„Wider den Dokumentenzwang“ – wie das möglich ist, damit beschäftigte Dr. Josef Bernhart sich nicht nur in dem gleichnamigen Buch, sondern auch in seinem Vortrag zum Thema „Alternative Autocertificazione: ein Ansatz zur Entbürokratisierung und Verwaltungsvereinfachung in Italien“. Der Vortrag fand am 15. Mai 2013 im Rahmen der Ringvorlesung „E-Governance – mehr Qualität staatlicher Leistungen durch neue Technologie?” statt, die gemeinsam von der Fakultät für Internationale Beziehungen und dem Donau-Institut für Interdisziplinäre Forschung an der Andrássy Universität Budapest (AUB) durchgeführt wurde. Herr Bernhart ist Koordinator und stellvertretender Leiter des Instituts für Public Management an der Europäischen Akademie Bozen (EURAC).
„Autocertficazione“ stammt aus Italien und bedeutet Ersatzerklärung. Mit dieser Ersatzerklärung können Bürger und Unternehmen Bescheinigungen und andere amtliche Dokumente in Verwaltungsprozessen ersetzen. Hintergrund für die Einführung war eine „Gesetzesinflation“ in Italien, die die Rechtsicherheit verschlechterte und die Bürokratiekosten erheblich steigerte. Mit der „Autocertficazione“ sollen Verwaltungsakte vereinfacht und kostengünstiger angeboten werden. Herr Bernhart stellte im Rahmen seines Vortrags die wesentlichen Ergebnisse einer von der EURAC durchgeführten Studie zur Wahrnehmung der „Autocertficazione“ seitens der Bürger und Verwaltung dar.
Ein Großteil der in der Studie befragten Bürger gibt an die Möglichkeit der „Autocertficazione“ zu kennen. Die Wahrnehmung der Verwaltung ist aber, dass der Informationsstand über die Ersatzerklärung sehr gering ist. Im Gegensatz dazu schätzt rund die Hälfte der befragten Bürger ihr Wissen über die Erklärung als „gut“ ein. Ganze 84 Prozent der befragten Bürger geben an, die Selbsterklärung auch schon benutzt zu haben. Das befragte Verwaltungspersonal sieht das pessimistischer. Sie berichten, dass viele Bürger Schwierigkeiten beim Ausfüllen der Formulare haben. Außerdem ist ihre Einschätzung, dass sich die meisten Bürger nicht über die Vorteile der Selbsterklärung bewusst sind.
Trotzdem erachten fast alle Bürger in der Studie die Selbsterklärung als nützlich. Diese Einschätzung teilt auch die Verwaltung. Sie betont vor allem, dass die Selbsterklärung dazu beiträgt, das Vertrauen zwischen der Verwaltung und den Bürger zu stärken. Außerdem werden die Kosten der Bürokratie gesenkt und Verfahren vereinfacht.
Allerdings birgt die „Autocertficazione“ auch Risiken. Es kann zu Falscherklärungen kommen. Die Verwaltung prüft stichprobenartig, inwieweit das der Fall ist. Diese Kontrolle bedeutet zusätzliche Arbeit für die Verwaltung aufgrund der „Autocertficazione“. Falscherklärungen werden betraft. Die Studie der EURAC ergibt aber, dass die Hälfte der befragten Bürger nicht weiß, welche Strafen es bei einer Falscherklärung gibt. Zu den möglichen Strafen gehören die Rückzahlung von Fördermitteln, das ist die am häufigsten verhängte Strafe, sowie Geldstrafen, der Ausschluss von Förderprogrammen in der Zukunft bis hin zu einer Gefängnisstrafe.
Trotz der mit der „Autocertficazione“ verbundenen Risiken, denken 83 Prozent der befragten Bürger, dass die Selbsterklärung ein sinnvolles Instrument ist, um die Verwaltung bürgerorientierter zu machen.
Text: Janina Apostolou
Die Veranstaltung wurde vom Projekt TÁMOP-4.2.2/B-10/1-2010-0015 unterstützt.