Jahrestagung 2019
7. und 8. März 2019
Performativität und Selbstreferentialität - Über die "Wahrheit" der Wirtschaftswissenschaft
Die Grundlage aller wissenschaftlichen Tätigkeit ist nach traditioneller Auffassung die Suche nach Wahrheit und näherhin die Suche nach wahrer Erkenntnis. Diese Auffassung impliziert einen Referenzpunkt, ein gegebenes „Etwas“ auf das hin die Erkenntnisbemühungen des Wissenschaftlers ausgerichtet sind. Im Idealfall der Naturwissenschaften wird dieses „Etwas“ als etwas schlechthin Gegebenes verstanden, also als etwas, das völlig unabhängig von unseren Erkenntnisbemühungen so ist, wie es ist: Eine Tatsache bleibt nach dieser Auffassung das, was und wie sie ist, völlig unabhängig davon, ob wir sie erkennen, und ob wir sie richtig erkennen. Unsere Erkenntnisbemühungen verändern also in diesem Falle voraussetzungemäß nicht dasjenige, worauf sie sich richten.
Im Falle der Sozialwissenschaften, die sich im weitesten Sinne mit dem beschäftigen, was Menschen intendiert oder unintendiert hervorbringen oder hervorgebracht haben, erscheint eine solche „naturalistische“ Auffassung einer sozialen „Tatsache“ problematisch. Wenn die Handlungen von Menschen in irgendeiner Weise intentionaler Steuerung zumindest grundsätzlich zugänglich sind, dann werden die Ideen und kognitiven Konzepte dieser Menschen langfristig auch ihre Handlungen und damit die intendierten oder unintendierten Ergebnisse und Nebenfolgen dieser Handlungen oder deren Interpretation beeinflussen.
Wenn also eine solche Einflussmöglichkeit besteht, dann ist auch nicht auszuschließen, dass wissenschaftliche Konzepte, die eine gewisse Popularität erlangen, langfristig die sozialen „Tatsachen“ – intendiert oder unintendiert – verändern.
Die Jahrestagung beschäftigt sich also erstens mit der Frage, wie insbesondere wirtschaftswissenschaftliche Theorien und Konzepte unter Umständen praxisrelevant in dem Sinne werden, dass sie die wirtschaftliche Praxis nicht nur (zutreffend) beschreiben und erklären, sondern darüber hinaus selbst prägen. Zweitens ist kritisch zu fragen, welche wissenschaftstheoretischen Folgerungen sich aus dieser möglichen Rückkopplung für die Kriterien wissenschaftlicher Validität ergeben: Soll das traditionelle, repräsentationale Wissenschaftsmodell (zutreffende Abbildung der Realität) ersetzt werden durch ein performatives Wissenschaftsmodell, demzufolge nur dasjenige „wahr“ sein kann, was von der Wissenschaft selbst in der sozialen Realität hergestellt wird („verum quia faciendum“)?
Insbesondere folgende Fragen können als Orientierungspunkte für Konferenzbeiträge dienen:
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