Menschen im Mittelpunkt der Forschung – seit den Anfängen der Geschichtsschreibung ist die Figur des Menschen ins Zentrum wissenschaftlichen Interesses gestellt worden. Dies ermöglicht, gesellschaftliche und politische Entwicklungen, kulturelle und ideologische Strömungen sowie Wirtschaftsprozesse anhand von individuellen und kollektiven Biografien zu verstehen. Dieser Prozess ist ableitbar durch die Einbettung des Menschen und damit seines Lebenslaufes in die Gesellschaft.
Lange galt die biografische Forschung als eine Art „Laienforschung“, doch sie konnte sich schrittweise professionalisieren und schließlich wissenschaftlich etablieren. Heute sind ihre vielzähligen methodischen Ansätze ein wesentlicher Bestandteil sozial- und geisteswissenschaftlicher Forschung. Wenn auch der Moment der Zufälligkeit noch immer für Kritik sorgen mag, so sind doch die Erkenntnisse, die aus der Biografieforschung gewonnen werden, für die Erklärung von historischen Prozessen nahezu unabdingbar geworden. Gerade für die nach Konsolidierung strebende historische Netzwerkforschung, deren Methodenansätze noch nicht klar definiert sind, ist die Biografieforschung eine wichtige Basis. Sie liefert die Fakten, die bei netzwerkanalytischen Ansätzen ansonsten oft vermisst werden.
Ziel der Tagung ist es, biografieanalytische Ansätze in Verbindung mit unterschiedlichen Wissenschaftsdisziplinen zur Diskussion zu stellen. Dabei soll der wechselseitig-dynamische Charakter des mitteleuropäischen Raums vom 19. bis zum 21. Jahrhundert im Zentrum der Betrachtung stehen, denn gerade der interdisziplinäre Rahmen der Biografieforschung scheint es zu ermöglichen, mikro- und makrosoziale Sachverhalte miteinander zu verbinden und so der Facettenfülle der mitteleuropäischen Gesellschaften anzunähern.
Die Veranstaltung wird ausgerichtet von Silke Antje KROPF, Beáta MÁRKUS und Martina MEDOLAGO, Doktorandinnen am Doktoratskolleg für Mitteleuropäische Geschichte an der Andrássy Universität Budapest.