Am Mittwochabend, den 8. Mai 2013, hielt im Rahmen der Ringvorlesung „E-Governance – mehr Qualität staatlicher Leistungen durch neue Technologie?” Dr. Niels Taubert, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, einen Vortrag zum Thema „Erfahrungen mit Bürgerhaushalten am Beispiel der Stadt Köln“ an der Andrássy Universität Budapest (AUB).
Am Anfang des Vortrages stellte Herr Taubert die politisch-geschichtlichen Rahmenbedingungen dar, die die Entstehung der Bürgerhaushalte in Deutschland beeinflusst haben. Außerdem beschrieb er die Besonderheit des deutschen föderalen Systems, dass durch die drei Ebenen der repräsentativen Demokratie gekennzeichnet ist: die Bundes-, Landes- und kommunale Ebene. Nachdem Herr Taubert eine Definition des Bürgerhaushaltes gab, hob er hervor, dass Haushaltstransparenz, Bürgerbeteiligung, Bezug zur Finanzplanung und Entscheidungsbezug die vier wichtigsten Ziele seien, die durch dieses Projekt erreicht werden sollten.
Weiterhin schilderte Herr Taubert die Vielfalt in der Verfahrensausgestaltung von Bürgerhaushalten und bezog sich im Weiteren auf die Konzeption und Funktionsweise des Bürgerhaushalts Köln. In Köln fokussiert man sich auf Online-Plattform, wo die Bürgerinnen und Bürger ihre Vorschläge zu verschiedenen Themenbereichen verfassen, Kommentare schreiben und den Vorschlägen zustimmen oder sie ablehnen können. Die meisten der registrierten Bürger nehmen vor allem die letzte Möglichkeit in Anspruch, wobei nur wenige selbst Vorschläge abgeben. Die Aktivsten auf der Online-Plattform der Stadt Köln sind die Hochschulabsolventen. Als einen möglichen Kritikpunkt für die Bürgerhaushalten nannte Herr Taubert, die Neigung zur Durchsetzung der Interessen bestimmter Gruppen, wodurch die Mehrheit der Bürger benachteiligt werden könnte. Gleichzeitig betonte er aber, dass die Bürger durch ihr Engagement in Bürgerhaushalten das Gefühl hätten, das Mitspracherecht zu haben, wodurch sie dann auch größeres Vertrauen in die Verwaltung entwickeln würden.
Am Ende des Vortrages bewertete Taubert das Verfahren des Bürgerhaushaltes Köln. Er betonte, dass durch den Bürgerhaushalt die Bürger der Stadt Köln zwar die Möglichkeit bekommen hätten, die Politik ihrer Stadt durch Abgabe der Vorschläge aktiv zu gestalten, dass aber dadurch nicht notwendig der Gemeinwille der Kommune wiederspiegelt werde. Weiterhin hob er hervor, dass die Rationalisierungsfunktion des Bürgerhaushalts Köln nicht erfüllt worden sei, weil es wenig Anhaltspunkte für Verbesserung der Entscheidungsgrundlage gäbe. Im Gegensatz dazu hat er die Aufklärungsfunktion der Verwaltung gegenüber den Bürgern als erfolgreich bewertet, da größere Transparenz über den Stadthaushalt und Durchsetzung der gewünschten Projekte geschaffen werde.
Als Fazit zum Vortrag betonte Herr Taubert die erfolgreiche Demokratisierungsfunktion dieses Kölner Projektes, in dem direkte Demokratie gefördert wird. Im Anschluss hat diese Bewertung des Bürgerhaushalts Köln eine große Diskussion angeregt, in der auch die Zukunftsaussichten für solche Projekte angesprochen wurden.
Text: Blanka Demeter, Mirjana Ivancic
Die Veranstaltung wurde vom Projekt TÁMOP-4.2.2/B-10/1-2010-0015 unterstützt.