Am Mittwoch, den 4. Dezember 2013 hielt der Geschäftsführer des Verbandes der Deutschen Auslandsschulen, Thilo Klingebiel an der Andrássy Universität Budapest (AUB) im Rahmen der Ringvorlesung "Wettbewerbsfähigkeit und Bildung" der Fakultät für Internationale Beziehungen einen Vortrag zum Thema „Deutsche Auslandsschulen im internationalen Wettbewerb”. Klingebiel betonte die Wichtigkeit der Auslandsschulen in seinem Vortrag. In erster Linie ermöglichen sie es den Kindern deutscher Familien, die im Ausland leben, eine gleichwertige Ausbildung, wie ihre Mitschüler in Deutschland, zu erwerben.
Der Weltverband setzt es sich als Ziel, die zeitlichen, räumlichen, sozialen und sachlichen Unterschiede zwischen den einzelnen Privatschulen zu überbrücken und damit den Schülern gleiche Chance zu ermöglichen. Die Anzahl der Deutschen Auslandsschulen (DAS) wächst kontinuierlich, im Jahr 2013 gab es 142 Schulen, die in 72 Länder präsent waren, mit einem deutschen Kinderanteil von 25% und 75% der Kinder der Sitzländer. Die Wettbewerbsfähigkeit ist sehr wichtig für die Privatschulen, die von DAS durch die Kompetenz der Lehrkräfte, die Dreisprachigkeit, die Ganzheitlichkeit und den guten Hochschulzugang, sowie die Anerkennung des Staates erreicht werden. Die DAS sind Teil der Deutschen Kultur- und Bildungspolitiken, sind aber Bürgerinitiativen, die privat finanziert werden. In der Förderung der DAS nehmen neben den privaten Trägern auch das Auswärtige Amt, die Zentralstelle für Auslandsschulwesen und die Kultusministerkonferenz teil. Die Einrichtung des Qualitätsmanagements hilft dem kooperativ-föderalen System.
Die Schulbildung in den DAS liegt nicht bei dem Staat, sondern bei den privaten Trägern. Herr Klingebiel hat deswegen die Wichtigkeit von Public Private Partnership (PPP) hervorgehoben. Die PPP ist ein Leistungsaustausch zwischen privaten Unternehmen und öffentlichen Einheiten, die kompatible Ziele haben. Damit haben die Privaten eine Gewährleistungs-, Vollzugs- und Finanzierungsverantwortung, die auch eine wirtschaftliche Verantwortung bedeutet. Der private Trägerverein und die öffentliche Hand (Auswärtiges Amt mit Zfa) finanzieren im Rahmen eines Kooperationsmodells schulische Bildung, wobei komplexe Verträge und Hierarchien die Grundlage darstellen. Die Besonderheit ist es, dass die Schulgründung nicht durch den Staat erfolgt, sondern der Gründungsimpuls liegt bei den privaten Trägern. Der Bildungsauftrag ist nachfrageorientiert und konjunkturabhängig. Diese Schulen haben keine Verpflichtungen nach der Verfassung wie es bei den freien Schulen im Inland der Fall ist.
Herr Klingebiel betonte auch, dass die DAS eine komplexe Leistung anbieten – er weist dabei auf Busservice, Kantinen, Sportanlagen und außercurriculare Veranstaltungen hin.
Die WDA ist eine Non-Profit-Organisation, d.h. sie haben keinen erwerbswirtschaftlichen Zweck, sondern konzentrieren sich auf die Einbringung spezifischer Leistungen. Sie sind mitgliedschaftlich strukturiert (die Eltern werden als Mitglieder betrachtet) und geben Leistungen an Dritte (Schüler sind die Klienten) ab. Die Interessen von Mitgliedern und Klienten werden gegenüber dem Staat und anderen Organisationen vertreten, und die Dienstleistungen werden sowohl als Individualgüter als auch als Kollektivgüter erbracht. Die Entscheidungs- und Beratungsgremien sind ehrenamtlich organisiert – sie rekrutieren freiwillige Helfer. Der Gewinnausschüttung ist verboten.
Es gibt eine lose Koppelung zwischen den Auslandsschulen. Herr Klingebiel erwähnte auch die Vorteile und Nachteile der Zentralisierung und Dezentralisierung. Die Schulträgerautonomie ist dezentral. Der Vorstand hat eine wirtschaftlich-strategische Verantwortung, und die wirtschaftlich-strategische Umsetzung erfolgt durch den Verwaltungsapparat (Verwaltungsleiter, Geschäftsführer und Beauftragter). Der Vorteile davon sind die Unabhängigkeit, die hohe Anpassungsfähigkeit, die Stabilität und die Sensibilität. Der pädagogische Apparat (Schulleitung) hat pädagogische Verantwortung und Vorgaben, die staatlich reguliert und zentralisiert sind. Der Dienstherr ist in Deutschland. Diese Zentralisierung hat auch Nachteile, zum Beispiel die einheitlichen Standards, die Organisationsstruktur und die Reibungsverluste.
Im Weiteren hob Herr Klingebiel die Folgen für das strategische Management der deutschen Auslandschulen im Wettbewerb heraus. Die Basis für den Wettbewerb ist das Freiburger Management Modell. Dieses Modell für Non-Profit-Organisationen besteht aus drei Hauptbereichen: dem Marketing-, dem Ressourcen- und dem System-Management, wobei der Schwerpunkt auf dem Marketing-Management liegt. Das Marketing in einer Non-Profit-Organisation kann als ein aktives, gezieltes Management aller Austauschbeziehungen definiert werden. Ziel ist es, Anreize zu schaffen, d.h. die Leute dazu zu bringen, selbst Beiträge zu leisten, sowie Input und Output in Balance zu bringen, damit die Non-Profit-Organisation in Balance kommt.
Von den drei Ansätzen des strategischen Marketings (industriestruktureller, ressourcenorientierter und beziehungsorientierter Ansatz) steht eindeutig Letzterer im Mittelpunkt, da die Pflege der Austauschbeziehungen als der zentrale kritische Erfolgsfaktor einer Non-Profit-Organisation identifiziert werden kann.
Überdurchschnittliche Gewinne können in erster Linie auf beziehungsspezifische Investitionen und einen unternehmensübergreifenden Wissensaustausch, auf die Kombination von komplementären Ressourcenausstattungen, sowie auf effektive Führungs- und Kontrollmechanismen zurückgeführt werden.
Dabei spielt die Generierung von relationalen Renten die bedeutendste Rolle, wodurch wichtige Wettbewerbsvorteile entstehen können. Zu den Subprozessen zur Schaffung von relationalen Renten gehören u.a. die Erhöhung der Beziehungsdauer und des Austauschvolumens, die Verbesserung der Anreize für Transparenz, sowie die Schaffung von verschiedenen Kontrollmechanismen.
Aus den empirischen Daten geht hervor, dass die deutschen Auslandsschulen tatsächlich über einen erheblichen Wettbewerbsvorteil verfügen, nämlich dass sie Bildung auf einem sehr hohen qualitativen Niveau anbieten und trotzdem preiswerter sind, als ihre Konkurrenten – wie z.B. die britischen oder amerikanischen Schulen. Dieses kann darauf zurückgeführt werden, dass die deutschen Auslandsschulen zum großen Teil vom deutschen Staat finanziert werden, wohingegen die Auslandsschulen der meisten Konkurrenten als reine „Unternehmen“ betrieben werden. Die Mitfinanzierung über das Auswärtige Amt wird dadurch ermöglicht, dass die deutschsprachige Bildung im Ausland als ein besonders wichtiges Bundesinteresse wahrgenommen wird.
Nach alledem liegt die Einzigartigkeit der deutschen Auslandsschulen in der besonderen öffentlich-privaten Partnerschaft und der geteilten Finanzierung durch die privaten Träger bzw. den deutschen Staat. Da die Qualität der Beziehungen einen hoch relevanten Faktor für die Wettbewerbsfähigkeit der Non-Profit-Organisationen bildet, besteht die zentrale Aufgabe des strategischen Marketings in der regelmäßigen Pflege der Austauschbeziehungen.
Text: Eszter Frank, Petra Bölöni, Xénia Deczky
Mehr Informationen finden Sie auch unter www.auslandsschulnetz.de.
Die Veranstaltung wurde vom Projekt TÁMOP-4.2.2/B-10/1-2010-0015 unterstützt.