi di Politica Internazionale in Rom arbeitet, welches das italienische Außenministerium berät, und Forschungen bezüglich der im Entstehen begriffenen Ariatisch-Ionischen Makroregion betreibt. Dies war auch das Thema seines Vortrages (Originaltitel: „The evolving situation of the Adriatic-Ionian macroregional strategy“). In dieser entstehenden Makroregion sind die Staaten Italien, Slowenien, Kroatien, Bosnien-Herzegovina, Montenegro, Albanien und Griechenland beteiligt. Das abschließende Panel sechs thematisierte die Zukunft der makroregionalen Strategien. Drei Referate wurden gehalten. Christopher Walsch diskutierte Argumente für und wider ein Europa der Makroregionen. EU-Kohäsionsprogramme, so sein Argument, sind für die kommende Budgetperiode 2014-20 stark an die beiden makroregionalen Strategien gekoppelt. Greta Klotz von der Europäischen Akademie Bozen-Bolzano referierte über die Europaregion Tirol – Südtirol/Alto Adige – Trentino. Diese Europaregion besteht seit vier Jahren und verschreibt sich der funktionalen Zusammenarbeit in Themen, die insbesondere bestehende Projekte in allen drei Regionen besser aufeinander abstimmt. Das letzte Referat hielt Marc Stegherr (netPOL-Netzwerk Politische Kommunikation/Babes-Bolyai-Universität Klausenburg) zum Thema „The Western Balkans and Serbia within the EUSDR and other macro-regional strategies“. Stegherr hob hervor, dass insbesondere Serbien im Rahmen der EUSDR große Schritte in Richtung EU machte und sich seither in vielen Politikbereichen aktiv einbringt.
Mit Panel sechs endete die dreitägige Konferenz. Ellen Bos dankte den Organisatoren für ihre Arbeit, insbesondere Christina Griessler für die umfassende Planungs- und Organisationsarbeit.
Text: Dr. Enikő Dácz, Dr. Christina Griessler, Dr. Christopher Walsch
Fotos: Gábor Ancsin
Die Veranstaltung wurde vom Projekt TÁMOP-4.2.2/B-10/1-2010-0015 unterstützt.