Am 27.09.2017 besuchte Professor Dina Porat, Chefhistorikerin der bedeutenden Yad Vashem Gedenkstätte in Jerusalem die Andrássy Universität und gab einen Einblick in die zeitgenössische jüdische und israelische Wahrnehmung von Jesus und der Katholischen Kirche.
Nach kurzer honorierender Vorstellung durch Dr. Ferdinand Trauttmansdorff, der Prof. Porat mit den Worten „always curious to go beyond the recent research“ beschrieb, wurde das Vortragsthema in den jüdisch-katholischen Dialog eingeordnet.
Die Vortragende selbst begann ihren Vortrag damit, die enormen Bemühungen der Katholischen Kirche, meist durch die Päpste der letzten Jahrzehnte seit dem Holocaust selbst, gegenüber der jüdischen Gemeinde und Israel aufzulisten. Ein besonderes Augenmerk legte sie dabei auf das Ergebnis des Zweiten Vatikanischen Konzils, die „Erklärung über die Haltung der Kirche zu den nichtchristlichen Religionen“. Das Dokument betone die Auserwähltheit der Juden und die Entstehung des Christentums durch das Judentum und deklariere die beiden Religionen als wahr und heilig.
Auf diese und viele weitere Veröffentlichungen der Katholischen Kirche kamen jedoch nie Antworten aus der jüdischen Gemeinde. Dies nahm Prof. Porat zum Anlass, die Frage nach dem „Warum?“ aufzuwerfen.
Ihre simple Antwort lautete: Die Juden und die Bevölkerung Israels wissen schlicht nichts über die Katholische Kirche und brauchen durch diese Institution auch keine Bestätigung, dass die eigene Religion wahr und heilig ist. Theologische Fragen interessieren weniger, mehr möchte man als Staat akzeptiert werden und den Holocaust bejaht bekommen. Langsam komme es jedoch zu einer Gedankenwende. Dies, begründete Prof. Porat, rühre vor allem daher, dass Israel langsam als sichere Heimat von den dort lebenden JüdInnen verstanden werde. So werde sich nicht mehr nur mit Katholizismus als Feindbild oder Teil eines Exil-Lebens beschäftigt, sondern viel mehr mit dem Nebeneinander und den Gemeinsamkeiten der Weltreligionen.
Als Teil eines Dialogs, der momentan entstehe, nehmen zeitgenössische KünstlerInnen Jesus als Symbol in ihre Kunst auf. Jesus als jüdischer Mensch, der leidet – starke Parallelen zu diesem Gedanken sind in allen Kunstwerken zu sehen, die Prof. Porat dem Publikum vorstellt. Sie nennt diese Beobachtung ein Heimkommen Jesus, der in seiner Heimatregion wieder wahrgenommen werde, mit dem man sich vergleichen könne und möchte. Es sei also eine positive Auseinandersetzung mit dem Katholizismus in der zeitgenössischen Kunst Israels aufgekeimt.
In der anschließenden Diskussion mit Professor Dr. Máté Hidvégi vom Jüdisch Theologischen Seminar und Professor Dr. Hendrik Hansen, Leiter des Lehrstuhls für Internationale und Europäische Politik an der AUB, wurde noch einmal verstärkt betont, wie wichtig ein gemeinsamer Dialog von ChristInnen und JüdInnen für die Zukunft sei.
Text: Laura Braun