Im Gespräch mit dem ehemaligen ungarischen Staatspräsidenten, László Sólyom, und dem stellvertr. Staatssekretär Gergely Pröhle, wird Tibor Várady sein neues Buch vorstellen, das aus einer einzigartigen Quelle entstand: dem Archiv der Anwaltskanzlei Várady über drei Generationen seit 1893 in Groß-Betschkerek (ungarisch Zrenjanin, Nagybecskerek, rumänisch Becicherecul Mare), einer Kleinstadt in der heutigen serbischen autonomen Provinz Vojvodina.
Aus den Akten dieser Anwaltskanzlei, in der Ungarisch, Serbisch und Deutsch gleichberechtigt nebeneinander standen, wird das Zusammenleben der Menschen anhand der rechtlichen Konflikte innerhalb einer multiethnischen Kleinstadtkultur in den verschiedenen Staatsformen des 20. Jahrhunderts lebendig. Das Alltagsleben im alten Österreich und danach, die Brüche zwischen der k.u.k. Monarchie, dem Königreich Serbien, der deutschen Besetzung, dem kommunistischen Jugoslawien und dem heutigen Serbien werden aus den Kanzleiunterlagen sichtbar, war doch der Anwalt oft die wichtigste Hilfe für den Bürger gegen die aktuellen Regime und ihre Willkür. War in der aktuellen Situation der Ausgang des Prozesses das Entscheidende, wird heute durch die Akten die Welt lebendig, in der diese Prozesse stattgefunden haben.