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"Das ist ein Unicum!"
DoktorandInnenworkshop an der AUB

So soll, nach der Legende, Kaiser Joseph II. nach einem Schluck des bekannten ungarischen Likörs gesagt haben. Ein Unikum ist es auch, dass am 19./ 20. März sieben MA-Studierende, sieben PhD-Studierende der AUB sowie vier externe DissertantInnen zusammen kamen, um im Rahmen eines kombinierten Seminars mit Workshop über Selbst- und Fremdbilder in Mitteleuropa zu diskutieren. Auch der Unicum selbst war hierbei Bestandteil.

Prof. Dr. Frank Stern sowie die Doktorandinnen Daniela Javorics und Katharina Haberkorn organisierten diese Zusammenkunft und erklärten es zum Ziel, anhand von visuellen Medien und Literatur einen Austausch zwischen WissenschaftlerInnen, jungen ForscherInnen sowie Studierenden zu fördern. Dabei standen besonders Alterität und Identität in fiktionalen und medialen Bildern im Mittelpunkt.

Die künstlerische Auseinandersetzung in visuellen Medien oder in literarischen Werken verdichtet und überspitzt Fragen der eigenen Identität und der Alterität. Im Aufeinandertreffen verschiedener Konstruktionen zeigen Selbst- und Fremdbilder eine bestimmende Wirkung und eine lange Tradierung in gesellschaftlichen Kontexten. Die Begegnung mit dem Anderen und die Übersetzung des Anderen geben Rückschluss auf das Eigene. In mehreren Schritten näherte sich der DoktorandInnenworkshop diesem Themenkomplex. Der Schwerpunkt lag auf der Verarbeitung dieser Fragen im Raum Mittel-/ Süd-/ Ost-Europa anhand kulturhistorischer Herangehensweise.

In einem Grußwort verwies AUB-Rektor Prof. Dr. András Masát auf die Bedeutsamkeit der Themenstellung, die aufgrund der Migration und Re-migration als neue Herausforderungen der europäischen Gegenwart gesehen werden kann. Selbst- und Fremdbilder wirken heute weniger in der Literatur sondern in den Medien, weswegen die Verbindung beider Elemente im Workshop erfreulich sei. 

Am ersten Tag wurde vorerst theoretische Grundlagen erarbeitet, die Themen des Unheimlichen, des Fremden, der Sexualitäten sowie der Bildpolitiken zu erfassen suchte.  Für Abwechslung sorgte der Besuch im Unicum-Museum der Familie Zwack, deren Unternehmensgeschichte entpolitisiert durch einen Film und ein Museum vermittelt werden und damit im Kontrast zu der filmischen Bearbeitung des historischen Materials durch den Regiesseur István Szabó stehen.

Der zweite Tag stand im Zeichen der konkreten Anwendungen der Theorien. Dr. Orsolya Lénárt eröffnete den Tag mit Betrachtungen zu narrativen Selbst- und Fremdbildern mit Ungarnbildern aus der Literatur. Darauf folgend legte Judit Klein, Doktorandin der AUB und Filmemacherin, einige Aspekte zur visuellen Kultur in Ungarn mit Beispielen des öffentlichen Fernsehens in Ungarn dar.

Antonela Gyongy (Cluj-Napoca) stellte „Das schwankende Selbstbild des Sozialismus in der Tauwetterperiode“ vor. Die filmischen Konstruktionen des Widerstandskämpfers in Rumänien und der DDR geben Rückschlüsse auf zeitnahe Diskurse und auch Veränderungen im Sozialismus.

Andreas Filipovic (Florenz/ Wien) gab in seinem Beitrag „PartisanInnenfilme: Zum Wandel der Auseinandersetzung mit dem Volksbefreiungskrieg im jugoslawischen Spielfilm – antifaschistische Erinnerungsarbeit als sozialer Prozess“ einen Längsschnitt über die filmische Erinnerung und deren Veränderung an den zweiten Weltkrieg in jugoslawischen Spielfilmen von den 1940er bis in die 1970er Jahre. Da drei Viertel der jugoslawischen Spielfilmproduktion „PartisanInnenfilme“ waren lässt sich daraus der Wandel des Bildes der PartisanInnen und der anderen AkteurInnen nachzeichnen.

Klaudija Sabo (Wien) zeigte „Das Bilder der Anderen in kroatischen künstlerischen Produktionen nach Tito“. Hierbei standen Fragen der kroatischen Darstellungspolitiken im Zentrum. Bedeutsam ist dabei, inwiefern das Bild des Anderen zunächst dem Primat der Staatsbildung dient und inwiefern dies unter dem Imperativ der Ent-Jugoslawisierung, der historischen Rückprojektion von Eigenstaatlichkeit, der Abgrenzung von südslawischen Gemeinsamkeiten und einer „Rückkehr“ nach Mitteleuropa steht.

Roxana Stonescu (Cluj-Napoca) betrachtete in ihrem Vortrag „Architektur und Bildhauerei vor und nach der Wende: Spiegel totalitärer Herrschaft“. Im Zentrum stand dabei die Analyse des urbanen Raums im kommunistischen Rumänien.

Katharina Haberkorn (Budapest) widmete sich im Bereich der visuellen Kultur dem Thema „Mitteleuropoa und Kulturtransfer in Bewegung“, welches mittels Tony Gatlifs Film „Transylvania“ analytisch erfasst wurde. Dieser bietet die Möglichkeit, das Eigene im Fremden sowie vielfältige Überlagerungen der materiellen Kultur zu erfassen und (zu) eng gefasste Dichotomien aufzubrechen.

Daniela Neubacher (Budapest) stellte „Die unfassbare Nation. Warum eine genaue Definition der Österreicher scheitern muss und soll“ als Themenkomplex vor. Ausgehend von Wolfgang Liebeneiners Science-Fiction Film „1.April 2000“  und Robert Menasses Essay „Land ohne Eigenschaften“ werden Selbst- und Fremdbildkonstruktionen in Österreich besprochen.

Daniela Javorics (Budapest) zeigte in ihrer Präsentation „Multiple Identitäten am (Nord-) Rand: Selbst- und Fremdwahrnehmung Österreichs“  wie aufgrund der Systemumbrüche und der scheinbar offenen Grenze mit dem Thema Fremdheit im Film „Nordrand“ von Barbara Albert umgegangen wird. Hier überschneiden sich örtliche und gesellschaftliche Ränder der Gesellschaften Wiens einerseits mit der versuchten Fixierung der Grenzen durch staatliche Gewalt andererseits.

Abschließend fand eine Filmvorführung des Films „Sunshine. Ein Hauch von Sonnenschein“ (1999) von István Szabó statt. Der Film thematisiert das Schicksal einer jüdischen Familie in Ungarn der letzten 150 Jahre in einem Historiendrama. Der Regisseur vermischt seine eigene Familiengeschichte mit dem Familienunternehmen Zwack. Selbst- und Fremdbilder Mitteleuropas spielen im Film ebenso eine Rolle wie die fiktionale Aufarbeitung des „Zeitalters der Extreme“ und stehen damit im Kontrast zum Werbefilm der Familie Zwack. Dies bot Anlass, fiktionale und autobiografische Lebenszeugnisse analytisch zu erfassen und die Kenntnisse der Stadt Budapest um eine Attraktion zu bereichern.

Text: Katharina Haberkorn / Daniela Javorics

2024-10 November 2024 2024-12
 
 
 
 
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