Prof. Dr. Dieter A. Binder, Leiter des Lehrstuhls für Kulturwissenschaften sowie Studiengangsleiter für Mitteleuropäische Geschichte und Donauraum Studien, eröffnete die Veranstaltung mit der inhaltlichen Vorstellung des Jahrbuchs (2014/2015), das schwerpunktmäßig dem Ersten Weltkrieg (1914–1918) gewidmet ist. Von den Beiträgen wurde insbesondere der von Martin Pollack über die Ruthenen und deren Lebensbedingungen im Lager zwischen (1914–1917) thematisiert. Das Jahrbuch enthält außerdem die Beiträge von jungen AkademikerInnen, die an den jährlichen Tagungen (Annual Conventions) der Austrian Centers, einem nachwuchsfördernden Netzwerk, präsentiert und einem kritischen Publikum zur Diskussion gestellt wurden. Binder ging auch auf eine wesentliche Neuerung ein, die sowohl das aktuelle als auch die zukünftigen Jahrbücher betrifft: Zum einen wurde ein Verlagswechsel zu new academic press in Wien vollzogen, zum anderen erscheinen die Publikationen erst nach einem Peer-Review-Verfahren. Die Einführung der Qualitätsstandards verspreche neben einem verbesserten Vertrieb eine Breitenwirkung des Jahrbuchs.
Anschließend stellte Dr. Andra-Octavia Drăgihicu, Oberassistentin am Lehrstuhl für Mitteleuropäische Geschichte und Moderatorin des Abends, den Germanisten Dr. András F. Balogh vor, der zugleich Doktorvater von Orsolya Lénárt ist. Balogh machte einleitende Bemerkungen zum "Ungarischen Kriegs-Roman" und schilderte u. a. die Erwartungen des Projekts, bei dem man durch die thematische Ausarbeitung nachweisen wollte, ob sich der "Ungarische Kriegs-Roman" als ein eigenständiges Genre oder als Sub-Gruppe etabliert hatte. Es konnte gezeigt werden, dass sich zwischen dem 16. und 17. Jahrhundert ein Paradigmenwechsel in den deutsch-ungarischen Beziehungen vollzogen hat, und durch neue Sichtweisen – im humanistischen und journalistischen Sinn – die vorhandenen Texte prägte, so Balogh.
Die Publikation von Lénárt, die aus ihrem Dissertationsprojekt hervorgegangen ist, beschäftigt sich mit dem Ungarischen Kriegs-Roman von Eberhard Werner Happel (1647-1690) und dem dadurch vermittelten Ungarn-Bild des 17. Jahrhunderts. Happels Werke – ein sechsbändiger Roman – enthielten viele gängige Vorstellungen und Klischees über Ungarn, die er aus zeitgenössischen Bestsellern, welche vor allem die Fauna und Flora, die Menschen, Städte und Könige beschrieben, schöpfte. Das Königreich Ungarn selbst wurde im 17. Jahrhundert als "Bollwerk der Christenheit" (Propugnaculum/Antemurale Christianitatis) gegen die Osmanen (Türken) dargestellt.
Das gemeinsame Forschungsprojekt von Lénárt und Balogh, das 2006 begonnen wurde und dessen Datenbank (VD17) derzeit noch nicht öffentlich zugänglich ist, beschäftigt sich mit der erhaltenen Hungaria-Literatur. Die Forschungsarbeiten erwiesen sich als überaus zeitintensiv, weil die Literatur sowohl sprachlich (Deutsch) als auch gattungsübergreifend überaus vielfältig ist.
Bei der anschließenden Publikums- und Podiumsdiskussion wurde auch auf die Aktualität des Themas eingegangen und darauf hingewiesen, dass sich gewisse Topoi seit dem Mittelalter wenig verändert haben und als Bausteine teilweise bis heute aufgegriffen werden können.
Text: Kira Almudena Zoé Edelmayer