Ziel der Veranstaltung war es, die Studierenden an die europawissenschaftliche Forschungsarbeit heranzuführen und sie mit dem aktuellen Forschungsstand zur Differenzierten Integration vertraut zu machen. Gerade im Zuge der Eurokrise, aber auch im Zusammenhang mit der Diskussion um die künftige Rolle Großbritanniens in der EU, haben Überlegungen zur Differenzierten Integration – sowohl in der Wissenschaft als auch in der Politik – in den letzten Jahren wieder stark an Bedeutung gewonnen.
Die Tagung wurde von Herrn Prof. Dr. Daniel Göler, Inhaber des Jean-Monnet-Lehrstuhls für Europäische Politik an der Universität Passau, eröffnet. Nach einer kurzen Einführung in das Thema der Differenzierten Integration und ihre unterschiedlichen Formen innerhalb der Europäischen Union, wurde die der Konferenz zu Grunde liegende, Fragenstellung formuliert. „Wo liegen die Grenzen der flexibler Integration und welche Chancen wohnen ihr bei?“
Der erste Referent war Herr Dr. Bernhard Rinke von der Universität Osnabrück. In seinem Vortrag betrachtete er die Formen der differenzierten Integration und ihre Konsequenzen in der GASP und GSVP. Der Fokus der Untersuchung lag dabei auf der (In)Effektivität der, im Vertrag verankerten, formellen Instrumente der Flexibilisierung, sowie den bestehenden informellen Instrumenten in Form von sogenannten informellen Clubs. Deutlich zeichnete er hierbei eine bestehende Ineffektivität der vertraglichen installieren Instrumente auf und hob die Bedeutung von informellen Clubs im Bereich der GASP/GSVP hervor. Im Anschluss bekam Herr Sebastian Zeitzmann LL.M. das Wort. Er referierte zum Thema der „Verstärkten Zusammenarbeit und offene Fragen des Verfassungsprinzips“. Als Rechtswissenschaftler lag der Schwerpunkt dieses Vortrages auf der Normenhierarchie zwischen EU-Recht und der diversen nationalen Rechtssetzungen.
Frau Dr. Funda Tekin hielt anschließendend den letzten Vortrag des ersten Konferenztages zum Thema der „Integration und Desintegration im Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts“. Dabei berichtete sie von einem „Souveränitätsreflex“ der Mitgliedstaaten innerhalb der Europäischen Union und wies auf bestehende Sonderregelungen, sogenannte Opt-ins und Optouts hin, welche aufgrund der strukturellen Motivation der Mitgliedstaaten zu einer starken Volatilität und einer Kohärenzgefährdung innerhalb der EU führen können.
Die ersten zwei Vorträge am nächsten Tag befassten sich mit dem Thema der „Differenzierten Integration in der Währungsunion bzw. im Euroraum“. Der erste Referent, Herr Dr. habil. Christian Deubner betrachtete dabei die vertiefte Integration innerhalb der Eurogruppe. Anschließend referierte Herr Max Lüggert M.A. über die Situation der Krisenstaaten und ging auf die Unterstützungsprogramme zugunsten dieser Staaten ein.
Frau Katharina Crepaz von der Universität Innsbruck beschäftigte sich daraufhin mit den „Unabhängigkeitsbewegungen in der EU“. Am Beispiel von Südtirol, der Bretagne, Schlesien und Istrien führte Sie ein „Europa der Regionen“ als ein mögliches Gegenmodell der Bewegung ein. Innerhalb Ihres Vortrages erläuterte sie die unterschiedlichen Ideologien, Ideen und Gründe sowie mögliche Konsequenzen einer Trennung von einem EU-Mitgliedstaat.
Im Anschluss ging Frau Prof. Dr. Ellen Bos der Frage nach, ob das Modell „One-size-fits-all“ in der EU tragfähig ist. Dabei stellte sie „Makroregionale Strategien als neue Form, Mitglieder, Nachbarn zu integrieren“ vor. Nach einem Überblick zu den bisherigen drei Regionen, wurde der Ansatz konkretisiert: Frau Bos ging sowohl auf den Entwicklungsprozess, die notwendigen Gouvernancestrukturen, als auch auf potentielle, der aus dieser Strategie resultierenden Probleme ein.
Der letzte Referent dieses Tages war Herr Dr. Christoph Schnellbach. In seinem Vortrag “Die externe Dimension der differenzierten Integration: Lehren aus der Östlichen Partnerschaft“, ging er auf die Situation in Ukraine ein und wies darauf hin, dass der gemeinsame Markt mit Russland weniger attraktiv für das Land sei als die Kooperation mit Europa. Anschließend folgte ein Überblick über weitere potenzielle EU Beitrittskandidaten und anhand unterschiedlicher Kriterien kritisch beleuchtet.
Der Abschlusstag der Konferenz war einem Szenario-Workshop gewidmet. Unter Anleitung der Tagungsleiter, Frau Prof. Bos und Herrn Prof. Göler, wurden die Tagungsteilnehmer in sechs Gruppen eingeteilt. Jede Gruppe untersuchte ein mögliches (des)integratives Szenario für die Europäische Union. Darunter fielen beispielsweise die Vergrößerung sowie die Verkleinerung der Europäischen Union. Weiterhin wurde auch eine verstärkte Konzentration der Mitgliedstaaten auf die Differenzierte Integration untersucht.
Der Schwerpunkt der Untersuchung lag dabei auf den Politikfeldern: (1) Globalisierung, (2) GASP/GSVP, (3) Binnenmarkt, (4) Währungsunion, (5) Soziales Europa (Solidarität), (6) Umwelt und (7) Institutionen und Legitimation. Im Anschluss wurden die in den Gruppen gesammelten Erkenntnisse vor dem Tagungspublikum präsentiert. Die Tagung fand anschließend mit einem gemeinsamen Mittagessen ihr Ende. Die Tagung wurde von den Tagungseilnehmern durchweg positiv wahrgenommen.
Text: Ayan Huseynova / Xénia Deczky / Ferenc Demendi